Wenn einen schon der Titel eines Albums traurig macht, der 'Alles beginnt mit der Einsamkeit' lautet, dann wird wohl auch die Musik dahinter eine ähnlich melancholische Stimmung verbreiten.
Zumindest ist das der erste Eindruck, der einen befällt, wenn man das Album „It All Began With Loneliness“ der international (im Internet) aufgestellten Prog-Rock-Band THE ANCHORET, die gerne auch auf deutlich härtere Töne setzt und von der ihr Keyboarder, der TANGENT-Kopf Andy Tillison, der namhafteste ist, in den Händen hält und das futuristische Cover-Bild mit dem Kosmonauten, der Helm und Handschuhe von sich geworfen hat, um durch eine Tür inmitten des Universums zu fliehen, betrachtet.
Ein Bild, das auch darauf anspielt, dass dieses Album häufig das Mond-Thema aufgreift und dabei natürlich besonders die dunkle Seite dahinter beleuchtet, selbst wenn hier nur ansatzweise ein wenig PINK FLOYD durchklingt.
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Progressiver Metal paart sich bei THE ANCHORET recht überraschend mit häufigen Saxophon-, Klarinetten- oder Flöten-Passagen, die oftmals melancholischere Momente einleiten und dem bunten progressiven Wechselspiel jede Menge Spielräume öffnen, auch wenn als unverkennbare Vorbilder DREAM THEATER oder SYMPHONY X dienen.
Geistig-musikalischer Urvater der Band – oder doch besser des Projekts – ist Bassist Eduard Levitsky, der sich für alle Kompositionen sowie die ziemlich fette, aber doch etwas zu verwaschene Produktion und die Zusammenstellung der Musiker des Albums verantwortlich zeichnet, aber auch Sänger sowie Schrei(b)er Sylvain Auclair (HEAVEN'S CRY und KARCIUS), der für das düstere Textkonzept hinter „It All Began With Loneliness“ die Verantwortung trägt.
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Und wie so oft liegt die Krux hinter diesem Prog-Metal-Album im Detail, das sich mitunter in riffgeladenem Gebretter erschöpft, um zwar ausgiebig der metallischen Seite zu huldigen, wobei bei einigen zu breit ausgewalzten Riff-Gewittern die progressive Seite auf der Strecke bleibt.
Ein wenig merkt man dem Album an, dass es – von Levitsky im Alleingang zu Zeiten der Pandemie komponiert und im Anschluss daran über's Internet mit Musikern besetzt – kein echtes Bandprojekt, sondern ein im Internet entstandenes Prog-Metal-Spektakel geworden ist. Die Härte dominiert, während die Texte mehr die finsteren Seiten des menschlichen Daseins beleuchten, weswegen Musik und Text stimmungsmäßig nicht immer wirklich zueinander passen. Auch das immer wieder Gott als Retter und Beschützer, angefangen von „A Dead Man“ bis hin zur Erleuchtung bei „Unafraid“, angerufen wird, ist vielleicht tröstend, aber wirklich auch eine Lösung?
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Demgegenüber scheint aber Tillison, der ja für seine komplexen und musikalisch immer spannenden TANGENT-Stücke regelrecht berühmt ist, doch so einigen Eindruck an den Keyboards und Synthesizern zu hinterlassen und stimmungsmäßig immer wieder unterschiedliche Klangfarben zu verbreiten, wenn im großartigen letzten Stück „Stay“ sogar noch die Gitarre nicht rifft, sondern sich in die höchsten Höhen 'singt', wie man es von dem Floydianer Gilmour kennt, dann bleibt als letzter Eindruck genau der Wunsch hängen, dass dieses Album doch mehr von diesen wechselhaften Prog-Momenten als dem knallharten Metal-Gebretter hätte entfalten sollen. In diesem Falle wäre es großartig geworden – so ist es zwar gut, aber wirklich Bleibendes schaffen dann doch andere Musik-Größen, die eben auch als geschlossene, eingespielte Band und nicht nur ein Internet-Projekt miteinander musizieren.
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FAZIT: Progressive Metal, entstanden unter Federführung des Bassisten Eduard Levitsky während der Pandemie und anschließend mit im Internet ausgewählten Musikern, die sich noch nie im Bandgefüge zusammenfanden, als komplexes Werk unter dem 'Bandnamen' THE ANCHORET und dem bedrückenden Titel „It All Began With Loneliness“ veröffentlicht. Interessant ist, dass neben den vielen, das Album deutlich überwiegenden metallischen Momenten immer wieder auch Blasinstrumente (Saxophon, Klarinette, Flöte) auftauchen, die dem Album die eine oder andere spannende Prog-Wendung verleihen, so finster sich auch das textliche Konzept um Isolation und Verluste und die bedrückenden Gefühle, die uns wohl irgendwie alle während der Pandemie quälten, dabei entfaltet.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.10.2023
Eduard Levitsky
Sylvain Auclair, Nimiwari
Leo Estalles, David Gagné, Daniel Eliseev
Andy Tillison, Thomas Knoles, David Gagné
James Christopher Knoerl
Juan Ignacio Varela Espinoza (Saxophon), Carina Bruwer, Paulo Oliveira (Flöten), Artem Koryapin (Klarinette), Reinaldo Ocando (Percussion)
Willow Tip/Just For Kicks
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29.09.2023