Dass die norwegischen Outdoor-Freunde Gylve und Ted bereits Mitte der Neunziger Jahre mit einigen Kumpanen eine mehrtägige Wandertour durch den Harz unternahmen, daran können sich wohl allenfalls noch die dortigen Hexen und Geister erinnern. Ein zur Wintersonnenwende 2021 unter dem Namen PAKKT veröffentlichtes Tondokument legt beredtes Zeugnis von der Unternehmung ab, auf welcher der offizielle Wanderweg ein ums andere Mal verlassen wurde, um sich auf eigenen Pfaden durchs Dickicht zu schlagen.
Tagsüber auf und abseits des Harzer Hexenstiegs die Waden trainieren, und abends und nachts die gesammelten Eindrücke auf einem Achtspurrekorder musikalisch festhalten – das war selbst für norwegische Black-Metal-Pioniere nicht ohne Reiz, denn das höchste norddeutsche Gebirge wartet zweifelsohne mit sehenswerten Szenarien rund um den aus Märchen, Sagen und derweil auch Krimis bekannten Brocken auf. Und da Fenriz in seinem Heimatland als Wanderfreund sogar schon im Fernsehen seine Expertise zum Besten gab, nutzte er anno dazumal die Gelegenheit, unerkannt von Osterode nach Iseng..., pardon, nach Thale stiefeln.
Die Anstrengungen des Tages klingen in den sechs Songs deutlich an, denn PAKKT verausgaben sich eher selten in hoher Geschwindigkeit, sondern setzen vielmehr auf die fundamentale Durchschlagskraft eines satten Punchs – man höre nur den Mittelteil von "Grasp The Crown Of Horns"! – und garstigen Grooves und Gesangs. Musikalische Schönmalerei ist nicht das Ding dieser Wandergruppe, bei der dem Hörensagen zufolge auch Attila und (der damals noch schwarzmetallisch bodenständige) Satyr mitmarschierten und gelegentlich -musizierten. "Circle Of The Nameless Souls" sollte ursprünglich unter dem Banner von Mayhem veröffentlicht werden, und warum das nicht so geschehen ist, wissen ebenfalls nur die Hagedisen und ähnlich unheimliche Wesen zu berichten.
Doch die werden hier nicht gefragt, zumal bereits genug böse Stimmen in der Nacht erklingen, die den grimmigen Krach um Abgründiges bereichern, der wie ein ferner Nachhall nicht zuletzt von Celtic Frost erklingt. Viel traditionaler kann Black Metal ergo kaum tönen, und so geht er auch geschmeidig ins Ohr, entsprechende Hörerfahrungen vorausgesetzt. Wer mit dem Genre nicht vertraut ist, mag sich hingegen wie Kommissar Erik Winter im Åke-Edwardson-Krimi "Das vertauschte Gesicht" fragen, was zur Hölle dort aus den Boxen dringt, und ob es sich bei diesem Krach um Hexenwerk handelt… ("Wherever The Witches Might Fly", das Demo der Schweden Abyssos, klingt im Vergleich nahezu erschreckend sauber.)
Wie bei Ván Records kaum anders zu erwarten, kann die ästhetische Gestaltung von "To Brocken Heights Where Witches Dance" auf wertigem mattem Karton als rundweg gediegen bezeichnet werden. Ob sie von einem Besuch der Hermann-Hendrich-Ausstellung in der Walpurgishalle auf dem Hexentanzplatz inspiriert wurde, ist zwar nicht überliefert, darf wohl jedoch vermutet werden. Wie dem auch sei, mit seinem thematischen Fokus sticht das Album auch auf dieser Ebene ein bisschen aus der Vielzahl der Veröffentlichungen heraus.
<iframe style="border: 0; width: 100%; height: 42px;" src="https://bandcamp.com/EmbeddedPlayer/album=1827531736/size=small/bgcol=ffffff/linkcol=0687f5/transparent=true/" seamless><a href="https://pakkt.bandcamp.com/album/to-brocken-heights-where-witches-dance">To Brocken Heights Where Witches Dance by Pakkt</a></iframe>
FAZIT: "To Brocken Heights Where Witches Dance" rumpelt völlig ungeniert durch finsteres Unterholz, über Moore hinweg die Bergflanken hinauf und setzt dem sagenumwobenen Titelgeber ein raues und packendes Denkmal. Zum Teufel noch eins mit der Wahrheit, True Norwegian Black Metal funktioniert also auch im Harz.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.01.2023
Ván Records
36:06
24.12.2021