Auch auf „Altered States“ setzt der singende kanadische Multiinstrumentalist RICK MILLER auf all die melodischen Retro-Prog-Zutaten, die er bereits ausgiebig mit dem fast gleichen Gästemusiker-Kollektiv auf <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2020/Rick-Miller/Belief-In-The-Machine/" target="_blank" rel="nofollow">„Belief In The Machine“</a> anwandte und wozu Kollege König sein Review-Zepter schwang, indem er feststellte, dass wir es hier mit einem „herzerwärmenden Werk voller getragenen, watteweich inszenierten Artrocks“ zu tun haben, der einlädt, „sich einfach fallen zu lassen und hoffnungsloser Romantiker zu sein“.
Königliche Worte, die einem auch bei „Altered States“ sofort wieder in den Sinn kommen. Sogar ein paar indianisch anmutende Klänge gleich nach dem titelgebenden Album-Opener lassen uns samt Grillenzirpen und Wolfsgeheul tief eintauchen in die urbane Miller-Musik-Welt, in der auch Flöte, Cello und Violine eine wichtige Rolle spielen, so als müssten sie dem elektronischen Instrumentarium eine ganz besondere akustische Note verleihen. Und immer wieder schwingt ein thematischer Unterton auf „Altered States“ mit, der die Botschaft verbreitet, dass wir im Grunde wieder in die Zeit zurückkehren sollten, als noch Ureinwohner in tiefer Verbundenheit mit der Natur gemeinsam und nicht auf Kosten des Anderen ihr Leben gestalteten.
Miller sucht konzeptionell auf „Altered States“ nach einer neuen Welt und Zeit, die weit zurück geht in die Vergangenheit, in der man jenseits jeglicher Moderne inmitten der traumhaften Natur, die natürlich auch jede Menge Gefahren für einen bereithielt, einen Traum träumte, in dem man selber zu einem Teil der Natur wurde – so wie in dem „Altered States“ abschließenden, an das POE und ALAN PARSONS erinnernden Werk „A Dream Within A Dream“: „I want to be the gentle breeze, the raging sea, the tallest tree.“
Bei RICK MILLER trifft unüberhörbar ALAN PARSONS PROJECT auf floydianisch-verrückte Diamanten, die mit dem CAMEL erhaben durch die Musiklandschaft zu MIKE BATTs „Lady Of The Dawn“ reiten, während uns auf dieser Reise E. A. POEs Rabe unablässig gemeinsam mit den Indian Spirits begleitet. Ein Traum von Prog für progressive Träumer. Retro und altbekannt – und gerade darum auch von seiner Wirkung her so schön, dass man sich nur zu gerne tief in die „Altered States“ fallen lässt.
Ein RICK MILLER hätte auch nach diesem Album – ähnlich wie bei seinen vorherigen – das zudem großartig produziert ist, viel, viel mehr Aufmerksamkeit bei all denjenigen verdient, denen ruhiger Prog mit der einen oder anderen melodramatischen Note am Herzen liegt und Herr Retro und Frau Neo eng umschlungen ihren leidenschaftlichen Tanz mit einem Hauch Erotik schon seit Jahr(zehnt)en tanzen – und sich dabei immer näher kommen anstatt sich wie so viele moderne Zeitgenossen immer mehr voneinander zu entfremden: „An angel came to me one day to help me see a better way. / I told her that I'd seen the signs and I'd paid back my borrow time. / Yes I'd pay back my borrowed time.“
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FAZIT: Als Kollege König in <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2022/Rick-Miller/Old-Souls/" target="_blank" rel="nofollow">seiner dritten Review zu einem Album von RICK MILLER</a> schrieb, dass er dafür auch die 'Copy & Paste'-Taste betätigen könne, darf man eine ähnliche Feststellung auch für „Altered States“ treffen. Doch das gilt im Grunde für alle, die sich gerne den ruhigeren floydianischen Klangwelten und melodiösen Ideen eines ALAN PARSONS PROJECT sowie dem oft neoprogressiv-verträumten Schwebezustand von CAMEL öffnen, als absolut positive Botschaft. Und auch das Konzept, in dem sich Miller von der Moderne ab- und ganz der Natürlichkeit vergangener Tage zuwendet, die sich paradiesisch anhören, obwohl dahinter schon wieder jede Menge Gefahren lauern, welche sich zugleich bei genauerer Betrachtung selbst hinter dem sehr schönen „Altered States“-Cover verstecken, überzeugen garantierten alle Proggies, die statt wilder Frickelei viel lieber zu 'ihrer' Musik ein wenig von längst vergangenen Zeiten und Welten träumen wollen. Und in der Ferne heulen dazu die Wölfe...
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.03.2023
Rick Miller
Rick Miller
Barry Haggarty
Rick Miller
Will
Giulia Cacciavillani, Sarah Young (Flöten), Mateusz Swoboda (Cello), Kane Miller (Violine)
Progressive Promotion Records
51:34
24.02.2023