Es ist das ruhigste, emotionalste, bewegendste und schönste Album von R.E.M.!!! Punkt! Aus!! Drei Ausrufezeichen hintendran!!! Und schon ist eigentlich alles über „Automatic For The People“ der amerikanischen Superstars, die eigentlich nie Superstars sein wollten, gesagt und geschrieben.
Eigentlich…
...aber zu diesem im Jahr 1992 (Oh Mann, das sind ja auch schon wieder 31 Jahre her!) erstmals erschienenen Album gibt’s doch viel mehr zu sagen und schreiben, gerade darum, weil es nun als eine 'Special Yellow Vinyl Edition' neu aufgelegt und zusätzlich von den analogen Original-Bändern ein beeindruckendes, herrliches Vinyl-Remaster erhielt, das einen nicht nur musikalisch, sondern auch produktionstechnisch mit dem Album-Opener „Drive“ sofort in seinen Bann zieht.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/-UE7tXDKIus?si=zwCJRne4qXvGS3Lp" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Es war 1992 bereits das achte R.E.M.-Album der Musiker, die, als sie der Welt mitteilten, dass sie ihren Glauben an die Religion („Losing My Religion“) verloren hatten bzw. 'aus der Haut fahren könnten', zu Weltruhm gelangten, sodass eigentlich kaum zu erwarten war, dass nach dem megaerfolgreichen „Out Of Time“ (1991) wirklich ein weiteres Album erscheinen könnte, das dessen Erfolg noch toppen würde.
Doch dann kam „Automatic For The People“ und brach – völlig zurecht – alle Rekorde, was wohl auch daran lag, dass das amerikanische Quartett ihre Absicht, dem recht poppigen „Out Of Time“ ein deutlich härter rockendes Album folgen zu lassen (Das sollte erst mit <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2019/REM/Monster-1994--25th-Anniversary-Expanded-Edition/" target="_blank" rel="nofollow">„Monster“</a> 'leider' im Jahr 1994 verwirklicht werden!), nach gemeinsamen Jam-Sessions über Bord warf und sich entschieden, ein deutlich melancholischeres Album mit noch mehr Folk- und stellenweise gar Country-Elementen einzuspielen.
Welch kluge Entscheidung, denn so wurden uns unglaubliche Balladen und Evergreens wie „Man On The Moon“, „Nightswimming“, „Everybody Hurts“ oder „Drive“ beschert.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/ahJ6Kh8klM4?si=SLXx3AoKPFxtPmME" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Und dann unterstützte sie bei den Aufnahmen auch noch ein weiteres Musik-Genie, dessen Legendenstatus während dieser Zeit längst jenseits von Gut und Böse in die Welt strahlte: Bassist und Multiinstrumentalis John Paul Jones von LED ZEPPELIN, dem sicher beim Hören der 'Automatic People'-R.E.M. immer wieder auch ihr „Stairway To Heaven“ durch den Kopf gegangen sein muss. Jedenfalls übernahm er umgehend die für „Automatic For The People“ sehr wichtigen, die Stimmung tragenden Streicher-Arrangements. Bestes Beispiel hierfür ist natürlich eine der bewegendsten (traurigen) Balladen aller Zeiten: „Everybody Hurts“, einen Song, der sich mit der Suizid-Problematik auseinandersetzt und daran appelliert, das Leben nicht so schwer und hoffnungslos zu empfinden, dass man als letzten Ausweg nur noch den Selbstmord sieht.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/k2hGmoWFzaA?si=TA7PEcpkdW8RqiDX" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Wie gut sich all die Melodramatik, aber auch die experimentelleren („New Orleans Instrumental No. 1“) oder blues-rockigeren („Ignoreland“) Songs gerade auf einer eigentlich schwarzen, in diesem Falle aber grell-gelben Vinyl-Scheibe, entfalten können, wird einem schon während der ersten Minuten von „Automatic For The People – Special Yellow Vinyl Edition“ bewusst, denn diese kommt mit einem sehr warmen, breit angelegten und schönen Stereo-Effekten versehenen sowie damit ideal zur Stimmung von „Automatic For The People“ passenden Sound daher und wird sicher jedem LP-Nostalgiker mit guter Anlage (so wie der hier begeistert hörende und schreibende Kritiker) eine riesige Freude bereiten. Selbst unter einem High-End-Kopfhörer (beyerdynamic T5) besticht diese Aufnahme.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/dLxpNiF0YKs?si=caIST7cW0IjAhofm" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Übrigens war der letzte Song des Albums (der in der Album-Version fast eine Minute länger als die ausgekoppelte Single-Version), der fertiggestellt wurde, tatsächlich einer der absoluten R.E.M.-All-Time-Favorites: „Man On The Moon“, bei dem beispielsweise der schon deutlich in die Jahre gekommen Kritiker immer wieder (Warum auch immer?!) an eine der bewegendsten Film-Szenen, die er bereits als Kind geliebt hat, denken muss, als in dem 1955 entstanden Film „Wenn der Vater mit dem Sohne“ Heinz Rühmann als Vater Oliver Grimm als Sohn das Wiegenlied „La-Le-Lu, nur der Mann im Mond schaut zu“ vorsingt, welches sich dann zum zentralen, am Ende sehr traurigen Thema des Films entwickelt.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/0SYJdNvN10E?si=QASMvsUqadTmiZnX" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn R.E.M. diese Szene nicht auch kennen, denn ihr Song trägt eine sehr ähnliche Atmosphäre in sich wie dieses 1950 von Heino Gaze komponierte und getextete Wiegenlied.
Logisch, dass „Man On The Moon“ auch als musikalische Grundlage für den gleichnamigen Film (1999) über das Leben des amerikanischen Komikers Andy Kaufman von Milos Forman diente.
Viel Potenzial, den allein ein einziger Song besitzt, der dann auch im Rahmen von 'Live 8' 2005 seine spezielle Live-Aufführung für einen guten Zweck fand.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/61rxgKAU_lI?si=mOqXNUV5K4gr4-pK" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Mit dem wiederum sehr ruhigen und zugleich größtenteil akustisch gehaltenem „Find The River“ endet „Automatic For The People – Special Yellow Vinyl Edition“ traurig hymnisch.
Der ideale Abschluss für ein Album, von dem man den Eindruck gewinnen muss, dass es von vorne bis hinten den Zweck verfolgt, die klangliche und kompositorische Perfektion auf den Punkt zu bringen und all das dabei zu bündeln, wozu R.E.M. im Lauten wie im Leisen bis dahin in der Lage waren.
Danach wurden zwar noch einige richtig gelungene Alben von R.E.M., wie beispielsweise <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2021/REM/New-Adventures-In-Hi-Fi--25th-Anniversary-Edition/" target="_blank" rel="nofollow">das ähnlich ausgerichtete „New Adventures In Hi-Fi“</a>, veröffentlicht, aber das hochgradige Niveau von „Automatic For The People“ konnte keines mehr erreichen.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/KIJGlTu5sEI?si=WqXJvkhjUta-hPG7" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
FAZIT: Man steht ganz bestimmt nicht alleine da, wenn man die Behauptung aufstellt, dass „Automatic For The People“ das beste Album des amerikanischen Kult-Dreiers R.E.M. ist und von seiner ruhigen und melancholischen Art diesem 'Rapid Eye Movement'-Bandnamen, der die Tiefschlaf-Phase, in welcher sich der Körper am intensivsten regeneriert, bezeichnet, tatsächlich am nächsten kommt. Dass nunmehr „Automatic For The People“ speziell für Vinyl gemastert und als „Special Yellow Vinyl Edition“ erscheint, sind einfach nur großartige Nachrichten für alle Liebhaber richtig guter Art-Pop-Musik und richtig guter Schallplatten. Und da sich R.E.M. im Jahr 2011 im gegenseitigen Einverständnis trennten, wird dieses Meisterwerk aus dem Jahr 1992 auch ihr grandiosestes Album bleiben, welches man nun im Jahr 2023 als soundtechnisch großartige „Automatic For The People – Special Yellow Vinyl Edition“ genießen darf.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.10.2023
Mike Mills, Peter Buck, Bill Berry
Michael Stipe
Peter Buck
Mike Mills, Bill Berry
Bill Berry
Peter Buck (Mandoline, Bouzouki), Mike Mills (Akkordeon, Harmoniegesang), Bill Berry (Mundharmonika, Perkussion, Harmoniegesang), Scott Litt (Mundharmonika, Clavinet), Streicher-Ensemble
Craft Recordings/Universal Music
48:25
13.10.2023