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Reviews

Peter Gee: Pilgrim

Stil: Progressive Rock

Cover: Peter Gee: Pilgrim

Eins muss man PETER GEE, dem Bassisten der Neo/Retro-Progger PENDRAGON, unbedingt lassen: Religion und Neo- sowie Retro-Prog sind ihm eine absolute Herzenssache. Darüber spricht, singt, musiziert und konzipiert auch sein aktuelles Solo-Album „Pilgrim“ wieder Bände.

Grundlage seines „Pilgrim“-Albums ist ein verdammt alter Schinken aus dem Jahr 1687 des Autors John Bunyan, „The Pilgrim's Progress“, zu dem Gee bemerkt: „Dies war eines der Bücher, die meinen Vater Reverend Michael Gee in seinem Dienst als Vikar der Church of England über 30 Jahre lang am meisten beeinflusst haben.“ In Gedenken an seinen Vater entstand also dieses Album, das davon ausgeht, dass wir alle Reisende sind, die sich nicht vom Weg in Richtung Böses abbringen lassen. Also den Blick geschärft Richtung Himmel und fleißig voranmarschiert – und wir marschieren mit unseren Ohren und Augen bei einem Blick in das schön gestaltete 24-seitige Booklet mit. Eine Geschichte, die auf tiefem Gottvertrauen basiert, aber eben wirklich zum Glück nur als Geschichte erzählt wird, ohne sich predigend dem Hörer anzudienen. Dafür darf er alle Texte mitlesen, die mitunter wie ein dramatisches Bühnenstück gestaltet sind.
Allerdings hätte sich Gee gerne das abschließende Zitat am Ende des Booklets sparen können, in dem da steht, dass es Narren gibt, die behaupten, es gäbe keinen Gott.
Einer dieser 'Narren' jedenfalls, der diesbezüglich tatsächlich ernsthafte Zweifel hegt, ist der Verfasser dieser Review.

Aufregend und gefühlvoll wie diese Pilgerreise ist zugleich die Musik auf „Pilgrim“. Progressiv druckvoll mal, dann wieder akustisch und balladesk wie auf „Faithful“ und „Enchanted Ground“ oder im Falle von „Vanity Fair“ gar rhythmisch und poppig.
Und dann gibt’s da noch einen speziellen „Aha“-Effekt nach nur wenigen Minuten: „Huch“ denkt man da, haben wir uns etwa in ein LED ZEPPELIN-Album verirrt, schon kurz nach dem harmonischen „Pilgrim's Burden“-Start samt Vogelgezwitscher und fetten Keyboard-Flächen, wenn die „The City Of Destruction“ besucht wird.
Unerwartet – in welche Richtung da die Pilgerwanderung geht.
Unerwartet gut!

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Ein LED ZEPPELIN-Trick, auf den Gee bereits bei seinem <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2011/Peter-Gee/East-Of-Eden/" target="_blank" rel="nofollow">2011er-Album „East Of Eden“</a> geschickt zurückgriff und mit überraschenden 'Kashmir'-Parallelen überzeugt. Diese Luftschiff-Leidenschaft setzt er auch auf <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2018/Peter-Gee/The-Bible/" target="_blank" rel="nofollow">„The Bible“</a> fort und greift sie nun erneut auf.

Und auch ansonsten bewegt sich PETER GEE professionell zwischen den ganz großen Namen von PINK FLOYD („The River Of Death“) über MIKE OLDFIELD („The Wicket Game“) bis hin zu den DIRE STRAITS („The Interpreter's House“) oder GENESIS („Enchanted Ground“) und CAMEL sowie natürlich seiner Stamm-Band PENDRAGON. Eine unglaubliche Bereicherung seiner Musik ist hierbei besonders, dass er gleich mit STEVE THORNE und JIMMY FLANDERS sowie BECKY BRANNIGAN drei richtig gute Sänger durchgängig in das Konzept von „Pilgrim“ einbezieht.

So, mehr muss nicht sein – und nun darf neben dem Hörer gerne auch der liebe Gott entscheiden, wie das Album ankommt, das leider nach 68 Minuten Laufzeit ein recht liebloses Fade-Out verpasst bekommt, statt mit einem ganz großen Knall zu enden.
Die Wertung des gottlosen Kritikers kann man jedenfalls unterhalb dieser Review lesen…

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FAZIT: Der PENDRAGON-Bassist PETER GEE steigert sich solistisch von Album zu Album, auch wenn er sich bei der religiösen, konzeptionellen Thematik und seiner Retro-Neo-Progressiven Musik treu bleibt. Auf vorherigen Alben gab es immer zu weichgespülte Ausbrecher. Diese sind bei „Pilgrim“ nicht zu entdecken, dafür wird aber durch gleich drei Leadsänger, von denen der großartige STEVE THORNE erstmals mit dabei ist, auf hochgradigen vokalen Abwechslungsreichtum gesetzt. Ein Konzept, das so rundum aufgeht.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.03.2023

Tracklist

  1. Pilgrim's Burden
  2. The City Of Dstruction
  3. Slough Of Despond
  4. The Wicket Gate
  5. The Interpreter's House
  6. Pilgrim Lays Down His Burden At The Cross
  7. False Believers
  8. A Restful Arbour
  9. The House Beautiful
  10. The Destroyer
  11. Valley Of The Shadow Of Death
  12. Faithful
  13. Vanity Fair
  14. The Plain Of Ease
  15. Doubting Castle
  16. The Delectable Mountains
  17. Low Country Of Pride
  18. Enchanted Ground
  19. The River Of Death
  20. The Celestial City

Besetzung

  • Bass

    Peter Gee

  • Gesang

    Steve Thorne, Jimmy Flanders, Becky Brannigan

  • Gitarre

    Peter Gee

  • Keys

    Peter Gee

  • Schlagzeug

    Steve Christey, Peter Gee

  • Sonstiges

    Hayley Oliver (Harmoniegesang)

Sonstiges

  • Label

    White Knight/Just For Kicks

  • Spieldauer

    68:44

  • Erscheinungsdatum

    17.02.2023

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