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Albert Hammond: Body Of Work

Stil: Edel-Pop und verträumter Folk mit ergrauten Haaren

Cover: Albert Hammond: Body Of Work

Was nur soll uns dieses Album-Cover sagen?
Der alte Mann – nicht: und das Meer; sondern: mit einer offenen Jeans-Jacke samt freigelegter, graubehaarter Brust…
Regt das die Omas dieser Welt, von denen viele in ihrer Jugendzeit garantiert Fan dieses Ausnahmemusikers waren, mit lüsternem, in Erinnerungen schwelgendem Blick zum Kauf dieser Platte mit dem ebenfalls seltsam erscheinenden Titel „Body Of Work“ an?
Oder ist da jemand stolz darauf, auch im hohen Alter von fast 80 Jahren Jahren (am 18. Mai 2024 ist es so weit) noch immer keinen Speck angesetzt zu haben?
Der ewig Junggebliebene – zwar nicht körperlich, aber musikalisch. Darum beim nächsten Mal bitte ein unverfänglicheres Cover statt dieses Spiegelbild eines wenig altersweisen Musiker-Egos, das sich mit „It Never Rains In California“ doch sowieso längst (s)ein Evergreen-Denkmal gesetzt hat.

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Aber auch musikalisch versucht ALBERT HAMMOND sich die Zeit seiner jugendlichen Klangwelten zu bewahren, wobei rätselhaft ist, warum er wirklich 20 Jahre auf ein musikalisches Studio-Album-Lebenszeichen warten ließ, wo doch unüberhörbar so viele Ideen in ihm schlummerten.

Im Grunde braucht man deswegen aber nicht all zu lange zu rätseln, denn als die Welt aus den pandemischen Fugen geriet, da wurde auch einem ALBERT HAMMOND – Alter hin oder her – noch einmal klar, wie wichtig es ist, Stillstand zu vermeiden und sich nicht dauerhaft nur zurückzuziehen: „Ich bin froh, dass ich es geschafft habe zurückzukehren und hoffe, das Album hilft auch euch ein wenig dabei, euch nicht zu einsam zu fühlen.“
Und so macht er sich mit ganz vielen 'Yeah Yeah Yeah Yeahs' sowie einem Hauch von Exotik sogar auf „Gonna Save The World“ lauthals und melodramatisch auf den Weg, um die Welt zu retten.

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Mit diesem Grundsatz – und dem Verlassen auf sein inneres Körpergefühl (Womit auch der Albumtitel erklärt wäre!) aktivierte Hammond dann gleich sein ganzes musikalisches Repertoire und startet sofort bei „Don't Bother Me Baby“ unerwartet kraftvoll mit einer rockigen Nummer durch, um dann – wie von ihm gewohnt – sich in den unterschiedlichsten Stilübungen zu verwirklichen: Folk, Americana, R&B, Pop und hymnische Balladen.
ALBERT HAMMOND versteht dieses Album als eine Art offensichtlichen Rückblick auf seine über ein halbes Jahrhundert zurückliegende Musikerkarriere, in der er solche gigantischen Hits wie besagte Folk-Ballade „It Never Rains In Southern California“ und das knackige „The Free Electric Band“ für sich selbst hervorbrachte – oder auch andere Musiker mit Mega-Hits versorgte, die sich von „One Moment In Time“ (Whitney Houston) bis hin zu „Creep“ von RADIOHEAD erstreckten.

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Zwar klingt Hammonds Stimme etwas brüchiger und deutlich tiefer als zu seinen Glanzzeiten, seine kompositorischen Ideen aber sind geblieben genauso wie die Texte, welche zwar keine hohen poetischen Ansprüche erfüllen, aber trotzdem noch immer ihre kleinen wie großen Herz-Schmerz-Geschichten erzählen.
So wie zum Beispiel in „Shake A Bone“, in dem er die üblen Gerüchte, welche so in der Nachbarschaft verbreitet werden, auf's Korn nimmt und diese ebenfalls gleich mit einer ausgiebigen „Ohohoh...“-Kanonade zum Verstummen bringt.
Da kennt der gute ALBERT HAMMOND echt keinen Spaß – und das bereitet bei solch einem Song garantiert gerade dadurch dem Hörer große Freude, wenn er erfährt, dass das meiste, wofür die Leute Geld ausgeben, er noch nicht einmal geschenkt nehmen geschweige denn stehlen würde. Ein Song, der von seiner Art her weit zurückzureichen scheint in die Hammond-Anfangstage und sogar noch am Ende ein feines Funk-Feeling verpasst bekommt.

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Leider geht dem guten Albert allerdings zum Ende der Doppel-LP hin offensichtlich ein wenig die Puste aus, sodass es die LP-D-Seite gerade mal knapp über 10 Minuten schafft, nachdem die C-Seite es ebenfalls nicht mal auf eine Viertelstunde gebracht hat.
Eigentlich aber völlig egal, denn ein ALBERT HAMMOND gehört einfach auf die schwarzen Rillen – und wenn sich seine musikalischen Ideen auf fast eine Stunde Musik ohne jegliches überflüssiges Beiwerk erstrecken, denn muss eben eine Doppel-LP herhalten, gerade weil so auch der richtig gut produzierte Sound in allerbester Qualität genossen werden kann. Unter diesem Blickwinkel ergibt die Doppel-LP sogar doppeldeutig ihren Sinn, wenn man feststellt, dass ALBERT HAMMOND auf „Body Of Work“ beweist, dass er der 'Alte' geblieben ist.

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FAZIT: Nach 20 Jahren Studio-Album-Stille kehrt ALBERT HAMMOND im reifen Alter von fast 80 Jahren flott und unverbraucht und mit etwas tieferer Stimme mit „Body Of Work“ wieder in das Studio-Rampenlicht zurück und legt in bester Hammond-Tradition (s)ein Alterswerk vor, das sich echt hören lassen kann und Erinnerungen an seine Glanzzeiten verbreitet, selbst wenn aus der 'Free-Electric-Band' nunmehr eine 'Free-Acoustic-Band' geworden ist. Auch wenn das Alter nicht unversehrt an dem Musiker und seinem Ego vorbeigegangen ist, so beweist er mit „Body Of Work“, dass er noch immer die Qualitäten besitzt, die ihn vor Ewigkeiten zum großen Musiker werden ließen, aber heutzutage in der Schnelllebigkeit musikalischer Streaming-Plattformen leider immer weniger zählen.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.02.2024

Tracklist

  1. <b>Seite A</b> (18:42):
  2. Don't Bother Me Baby (3:26)
  3. Shake A Bone (4:22)
  4. Gonna Save The World (3:23)
  5. Both Ways (4:41)
  6. Like The Do Across The River (2:50)
  7. <b>Seite B</b> (15:40):
  8. Somebody's Child (3:13)
  9. Knocking On Your Door (3:12)
  10. Young Llewelyn (3:31)
  11. Gonna Be Alright (2:40)
  12. Let It Go (3:04)
  13. <b>Seite C</b> (13:56):
  14. The American Flag (3:30)
  15. Bella Blue (3:55)
  16. Anything You Want Me To (3:13)
  17. Looking Back (3:18)
  18. <b>Seite D</b> (10:31):
  19. Another Heart To Break (3:47)
  20. Living In The Universe (3:23)
  21. Goodbye LA (3:21)

Besetzung

  • Bass

    Mathias Roska, Lex Price, Alison Prestwood

  • Gesang

    Albert Hammond

  • Gitarre

    Albert Hammond, Mathias Roska, Ilja Toshinskiy, Rob McNelly, Jerome Kimbrough, Laurence Juber

  • Keys

    Mathias Roska, Dave Cohen, Mathias Grosch

  • Schlagzeug

    Marko Duvnjak, Jerry Roe, Steve Brewster

  • Sonstiges

    Mathias Roska (Percussion)

Sonstiges

  • Label

    earMUSIC/Edel

  • Spieldauer

    58:49

  • Erscheinungsdatum

    01.03.2024

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