Black Metal in urwüchsiger Tradition, aber doch mit atmosphärischem und textlichem Tiefgang. Das ist das Patentrezept vieler Genre-Akteure und auch VARGSHEIM arbeiten sich auf „In the Tower of the Ivory“ an dieser Mixtur ab.
Dabei bewegen sich die Musiker durchaus auf bekannten Pfaden, ohne aber in die immer gleichen Fußspuren mancher Kollegen zu treten. Soll heißen: VARGSHEIM scheren hier und da in etwas experimentellere Gefilde aus, die sich aber eher im Detail wiederfinden.
Seien es nun die eine oder andere Melodieabfolge, die aufhorchen lässt, oder die relativ komplexen Arrangements der Songs insgesamt: „In the Tower of the Ivory“ braucht einige Zeit, um zu zünden und will eher aktiv erfasst werden.
Die Mischung aus deutschen und englischen Texten ist per se nicht ungewöhnlich und passt auch hier sehr gut, allerdings fällt mit der Zeit doch auf, dass gerade die deutsche Sprache VARGSHEIM sehr gut zu Gesicht steht. Besonders „Reliquien“ transportiert eine unterschwellige Sehnsucht, die mit der Zeit einen düster-rockigen Zwischenton verpasst bekommt, der sich hervorragend mit dem Geschrei ergänzt.
Hin und wieder schleicht sich auch ein leichter Pagan-Metal-Touch in die Songs ein, was u.a. den Gitarren in „Suffocated Hope“ einen tendenziell heroischen Anstrich beschert. Allerdings kristallisieren sich auf Dauer eher die langsamen und schweren Momente von u.a. „The Third Eye“ als die spannendsten des Albums heraus. Denn hier wird der Kontrast aus Melodie und dunkel-melancholischem Riffing am eindringlichsten zelebriert.
Der größte Pluspunkt ist wohl die Atmosphäre, die mit jedem Song mehr und mehr in Richtung Melancholie gleitet und u.a. in „Wiedergänger“ einen eindrücklichen Höhepunkt findet. Hier ist es auch speziell die Violine, die den Song zu einem musikalischen Trauerkloß macht. Dazu passt der mehrstimmige Gesang hervorragend, lässt er die melodischen Anteile des Stücks doch noch ein wenig intimer erscheinen.
Da aber dieses Album eher als Gesamtwerk zu verstehen ist, ist eine zu kleinteilige Besprechung auch nicht Sinn der Sache.
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Daher lautet das FAZIT: VARGSHEIM bieten auf „In the Tower of the Ivory“ ein stimmungsvolles Gesamtwerk, das gekonnt zwischen Komplexität und Atmosphäre schwankt. Die Musik passt insofern gut in die kalte Jahreszeit, als dass die grauen Tage vielleicht die nötige Zeit verschaffen, sich eingehend mit dem Material zu beschäftigen. Es lohnt sich auf alle Fälle, denn einige Facetten und Tiefen der Musik erschließen sich erst nach mehrmaligem Hören.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.01.2023
Harvst
Harvst, Kaelt
Kaelt
Naavl
Naavl (Violine)
Crawling Chaos
49:26
09.12.2022