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Oomph!: Richter und Henker

Stil: Neue Deutsche Härte

Cover: Oomph!: Richter und Henker

<img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/808cdbd228914083b6cea56f865a149b" width="1" height="1" alt=""> OOMPH! am Scheideweg? Konnte man im Zuge ihres Zerwürfnisses mit dem nun zu Gott bekehrten und aufgrund diverser gelinde gesagt fragwürdiger Statements seit der Pandemie öffentlich ins Schwurbler-Lager abgeschobenen Sänger Dero so sehen, aber strenggenommen sind solche Skandälchen doch Wasser auf die Promo-Mühlen, und dementsprechend heiß wird das erste Album des Projekts mit neuem Frontmann gekocht.

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Was ist dran an "Richter und Henker"? Die 14. Studioproduktion der Braunschweiger wirkt vor allem klanglich vielseitiger als Deros Schwanengesang "Ritual" (2019), doch musikalisch hat sich nicht viel getan. Die Songs sind Neue Deutsche Härte vom Typischsten, komplett mit zischenden, glucksenden und piependen (Dance-)Keyboards zu Stakkato-Riffs und entsprechend hölzernem Computer-Drumming, produktionstechnisch edel in Szene gesetzt und mit einer im Vergleich zum alten Shouter gar nicht so anderen Leadstimme versehen.

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Der Schulz arbeitet sich zu programmatischen Stampfern wie 'Soll das Liebe sein' (arg bemüht, die Gesangsmelodien) oder 'Sag jetzt einfach nichts' an für die Band obligatorischen Tropen ab - nicht allzu hintersinnige Gesellschafts-/Religionskritik und sebstreferenzielles Pathos an allen Ecken und Enden, doch die Texte wirken entschärft, vielleicht weil der jetzigen Besetzung schlicht die provokative Ader des ex-Sängers fehlt.

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Stattdessen gibt's Chor- und Orchester-Spielereien wie im Titeltrack zu vermelden, oder man inszeniert 'Wut' medienwirksam mit Gruft-Schlager-Altmeister Joachim Witt, ohne dass der kompositorische Gehalt das breitbeinige Theater (das balladenhafte Geschunkel 'Ein kleines bisschen Glück' möchte zum Schluss kein Ende finden) irgendwie rechtfertigen würde.

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Die Platte ist gerade auf der inhaltlichen Ebene immer noch besser als das Meiste aus dem NHD-Sumpf (weil zurückhaltender), auch wenn man die pathetische Bildersprache der Szene mittlerweile so was von über hat, doch die schablonenhafte Musik hat man so schnell wieder vergessen, wie es sich der frühere Frontmann von manchen seiner Social-Media-Postings in den letzten Jahren wünschen würde.

FAZIT: Zieht man den „die haben Rammstein beeinflusst“-Joker ab, der bei der Promo zu wirklich jedem neuen OOMPH!-Album gezückt wird, und ignoriert außerdem die zu einer Befreiung vom bösen Schwurbler verklärte Trennung der Band von ihrem alten Sänger, bleibt von „Richter und Henker“ genauso wenig Substanz übrig wie von den vorangegangenen Releases – oder vielleicht sogar weniger, denn ob man es wahrhaben möchte oder nicht, Dero war das Aushängeschild des Trios und hatte Charisma, das Daniel Schulz nahezu völlig abgeht. Den Fans, die das Ding in die Charts wuchten werden, dürfte es schnuppe sein.

Punkte: 6/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.08.2023

Tracklist

  1. 1 Wem die Stunde schlägt
  2. 2 Richter und Henker
  3. 3 Soll das Liebe sein?
  4. 4 Nur ein Mensch
  5. 5 Schrei nur Schrei
  6. 6 Nichts wird mehr gut
  7. 7 Sag Jetzt einfach nichts
  8. 8 Es ist nichts, wie es scheint
  9. 9 Wo die Angst gewinnt
  10. 10 All die Jahre
  11. 11 Wut
  12. 12 Ein kleines bisschen Glück

Besetzung

  • Gesang

    Der Schulz

  • Gitarre

    Flux, Crap

  • Keys

    Flux, Crap

Sonstiges

  • Label

    Napalm / Universal

  • Spieldauer

    57:08

  • Erscheinungsdatum

    08.09.2023

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