Die Dänen von RIVERHEAD zelebrieren auf „Cancer“ emotionale Krisenbewältigung, sitzen soundmäßig zwischen diversen Rock-Stühlen, haben ihre Wurzeln aber unverkennbar im Hardcore. Die Attitüde der Musik ist rau und kämpferisch. Kein Wunder, schließlich geht’s ums sprichwörtliche Überleben, den Kampf gegen Krankheiten und andere Widerstände, die der persönlichen Entwicklung im Weg stehen.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/xX4ZGeYNuZ8" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Musikalisch strotz das Album vor Energie, hält aber auch in den druckvollsten Momenten eine gewisse Verletzlichkeit bereit, die den Therapiecharakter der Musik unterstreicht.
Dabei geht „TIME“ zunächst draufgängerisch in die Vollen und auch „Broken Boy“ wird trotzig in die Welt hinausgeschrien. In „Love Cuts“ kommt dann eine fast traurige Note zum Vorschein, die aber erst in „Numb To The World“ voll ausgespielt wird und in eine introvertierte Selbsttherapie mündet, die immer wieder nah am Nervenzusammenbruch entlangschrammt.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/KGpDwyKK05g" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
„The Rusty Sound of Love that dies“ liegt gemäß seinem Titel durchaus schwer im Magen, versprüht aber auch einen gewissen Trotz, der der sterbenden Liebe mit einer lebensbejahenden Attitüde entgegensteht.
Da kommt die Akustiknummer „0806“ anfangs etwas unerwartet daher, aber gerade diese Zerbrechlichkeit lässt den Schmerz, der in diesem Album steckt, noch einmal deutlicher und ehrlicher wirken. Außerdem ist der Song eine willkommene Ruhepause, während der die Energie keinesfalls abreißt.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/i1MCsRt9CZw" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Das akustische Zwischenspiel „Erupt“ leitet schließlich das finale „Karma“ ein. Und es wirkt so, als ob RIVERHEAD hier nochmal eine Schippe Nihilismus draufpacken. Gleichzeitig wirkt der Song, obwohl klanglich durchaus schwer, auch ein bisschen wie eine vertonte Akzeptanz. Die Akzeptanz des eigenen Zustandes, der sich irgendwo zwischen Melancholie, dem Aufbringen letzter Kraftreserven und Resignation ansiedelt.
Noch ist es also nicht an der Zeit aufzugeben.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/CD5rK-J3pWY" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
FAZIT: Auch wenn sich RIVERHEAD kaum in eine Genre-Schublade pressen lassen, ist „Cancer“ in erster Linie ein zutiefst persönliches Album, das einer emotionalen Achterbahnfahrt gleichkommt. Vordergründig wirkt die Musik rau und energisch, aber auf den zweiten Blick offenbart sie eine Verletzlichkeit, die sich ihre Akzeptanz aber sprichwörtlich erkämpfen muss. Damit ist dieses Album nicht nur thematisch, sondern auch auf musikalischer Ebene ein Grenzgänger, der ähnlich wie eine Therapie wirkt.
<center><iframe style="border: 0; width: 350px; height: 470px;" src="https://bandcamp.com/EmbeddedPlayer/album=2152871220/size=large/bgcol=ffffff/linkcol=0687f5/tracklist=false/transparent=true/" seamless><a href="https://riverhead.bandcamp.com/album/cancer-2">CANCER by RIVERHEAD</a></iframe></center>
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.08.2023
Mixen Lindberg
Jacob Bredahl
Martin Medom Olsen
Mads Folmer Richter
Sounds of Subterrania
29:22
28.04.2023