<b>„Der Album-Titel reflektiert die chaotischen Lockdown-Zeiten, in denen die Touren gecancelt wurden, das Business auseinanderbrach und alles nur noch im puren Chaos versandete. Das einzig Bunte, was man besaß, war die Musik, die vielen Menschen durch diese schwierigen Zeiten geholfen hat“.</b> (Mike Box)
Wenn die alten Herren es den jungen Hüpfern zeigen wollen, dann muss ein Album genau wie dieses von URIAH HEEP klingen, das modern produziert und grandios eingespielt, dermaßen den Geist der 70er-Jahre verbreitet, dass es einen erst glattweg mitreißt und dann umhaut und ein so zeitkritischer, balladesker Longtrack wie „One Nation, One Sun“ die besten „July Morning“-Gefühle weckt.
Noch dazu ist es eigentlich für jeden Retro-Freigeist oberste Musikhörer-Pflicht, sich dieses Album – so wie sicher auch die Kult-Vorgänger der Anfangszeiten – als Vinyl anzueignen. Denn URIAH HEEP muss von diesen großen schwarzen Scheiben gehört werden, um rundum dieses Gefühl an alte Zeiten zu wecken. Denn nicht nur die LP „Chaos & Colour“ tut dies, wenn man sie auf seinen Plattenteller legt, sondern auch die Musik, welche dann darauf erklingt.
Doch leider gibt es einen ernsthaften Haken zwischen „Chaos & Colour – Vinyl-Ausgabe“ und der <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2023/Uriah-Heep/Chaos--Colour/" target="_blank" rel="nofollow">„Chaos & Colour – CD-Ausgabe“</a>, der aus Kapazitätsgründen für den Silberling spricht, denn der enthält zwei richtig gute Songs im 70er-Jahre-UH-Stil zusätzlich.
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MICK BOX bezeichnet sich selber als 'The Last Man Standing', also der letzte Überlebende aus der Ur-Besetzung von URIAH HEEP. Doch plötzlich klingen URIAH HEEP gerade auf ihrem aktuellen Album genau so, wie sie damals, als alle noch an Bord waren, klangen. Und das ist eine hervorragende Nachricht, denn ihr Fans sind wohl größtenteils eben auch die alten, von denen sicher ebenfalls wie der Großteil der ersten Bandbesetzung schon 'ausgestorben' sind, während die anderen ihre Hoffnungen an die alten Zeiten wach halten. Genau an die Zeiten, die „Chaos & Colour“ jetzt wieder aufleben lassen, wobei auch der Sänger mit seiner extrem flexiblen Stimme einen riesigen Anteil hat.
Nur Vorsicht! Wenn das Album mit dem radiotauglichen, trotzdem recht harten Melodic-Rock-Song, samt kurzem Orgel- und Gitarren-Solo, „Save Me Tonight“ durchstartet, kommt bei einigen, die auf den progressiven Geist der Heep-Anfangstage hoffen, erst einmal Enttäuschung auf. Doch die hält nicht lange an, denn mit einem Schlag scheint die Band wie eine Zauberformel den Prog-Spirit der Ur(iah Heep)-Zeit, als noch <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2022/Uriah-Heep/Very-Eavy-Very-Umble-Picture-Disc/" target="_blank" rel="nofollow">von Spinnweben überzogene Gesichter</a> und Panzer die LP-Cover zierten, heraufzubeschwören.
Jedenfalls kommt auch auf dem Vinyl ein echter „Hurricane“ (selbst wenn der eine zusätzlich mehr als deutliche DEEP PURPLE-Schlagseite präsentiert) auf, der die alten Siebziger der Band wieder lebendig werden lässt und alle alten Fans definitiv umblasen wird. Schade, dass alle Mitglieder der Anfangsjahre außer MIKE BOX zwecks vorzeitigen Ablebens diese Referenz an ihre Anfangsjahre nicht mehr miterleben dürfen.
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FAZIT: Noch nie klangen URIAH HEEP so sehr nach ihren frühen 70er-Jahren wie auf „Chaos & Colour“! Muss man noch mehr dazu schreiben? Nö! Außer dass auf der Vinyl-Variante des heepschen 'Pandemie'-Albums aus Kapazitätsgründen zwei richtig gute Tracks fehlen. So kommt man aus retro-vinyl-philosophischer Sicht auch an dem Silberling im Grunde nicht vorbei. Sei's drum – eins der besten Alben aus über einem halben Jahrhundert Band-Geschichte ist das Chaos hinter den Farben allemal geworden, wofür in erster Linie die gelungenen Longtracks und der absolut überzeugende Gesang von Bernie Shaw sorgen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.01.2023
Dave Rimmer
Bernie Shaw, Mick Box, Phil Lanzon, Dave Rimmer
Mick Box
Phil Lanzon
Russell Gilbrook
Silver Lining/Warner
49:52
27.01.2023