Als "kriminell unterbewerteten Songschreiber" bezeichnet Paul Roland seinen Kompagnon Mick Crossley, der bislang als Gastmusiker des Psych-Pop-Pioniers (undundund…) in Erscheinung trat, jedoch für das hier vorliegende Psychedelic-Space-Rock-(undundund...)-Album auch als Komponist verantwortlich zeichnet. Seine Aufnahmen ließ Crossley lange liegen und laut Roland setzten sie bereits Staub an, von dem er sie unbedingt befreien wollte und daher eine erneute Zusammenarbeit anbot, wenn auch unter anderen Vorzeichen als bis dahin.
Dem Podcast-Magazin "The Strange Brew" erklärte Roland: "Es war ein spaßiges Nebenprojekt, mit dem ich Mick vor allem ermutigen wollte, all die unveröffentlichten Aufnahmen herauszuholen, die er gemacht, aber auf Eis gelegt hatte, weil er die Mühe der Veröffentlichung nicht auf sich nehmen wollte. Ich wusste, dass niemand sie jemals hören würde, wenn ich nicht anböte, sie zu 'beenden' und unter unserem gemeinsamen Namen zu veröffentlichen."
Gesagt, getan. Nun also liegt "Through The Spectral Gate" vor, und angesichts der Stilistik mag sich die Frage stellen, ob es sich um einen "Ausreißer" im Roland’schen Oeuvre handelt. Doch wo Paul Roland draufsteht, da ist Poesie drin, und zwar unabhängig davon, ob der Engländer seine Dichtung in kammermusikalischen Arrangements, Psych Pop oder eben wie hier im träumerischen bis mehr oder weniger treibenden Space Rock zur Entfaltung bringt. Aufdringlich oder gar stürmisch tönt selbiger nie, eher gemütlich, stets liebevoll arrangiert und mitunter auch leicht humorvoll.
Kann ein Album entspannter starten als mit dem mit Saxophon-Klängen unterlegten, sanft dahinwabernden Titelsong? Rolands unverwechselbare Stimme erklingt erst bei der folgenden Dark-Folk-Nummer "Come Into My Mind", die nahtlos in das psychedelische "The Flickering Light" übergeht, das stimmungsvoll und nicht weniger entspannt Richtung Schweden weist: Ähnlich träumerische Arrangements kennen wir auch von Bo Hansson oder Opeth, deren Mikael Åkerfeldt vom nächsten Song "Echo Forest (He Knows My Name)" sicher mehr als angetan wäre.
Entrückter und gleichzeitig hypnotischer klangen wohl auch die White Stripes nie als im zweiten Teil von "Silver Surfer", das Roland zuvor auf seine unvergleichliche Weise mit der naive dahin gesäuselten Frage „Who’s that man in the silver skin?“ eingeleitet hat – ein grandioser Spaß nicht nur für Hörer, die sich an (wahrscheinlich lange zurück liegende) Comic-Abenteuer erinnern. Dieser Song würde auf dem Freak Valley Festival wohl – zurückhaltend geschätzt – über 90 Prozent des Publikums in einen Glücksrausch versetzen.
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"Through The Spectral Gate" ist ein unaufgeregtes Album von Songschreibern, denen eines vor allem gar nicht liegt: Billige Effekthascherei. Stattdessen dringt ihre Liebe zur Musik aus mitunter leicht verschroben anmutenden Kompositionen, die dennoch stets eingängig klingen.
FAZIT: Wie gut hat Paul Roland daran getan, Mick Crossley zur Zusammenarbeit zu ermutigen! "Through The Spectral Gate" ist ein stilistisch kaum zu greifendes, dennoch zugängliches und vor allem wunderschön arrangiertes Album in der Peripherie von Space Rock und Psych Pop, das von der ihm eigenen Wunderlichkeit gewinnt, mit welcher Roland die phantastischen Songideen von Crossley verfeinert. Ein "spaßiges Nebenprojekt"? Vielleicht liegt der Spaß gerade in der hörbaren Ungezwungenheit begründet, die gelegentlich phantastische Höhepunkte erlaubt.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.05.2023
Mick Crossley
Paul Roland
Mick Crossley
Paul Roland
Mick Crossley
Paul Roland (Piano, Flute, Saxophone, Oboe, Synthesizer, Tambura, Tabla), Mick Crossley (Electronics, Percussion), Geoffrey Richardson (Viola)
Dark Companion
76:23
01.06.2022