<img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/fb142b24d91c4324818a4a5b799c4ad4" width="1" height="1" alt=""> Ein weiteres Doppelalbum von YES, da sind die Erwartungen nicht nur unter eingefleischten Fans hoch… und tatsächlich wird „Mirror To The Sky“ selbigen nicht nur gerecht, sondern übertrifft sogar jene, die das britischen Progressive-Rock-Flaggschiff nach dem mäßigen letzten Album "The Quest" endgültig (oder zwischenzeitlich, Stehaufmännchen, die sie sind) abgeschrieben hatten. Während der Pandemie isoliert voneinander zu arbeiten schien den Musikern nicht bekommen zu sein, doch die neue Platte zeigt wieder jene durch Frontmann Jon Davison verjüngte Band, als die man YES seit etwa 2012 fast ununterbrochen kannte.
Wohingegen "The Quest" die großen Momente durchweg fehlten, weist "Mirror to the Sky" nicht einmal ansatzweise Leerlauf auf. Das mit einem lässigen ´Roundabout´-Groove ausgestattete ´Cut From The Stars´ ist als Hit-Anwärter der perfekte Einstieg, ehe YES den ersten Longtrack einreichen - wobei das idyllische ´All Connected´ noch eher gediegen ausfällt, ehe im ebenfalls neunminütigen ´Luminosity´ erstmals atmosphärische Brechungen zu verzeichnen sind, deretwegen man anfängt, auf Zehenspitzen vor den Boxen auszuharren.
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´Living Out Their Dream´ ist mit seinem gehässigen Text, dem man durchaus gesellschafts-/politkritischen Gehalt attestieren kann, vielleicht die perfideste Nummer des Albums - verboten eingängig und beschwingt (nur die Ballade ´Circles of Time´ überbietet diesen Ausbund an Nettigkeit), aber inhaltlich mindestens nachdenklich, eventuell sogar verdrießlich. Das anschließende Titelstück, welches fast eine Viertelstunde für sich veranschlagt, gehört dann auf YES´ alte Tage hin zu den packendsten Epen der Band überhaupt. Die dramatischen orchestralen Wendungen tragen übrigens überdeutlich Keyboarder Geoffrey Downes´ Handschrift und lassen das Flair seines Bandeinstands "Drama" wiederaufleben.
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Billy Sherwoods Chris-Squire-Gedächtnisbass harmoniert prächtig mit Drummer Jay Schellen, der erstmals als vollwertiges Mitglied aufgeführt wird, nachdem er den inzwischen verstorbenen Alan White schon seit 2016 vertreten hat, und Mastermind Steve Howe lässt man wieder einige richtig kratzige Riffs von der Leine (´Unknown Place´!), falls er nicht in seinen lyrischen Melodielinien und jazzigen Akkordfolgen (´One Second Is Enough´) schwelgt.
Dass der Doppeldecker in der zweiten Halbzeit kompakter daherkommt, spricht für die Intelligenz von YES als findigen Arrangeuren, die Komplexität mal wieder kinderleicht aussehen lassen. In dieser alten neuen Beinahe-Bestform (ja, die Sturm-und-Drang-Zeit ist halt vorbei) möchte man die Gruppe gerne noch zehn, 20 Jahre in der Szene wissen!
FAZIT: "Mirror to the Sky" hat sehr viel von den wohl sperrigsten YES-Werken "Tales From the Topographic Ocean" (1973) und "Drama" (198), gepaart allerdings mit der kompositorischen Schärfe von "Relayer" (1974), vor allem was den mitreißenden Charakter seiner Longtracks angeht. So oder so erlebt die Band mit ihrem 23. (?) Studioalbum ihren wahrscheinlich letzten Frühling, und darin sollte sich jeder sonnen, der selbst nur am Rande auf sinfonischen Progressive Rock kann… mit wie gewohnt willkommen positiver Botschaft wohlgemerkt.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.05.2023
Billy Sherwood
Jon Davison, Steve Howe, Billy Sherwood, Geoff Downes
Steve Howe
Geoff Downes
Jay Schellen
Inside Out / Sony
63:37
19.05.2023