Au weia, nun ist es dank der britischen Heavy-Metallisten raus: 'Die Hölle bricht los!' und das einzige, was uns in etwa bis dahin noch übrig bleibt, ist die Möglichkeit, nicht mehr auf ein paar schönen Wellenbrechern zu surfen, sondern nur noch auf der gigantischen Tsunami-Welle.
Wie einfach man solche Apokalypse doch herbeimusizieren kann, beweisen uns RAVEN auf ihrer aktuellen Hardrock-Scheibe „All Hell's Breaking Loose“, auf der sie eben nicht nur ihre Instrumente, sondern auch ihre Surf-Bretter kreischend rausholen, um auf der Tsunami-Welle durch den Weltuntergang zu reiten.
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Sie sind noch immer – und wie gewohnt – verdammt wütend.
Und diese Wut muss natürlich raus: „All Hell's Breaking Loose“ lässt es daher von Anbeginn an krachen – mit massiv treibendem, schwindelig machendem Drumming, fetten Gitarren-Brettern sowie geilen solistischen Riffs, sich in Schreien überschlagenden schrillen Gesang und sogar einem so grellen LP-Cover, dass einem bei den mit Urzeit-Monstern gestalteten Motiven, durch welche die Musiker mit ihren Instrumenten mordend wildern, angst und bange werden kann.
Doch genau hier liegt RAVENs Absicht: Mit Hardrock und Metal Angst zu verbreiten, die sich beim Hören festsetzt, während vom Plattenspieler aus die Hölle losbricht: „All hell's breaking loose / Screaming headlong into doomsay, I'm outta control...“
Oder um es mit den Worten unseres ehemaligen Redakteurs Lothar auszudrücken, der vor acht Jahren zu <a href="http://musikreviews.de/reviews/2015/Raven/ExtermiNation/" target="_blank" rel="nofollow">„ExtermiNation“</a> schrieb: „Schnörkelloser Heavy Metal zwischen stampfender Schlichtheit und rasanter Dynamik.“ Genau das trifft auch auf RAVENs aktuelles 2023er-Studiowerk zu.
Allerdings werden jetzt einige Metal-Fans vielleicht etwas verwundert dreinschauen, da ihnen der Albumtitel irgendwie bekannt vorkommt. Damit liegen sie keineswegs falsch, denn vor drei Jahren veröffentlichten die deutschen Thrash-Metallisten DESTRUCTION ein Album unter gleichem Namen mit ähnlicher Absicht. Nur RAVEN klingen anno 2023 deutlich besser. Davon scheint wohl auch der 'Metal Hammer' überzeugt zu sein, der „All Hell's Breaking Loose“ gerade auf die Spitzenposition zum Album des Monats Juli 2023 erhob, womit in diesem Sinne ihr die aktuelle LP abschließender Song „Go For The Gold“ schon eine fast hellseherische Wirkung verleiht.
Die Gallagher-Brüder lassen auch auf diesem Album die Fetzen fliegen und rühren ein höllisches Musik-Gebräu an, das es tatsächlich schafft, mit all den Zutaten metallischer Meisterschaft genussvoll die Metalheads zu erreichen und sie headbangend gut 37 Minuten lang am Kochen zu halten. Eine Meisterleistung für die schon älteren Herren, die seit nunmehr einem knappen halben Jahrhundert ihr metallisches Unwesen treiben und denen es noch immer gelingt, die Szene ordentlich mit harter Musik und apokalyptischen Texten (die übrigens allesamt auf der bedruckten LP-Innenhülle nachzulesen sind) aufzumischen oder wenigstens bei der Stange zu halten. Genau bei der Stange eben, die nach LEMMYs Tod und MOTÖRHEADS Verstummen deutlich kürzer wurde. „All Hell's Breaking Loose“, das 15. Studio-Album der britischen Metallisten, deren Lebensmittelpunkt schon lange in New York liegt, setzt nicht nur einen Flansch, sondern schweißt ein langes Rohr dran. Metal lives eben doch forever, trotz so einiger erschütternder Todesbotschaften.
Wenn uns RAVEN allerdings in die Hölle schicken, dann dürfen wir sie zumindest aus musikalischer Sicht nur zu gerne begleiten, weil dort das Eisen geschmiedet wird, welches den Rock erst zu etwas richtig Hartem macht, während im Himmel eben nicht auf konstruktiven Krach und die Apokalypse, sondern mehr auf Harfen und beruhigende Klangwolken gesetzt wird.
Der Höllen-Kessel ist bereitet – und RAVEN beweisen sich im Falle von „All Hell's Breaking Loose“ tatsächlich als musikalische Meisterköche.
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FAZIT: Sie haben ihre „Metal City“ (2020) verlassen, um sich mitten in die Hölle zu begeben. RAVEN legen mit „All Hell's Breaking Loose“ ein knallhartes, mal wieder extrem apokalyptisches Metal-Album mit allen Zutaten, welche die richtig gute Szene-Mucke rund um das MOTÖRHEAD-Universum ausmachen, vor und überzeugen tatsächlich auch nach fast einem halben Jahrhundert mit Riffs, die einen mitreißen, einem dermaßen treibenden Drumming, dass man dem kaum noch mit rhythmischen Headbang-Bewegungen folgen kann und Gesang, der nicht auf dicke Eier, sondern durchaus auch mal Eunuchen-Höhen und wildes Schreien setzt. RAVEN sind und bleiben zwar die alten Hasen, welche allerdings noch immer wie die jungen, wilden Metal-Burschen klingen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.06.2023
John Gallagher
John Gallagher, Mark Gallagher
Mark Gallagher
Mike Heller
Silver Lining Music
37:25
30.06.2023