Er bleibt der freundliche, auch mal naive Träumer des Pop - dieser YUSUF, der seinen ursprünglichen, viel berühmteren Künstlernamen CAT STEVENS seit längerem immerhin wieder an das islamische Alias anhängt. Sowohl musikalisch als auch textlich war der britische Singer-Songwriter - 1948 in London als Steven Demetre Georgiou geboren - schon oft auf der Suche nach etwas Höherem als nur einer profanen Beglückung seiner Zuhörer mit hübschen Liedern. Das neue Album macht da keine Ausnahme.
"King Of A Land" erinnert in seinen besseren Parts sogar (wie eigentlich immer seit dem Comeback von YUSUF vor rund 20 Jahren) hier und da an Softrock-Meisterwerke wie die unsterbliche Million-Seller-Trefferserie "Tea For The Tillerman" (1970), "Teaser And The Firecat" (1971) und "Catch Bull At Four" (1972). Leider sind echte Klasse-Songs aber die Ausnahme auf einem Alterswerk, dem man - um es hart zu sagen - das Alter und vielleicht auch die kreative Erschöpfung des Künstlers deutlich anhört.
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Denn YUSUF/CAT STEVENS hat nicht nur mit dem Cover-Artwork tief in den Kitsch-Topf gegriffen, sondern auch für manche der zwölf neuen Lieder - etwa in "How Good It Feels", dessen zarte Folk-Melodie er mit einer Sopran-Stimme und einem orchestralen Tschaikowski-Zitat "anreichert". Auch ansonsten wirkt das in gleich sechs Studios in Frankreich, Belgien, Deutschland, Großbritannien und Dubai mit über 20 Musikern aufgenommene Album überproduziert. Vielen Stücken auf "King Of A Land" werden großzügig Bläser, Streicher, Chöre und weibliche Backing-Vocals für Yusufs unverkennbaren, immer noch recht wohltönenden Gesang spendiert - weniger wäre aber meist mehr gewesen.
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Dass YUSUF/CAT STEVENS als (mittlerweile toleranter) Muslim ein religiöser und spiritueller Mensch ist, weiß man schon länger. Wenn nicht, dann erfährt man es durch Tracks wie "Son Of Mary" oder "He Is True" ("Everything must change/but the One who made it/and only He can change it/only He can, for He is true/for He is true"). Hm, das fordert auch Nicht-Atheisten einiges ab. Für den Titelsong des Albums schießt der Songwriter dann mit seinem "Manifesto for a good king" den Vogel ab.
Zehn selbst formulierte "Gebote" legt YUSUF/CAT STEVENS vor, das erste lautet "Even if you are a King, you are still a servant of God", das letzte "Be a guardian to all faiths, and the precious Earth we all share". Können wir uns darauf einigen, dass so viel Sendungsbewusstsein - und mag es noch so gut gemeint sein - ein halbes Jahrhundert nach den wolkigsten Hippie-Träumen etwas aus der Zeit gefallen ist? Die Label-PR erklärt den ins Peinliche kippenden Text übrigens so: "Im Vorfeld der Krönung von König Charles III. gibt Yusuf seiner Hoffnung Ausdruck, dass der neue Monarch seine Rolle nutzen wird, um die Zukunft des Landes und der Welt positiv zu beeinflussen." Aha.
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Auch "Things" ist gewiss kein Glanzstück der Songlyrik von YUSUF/CAT STEVENS: "Things always change - oh, oh/things - always moving; on their way - wo, wo/and where they end, who can say?". Da ist nicht nur der Künstler ratlos. Auch (zumindest) dieser Schreiber. Wäre "King Of A Land" nun lediglich ein Album mit naiven, prätentiösen Texten, könnte man darüber hinweghören und die Musik dennoch goutieren. Leider kommt aber kaum ein Lied über YUSUF/CAT STEVENS-Standard hinaus, und manches ertrinkt im süßlichen Bombast.
Man darf gespannt sein, was das Publikum in Glastonbury, wo der 74-Jährige am 25. Juni auf der Pyramid-Festivalbühne auftreten soll, mit diesen neuen Songs anfangen kann. Für seinen 75. Geburtstag am 21. Juli wünschen wir dem hochverdienten, zeitweise auch kontroversen Singer-Songwriter YUSUF/CAT STEVENS in jedem Fall alles Gute. Vielleicht legt er demnächst dann ja noch ein würdigeres Spätwerk vor.
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FAZIT: Mit einem sowohl musikalisch als auch textlich unbefriedigenden Album im Gepäck begeht der große britische Singer-Songwriter der frühen Siebziger, seit fast zwei Dekaden nach einem ungewöhnlichen Comeback auch in Deutschland wieder sehr erfolgreich, seinen 75. Geburtstag. "King Of A Land" strotzt leider vor (gut gemeinten) Klischees und produktionstechnischem Overkill. Nein, das war leider nix, lieber YUSUF/CAT STEVENS.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.06.2023
Bruce Lynch, Stefan Fuhr, Martin Alcock, Steve Pearce
Yusuf bzw. Cat Stevens
Eric Appapoulay, Yusuf/Cat Stevens, Jo Ambros
Bruce Lynch, Yusuf/Cat Stevens, Peter Vettese, Frank Schellenberger, Kwame Yeboah, Pete Murray
Russ Kunkel, Marlon Bowden, Kwame Yeboah, Frank Ricotti
Carlo Mertens (Posaune), Jel Jongen (Posaune), Serge Plume (Trompete), Beverly Skeete, Daniel Thomas, Michelle John, Hanna Roos (Hintergrundgesang), Angel Kids (Chorstimmen)
Cat-O-Log Records/BMG
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16.06.2023