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Reviews

Teramaze: Dalla Volta

Stil: Progressive Rock und Metal, Pop, Schmalz

Cover: Teramaze: Dalla Volta

Was ist denn mit TERAMAZE los?
Neuerdings sind sie wohl zu den „Easy Lover“ aufgestiegen, die ein PHIL COLLINS & PHILIP BAILEY ja bereits so leidenschaftlich pop-affin mit Mega-Charts-Erfolg besangen.
Nun also auch TERAMAZE, deren Bonustitel auf „Dalla Volta“ besagter „Easy Lover“ ist, auch wenn dieses Album der australischen Prog-Metaller es wohl so einigen ihrer Anhänger recht schwer machen wird, es tatsächlich zu mögen, mit all seinen Akustik-, Piano- und Demo-Versionen neben den vier gelungenen neuen Songs.

Dabei beginnt das Album in altbewährter hartrockender und metallischer TERAMAZE-Manier mit „Navigate In Solitude“. Sogar growlender Gesang fehlt nicht und es wird einerseits ordentlich auf's metallische Gaspedal gedrückt, aber auch auf melodische Harmonie und sogar klassische Streicher-Elemente geachtet.

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So könnte es gerne weitergehen – geht es aber nicht.
Immer wieder lässt anfangs DREAM THEATER grüßen. Erwartungen, die man gerne mit den Australiern und ihren progmetallisch-symphonisch-harmonischen Klangwelten in Verbindung bringt und die sie bei diesem Song sowie den drei weiteren neuen voll und ganz bestätigen.

Allerdings geht es – wie bereits festgestellt – so eben nicht weiter.
Denn warum auch immer, TERAMAZE haben wohl derzeit einen musikalischen Flow im Umgang mit ihrer Musik erkannt und hauen dieses Album einfach (viel zu) schnell heraus, indem sie zur guten Hälfte alt(bekannt)e Songs von sich als neue Versionen anbieten, die nur ganz selten die Qualität der Ursprungsversionen erreichen können, sodass ausschließlich die vier neuen Stücke „Dalla Volta“ interessant machen.

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Ansonsten erweckt das Album den Eindruck, das Prog-Metal-Quintett macht einen auf dicke Hose, indem es aus ihren vorherigen Alben einfach (unter welchem Gesichtspunkt auch immer) in Ermangelung kurzfristiger neuer musikalischer Ideen jeweils ein paar Songs auswählt und diese nach den neuen Songs, die in ihrer Gesamtheit höchstens als EP durchgehen würden, einfach als ehrlich gesagt überflüssiges Musik-Schwänzchen dranhängt, um am Ende einen über einstündigen Longplayer zu präsentieren, der allen Fans, der neuen Stücke wegen, natürlich zwanghaft „Dalla Volta“ ans Herz legt.
Dazu gibt es im Booklet noch die Texte der vier neuen Songs zum Nachlesen, die sich einerseits um die Chaos-Theorie und andererseits um das Glashaus, in dem man seit seiner Kindheit gefangen ist, gehen.

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Klang also <a href="http://musikreviews.de/reviews/2023/Teramaze/Flight-Of-The-Wounded/" target="_blank" rel="nofollow">das letzte 'richtige' TERAMAZE-Album „Flight Of The Wounded“</a> noch 'wie aus einem Guss', was Kollege König besonders positiv erwähnte, so ist „Dalla Volta“ nur Stückwerk geworden.

Die beiden Piano-Stücke, auch noch mit synthetischen Streichern und Sprechcollagen angereichert, sind dann der pure Schmalz, welcher schon in pathetische Peinlichkeit abrutscht – so fein und voller Herzschmerz das der gute wiedergefundene Vokal-Sohn Nathan Peachey (Wo ist denn Dean Wells geblieben?) auch stimmband-triefend mit weinerlicher Stimme singt.

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Bei den vier 2017er-Demo-Versionen kracht es wieder mehr.
Aber unverkennbar sind das eben Demos – und damit nur die Vorlagen für die deutlich besseren Originale, die auf <a href="http://musikreviews.de/reviews/2019/Teramaze/Are-We-Soldiers/" target="_blank" rel="nofollow">dem 2019er-Album „Are We Soldiers“</a> zu finden sind.

Am Ende des Albums dürfen dann alle, die sich gerne auch der ehemaligen Disco-Fraktion zurechnen lassen und GENESIS wegen PHIL COLLINS Pop-Affinität mit so einiger Ablehnung überhäuften, warm anziehen und sich ihr Glitzer-Hemdchen wieder aus dem Schrank holen, wenn's nicht schon längst im Altcontainer gelandet sein sollte.
TERAMAZE goes Pop – und zwar unerbittlich: „Easy Lover“ erwartet man zwar von vielen, besonders dann wenn beispielsweise ein gewisser Herr Bohlen im deutschen Auftrag nach den Superstars, die allesamt musikalische Sternschnuppen sind, sucht.
Aber TERAMAZE?!
Och nö!
So bestätigt die abschließende Cover-Version (trotz kurzem, ambitioniertem E-Gitarren-Solo) auf „Della Volta“ genau das, was einem beim Hören der guten Musikstunde immer wieder bitter aufstößt: Ein peinliches Gefühl, das man nur zu gerne runterschlucken möchte, aber doch immer wieder zu einem gewissen Brechreiz führt.

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FAZIT: Ein Album, das sich in dieser Form TERAMAZE locker hätten sparen können und das im Grunde nur von den vier neuen, wirklich gelungenen und typischen Stücken der australischen Prog-Metal-Band, welche wieder mit ihrem alten Sänger Peachey an den Start geht, lebt. Die Beigaben, zwei schmalzige Piano-Versionen, vier Demos aus dem Jahr 2017 und die Pop-Song-Cover-Version von „Easy Lover“ verunsichern eher als dass sie neugierig machen oder gar zu Begeisterungsstürmen anregen können. „Dalla Volta“ ist kein Appetithappen, sondern eine Zwischendurch-Speise geworden, die vor einen auf den Tisch steht, obwohl man überhaupt keinen Hunger mehr hat.

Punkte: 6/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.07.2023

Tracklist

  1. Navigate In Solitude
  2. Chaos In The Way
  3. These Crystall Walls
  4. Shadows II (Re-Imagined)
  5. The Heist
  6. Waves (Piano Version)
  7. Broken (Piano Version)
  8. Weight Of Humanity (2017 Demo Version)
  9. From Saviour To Assassin (2017 Demo Version)
  10. Fight Or Flight (2017 Demo Version)
  11. Are We Soldiers (2017 Demo Version)
  12. Easy Lover (Bonus Track)

Besetzung

  • Bass

    Andrew Cameron

  • Gesang

    Nathan Peachey, Dean Wells, Eric Wight

  • Gitarre

    Chris Zoupa, Dean Wells

  • Keys

    Dean Wells, Dave Holley

  • Schlagzeug

    Nick Ross, Antonio Paulo

Sonstiges

  • Label

    Wells Music/Just For Kicks

  • Spieldauer

    67:26

  • Erscheinungsdatum

    26.05.2023

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