<b>„Der Aufnahmetag war wie im Flug vergangen. Wir haben den ganzen Tag und die ganze Nacht hart gearbeitet, und ehe wir uns versahen, war es vorbei. Wir waren tief drin. Die Musik kommt durch uns. Es ist ein tiefgreifender Prozess, wie eine Art Meditation, aber wir sind alle gemeinsam tief im Klang versunken. Je länger wir spielten, desto mehr Schätze kamen zum Vorschein.“</b> (Tim Motzer über die Aufnahmen zu „Bleed“)
Als sich im August 2019 die drei Musiker REUTER, MOTZER & GROHOWSKI das erste Mal in Brooklyn auf der Bühne des ShapeShifter Lab trafen, um gemeinsam zu musizieren, war es erst um sie und dann wohl auch das Publikum sofort geschehen. Die Chemie der drei, die da im besten Sinne ihren experimentellen, leidenschaftlich improvisierten Instrumental-Rock von Prog bis Jazz im Crimson-Style abfeuerten, schien tatsächlich etwas Magisches zu haben, zumindest für all diejenigen, die sich gerne auf wild improvisierte Experimente einlassen, welche sich im Umfeld von Jazz Rock und Fusion sowie KING CRIMSON bis COLLEGIUM MUSICUM oder FERMATA bewegen. Ja, es ist immer wieder gut, auch mal zum Vergleich etwas von den ganz großen Jazz- und Prog-Rock-Bands des Ostens zu erfahren.
Soundscapes treffen bei „Bleed“ auf herrliche Touch-Guitar-Momente der FRIPPschen Art und verlieren sich mitunter ein wenig in zu intensivem Improvisieren, ohne jedoch unausgegoren zu wirken. Immer wieder finden die drei an Gitarren, Schlagzeug sowie verschiedenen Retro-Keyboards (Mellotron, Hammond B3 Orgel, Rhodes usw.) zusammen, um sich mitunter mit ganz bombastischem Soundgebilden auf das Ende zuzubewegen.
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Tim Motzer selber beschreibt diese gemeinsam improvisierten Aufnahmen sehr anschaulich: „Im Mai 2022 arrangierte Leonardo (<i>Anm.: von MoonJune Records</i>) eine Aufnahmesession für uns im Catskill Village im wunderschönen Hudson Valley im Staat New York. Markus kam gerade von einer STICK MEN-Tour zurück, und ein paar Tage zuvor hatte ich für sie solo eröffnet. Kenny wiederum war gerade von einer Tour mit IMPERIAL TRIUMPHANT zurück. Wir waren alle aufgeladen und bereit, loszulegen.“
Sehr vielseitig wird die Musik auch dadurch, dass Motzer neben den E- auch akustische Gitarren und Bass spielt, während Reuter mit seiner Touch Guitar und den Loops für eine gehörige Portion FRIPP-Feeling sorgt. Besonders beeindruckend nachzuhören auf dem verträumten „Causatum“.
Damit den Aufnahmen noch ein ganz spezielles Prog-Feeling verpasst werden konnte, wählte das Trio mehrere Stücke der Aufnahmesession aus, um diese mit Rhodes, Mellotron und Hammond B3 zu orchestrieren, was besonders meisterhaft beim viertelstündigen „Monolith“ gelang, der so tatsächlich zu einem echten musikalischen Monolithen auf „Bleed“ wurde.
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FAZIT: Immer wenn man den Namen MARKUS REUTER vernimmt, dann denkt man als Insider an sein Touch-Gitarren-Spiel und damit automatisch auch an ROBERT FRIPP und KING CRIMSON. Genau diese Gedanken darf man teilweise bei REUTER MOTZER GOHOWSKI und ihrem vor instrumentalen Blut triefendem „Bleed“ gerne ausleben. Allerdings sollte man auf solche Art experimenteller Improvisationen stehen, ansonsten wird man bei so viel auch schrägen Tönen irgendwann bis auf's Blut genervt die Reißleine ziehen und vorzeitig die Stopp-Taste an seinem Player drücken.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.01.2023
Tim Motzer
Markus Reuter, Tim Motzer
Markus Reuter, Tim Motzer, Kenny Grohowski
Kenny Grohowski
MoonJune Records
73:39
04.11.2022