Der Titel „Oscillating Forest“ ist gut gewählt, denn wie auch der beschriebene Wald in seinem eigenen Rhythmus schwingt, so lebt dieses Album von einer ganz eigenen Schwingung. Wenn das Cover als Maßstab zur Musik herhalten soll, dann passt die graubraune Collage insofern gut, als dass die Musik von TANGLED THOUGHTS OF LEAVING vor allem von einer unterschwelligen Vibration und an- und abtauchenden Klängen lebt, die dem Gewusel, das im und auf dem Erdreich eines Waldes stattfindet doch recht nahe kommen.
An einigen Stellen klingt die Musik eher nach instrumentalem Crescendo, das sich in chaotischem Rauschen verliert, aber innerhalb der Zeitspanne von über elf Minuten, wie sie der längste Song erreicht, lässt es sich doch mit allerlei Stimmungen und instrumentalen Irrungen spielen.
Da verwundert es wenig, dass die Songs mit allerlei Motiven zwischen progressiver Leichtigkeit, sanften Klavierpassagen und druckvollen Riffs aufwarten, schließlich ist auch das Leben in einem Wald alles andere als gleichförmig. Hier wuselt Kleintier durch das lockere Erdreich, an anderer Stelle stapfen sanfte Riesen, wie Hirsche und dergleichen, über grüne Lichtungen und in den Gipfeln der Bäume singen die Vögel ihr Lied vom Leben und Sterben ihrer Umgebung.
Dieser thematische Leitfaden führt zu einer variantenreichen Klangreise zwischen rauschenden Synthesizern, hin und wieder progressiv-jazzigen Grooves und sanften Zwischenspielen von Piano und Glockenspielen, die wie leises Vogelzwitschern auftauchen und im nächsten Moment weiterziehen, wie loses Blattwerk im Wind.
Zwischendurch bricht sich aber auch heilloses Chaos Bahn (u.a.„Lamprey Strings“) und repräsentiert die unnachgiebige und unvorhersehbare Seite der Natur. Denn hier ist nichts stetig, der Ist-Zustand kann sich vom einen auf den anderen Moment verändern und von einer Idylle in beklemmende Hatz umschlagen. Dass diese wechselhaften Zustände in mitunter seltsame Strukturen zwischen klanglicher Schönheit und beklemmendem Rauschen verpackt werden, ist zwar nicht immer angenehm, aber es passt doch gut zum Konzept der Platte.
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FAZIT: TANGLED THOUGHTS OF LEAVING verlangen dem Hörer einiges an Geduld und Ausdauer ab, aber dass „Oscillating Forest“ kein easy listening ist, sollte angesichts der Genreverortung eh klar sein. Ist der Einstieg gelungen, dann erschafft dieses Album eine interessante und unvorhersehbare Klangreise, die einer Vertonung des natürlichen Kreislaufs eines Ökosystems doch recht nahe kommt. Zumindest aus der romantischen Sichtweise eines Menschen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.08.2023
Luke Pollard
Paul Briggs
Ron Polland
Gracie Smith
Paul Briggs (Flöte)
Bird’s Robe Records/Dunk! Records
61:35
04.08.2023