Auf ihrem Zweitwerk vertonen ZAHN das einzige Gefühl bzw. den einzigen Zustand für das bzw. für den manche arbeiten: Den Urlaub. Genauer gesagt, den wohltuenden Effekt, den es hat, aus dem Alltag auszubrechen. Jetzt stellt sich die Frage: Geht die Band dem Cover gemäß baden, oder trifft sie das Fluchtgefühl zwischen An- und Entspannung wie den Nagel auf den Kopf?
Eher letzteres, auch weil sich ZAHN einer etwaigen stilistischen Einordnung erfolgreich verweigern und zwischen Jazz-Anflügen und Noise-Rock auch die Kurve hin zu Post-Punk oder getragene Synthesizer-Klängen nicht scheuen.
Dabei zwingt „Adria“ vermehrt zum aktiven Hinhören. Denn obwohl das Material keineswegs gleichförmig klingt, verstecken sich doch gerade in den Details, den feinen Zwischentönen, wie einem im Loop laufenden Soundteppich (u.a. in „Schmuck“) oder einem zwischen Explosion und Tonlabyrinth verschlungenen Stück wie „Faser“, die interessanten Gegensätze der Musik.
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Denn um mal bei dem Urlaubsbild zu bleiben: Auch in der schönsten Idylle kann eine unvorhergesehene Situation für Anspannung sorgen. Im Falle dieses Albums sind es manch schiefe Kratztöne auf der Gitarrensaite, oder das unaufhörliche Pumpen des Synthesizers, die für konsequentes Unwohlsein einerseits („Faser“), gleichzeitig aber das gegensätzliche Gefühl von Entspannung andererseits, sorgen. Letztere Qualität findet sich u.a. in der Genussmittelverherrlichung „Tabak“, die den zweiten Teil dieses Doppeldeckers zunächst entspannt einleitet (man beachte die Gitarrenausflüge), ehe die Stimmung kippt und vom dröhnenden Bass in einen apokalyptische Urlaubsschreck verwandelt wird.
„Yuccatan 3E“ nimmt dem Schrecken aber gekonnt den Wind aus den Segeln, wenngleich manch schräges Gitarrenfiepen oder der dröhnend warme Bass doch für ein gewisses Grundgrummeln sorgen. Aber es wirkt eher so, als würde der aufziehende Sturm nicht zur Verwüstung beitragen, sondern vielmehr zur Gelegenheit, sich das Surfbrett zu schnappen und die (zugegeben, hohen) Wellenberge des Meeres auszunutzen.
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„Amaranth“ baut sich nach und nach zu einem waschechten Doom-Versatzstück auf, das klangliche Tristesse genauso durchexerziert, wie es dem Hörer manch schrägen Gitarrenton um die Ohren haut. Danach täuscht „Velour“ zunächst ein wenig Ruhe an, ehe sich spacige Synthesizer und ein dräuendes Rhythmusfundament als Spielplatz für schräge Melodien und Riffs herausstellen. Die Ruhepause folgt aber in Form von „Kotomoto“. Wieder lassen sich improvisierte Ansätze ausmachen, der Gitarrenton erinnert hin und wieder an klassischen Prog-Rock und das Schlagzeug wirkt trotz seines filigranen Spiels wie der Mittelpunkt dieses Stücks.
Am Ende steht die „Idylle“.
Das Saxofon schafft eine betont melancholische Abschiedsstimmung. Ist es der Abschied von dem Urlaubsgefühl? Oder die verdrückte Träne darüber, dass der Alltag einen letztendlich doch immer wieder einholt?
Vielleicht ein bisschen von beidem, womit dieses Finale einen passenden Schlusspunkt für diesen vertonten Urlaubstrip bildet.
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FAZIT: Obwohl „Adria“ als achtzigminütiger Doppeldecker zunächst schwer verdaulich daherkommt, schaffen es ZAHN doch, die verschiedenen potenziellen Qualitäten, die ein Urlaub mit sich bringen kann, in spannende Musik zu verpacken. Das Album ist ein klangliches Auf und Ab, bietet Raum für Friede und Spaß, genauso wie sich das Potenzial für Anspannung und Stress in der Musik finden lässt. Damit ist „Adria“ nicht nur ein spannend komponiertes Stück Kopfmusik, sondern auch ein Album, das die Vorstellung einer utopischen Urlaubsidylle ein Stück weit konterkariert.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.11.2023
Chris Breuer
Chris Breuer, Felix Gebhard
Felix Gebhard, Chris Breuer
Nic Stockmann
Chris Breuer (Drum Machine), Nic Stockmann (E-Schlagzeug)
Crazysane Records
80:20
27.11.2023