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Arxx: Good Boy

Stil: Dance, Indie Rock, Pop, Queer

Cover: Arxx: Good Boy

<b>„Thank you community, for holding the space so we can grow and learn ourselves. Thank you for queerness.“</b> (Danksagung auf ARXX' „Good Boy“-LP)

ARXX sind auf den Hund (oder besser: die Hunde) gekommen – und widmen diesen gleich eine gesamte LP (allerdings nur im Bildteil). Und als Mitglieder der LGBTQIA+-Gemeinschaft sind sie zudem genau das, was uns heutzutage immer wieder offen und frei Toleranz abverlangt oder manchmal auch ein schlechtes Gewissen bereitet, wenn man damit nicht ganz so offen und verständnisvoll umgehen kann, weil das eigene Woke-Sein einfach nicht dem der radikalen Minderheiten übereinstimmt, die zwar besonders laut in ihren Forderungen und Verboten, aber überdeutlich in der Unterzahl sind. Doch genau das ist, wenn es um Musik geht, zum Glück völlig unwichtig, denn die wirkt unabhängig von Geschlecht oder Orientierung auf jeden meist anders und zugleich verbindend – egal, ob man das Eine mag oder das Andere nicht mag.

Um „Good Boy“ von ARXX zu mögen, bedarf es nicht wirklich viel.
Erstens ist die Hundeproblematik im Rahmen der LP-Gestaltung sehr gelungen und der vierseitige LP-Einleger, von dem einen von drei Seiten großformatig ein Hundegesicht entgegenblickt, weckt beste Gefühle. Oh ja, der Hund als dein bester Freund, egal, welches Geschlecht du bist oder in welchem du dich wohlfühlst. Da freut man sich doch gleich auf die Musik und muss nicht wie im Album-Opener Tränen in der Autowaschanlage vergießen.
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Auf ihrem zweiten Album „Good Boy“ lassen uns Hanni Pidduck und Clara Townsend an ihrer Vorstellung guter Dance-Mucke mit Pop- und Indie-Rock-Elementen, die manchmal auch ziemlich traurig klingen können, sowie vielen Stampf-Rhythmen teilhaben, welche ganz schnell in die Beine gehen und sicher auf Tanzflächen bestens funktionieren. Vor der heimischen Anlage aber nutzen sie doch ziemlich schnell ab, da sich die wiederholenden, oft etwas eintönigen Beats nur kurzfristig in den Gehörgängen festsetzen. Ja, manchmal klingt das Album so, als wäre eine LADY GAGA gemeinsam mit BRITNEY SPEARS auf den Hund gekommen und hüpfen mit dem durch ein bunte Fernsehwelt voller schneller, flackernder Schnitte – oder dimmen das Licht, um Leckerlies ins tierische Publikum zu werfen.

Und so schwimmen ARXX auch nur zu gerne auf der 80er-Jahre-Pop-Welle durch die Gegend und benennen mit „Swim“ diesen Ausflug durchaus passend, selbst wenn es in den Texten eben immer wieder um Beziehungsprobleme, die Liebe und das Herzeleid und die im Falle des Videos die für den Zuschauer durchaus etwas verunsichernde LGBTQIA+-Szene geht, welche für ARXX dank ihrer Orientierung in deren eigenen Lebensmittelpunkt steht. Passt alles bestens.
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In dem Video zum Titelstück spielen dann endlich die Tiere wieder die Hauptrolle, denen man ja keinerlei Ausrichtung unterstellen kann – außer ihrer unendlichen Liebe und Treue zum Menschen. Nur welche Verbindung es zwischen Text und visueller Umsetzung in Form eines Hundewettbewerbs gibt, ist schwer nachzuvollziehen, weswegen man das Video genießen und seine Gedanken zu solchen Zeilen wie: „I'll be your good boy, waiting here at home. Hear what I'm saying, you know I'm not playing“, einfach im Keller seines Unterbewusstseins begraben sollte.
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Wenn sich das Duo ausnahmsweise von diesen wilden Rhythmen entfernt und es ruhiger angeht, dann klingen sie tatsächlich am besten – wie auf dem Album-Highlight, der fragilen Klavier-Ballade „Dublin“, die im Verlaufe ihrer vierminutigen Schönheit zudem einige soundtechnische Überraschungen bereithält.
Doch solche Songs sind und bleiben auf „Good Boy“ die Ausnahme und verstecken sich hinter den auf Radio- wie Tanzflächen-tauglich getrimmten Midtempo-Hit-Nummern, von denen der Album-Opener „Crying In The Carwash“ in Verbindung mit dem Album-Closer „Love Me Again“ den besonders tanzbaren Rahmen, gespickt mit nichtssagenden Herzschmerz-Texten („And the same three words circulate my brain, they go over and over and over again.“), bilden.
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FAZIT: Viel Dance-Pop-Indie-Mittelmaß und wenige Highlights machen „Good Boy“ von den britpoppigen, LGBTQIA+bewegten ARXX aus, die auf ihrer dunkelgrünfarbenen Vinyl-LP optisch in schönster, textlich aber in höchstens mittelmäßig-herzeleidenden Weise auf die Hunde gekommen sind. Nur in der Musik spielen die treusten Freunde des Menschen dann leider doch kaum eine Rolle, sondern vielmehr der Herzschmerz, in tanzbare Beats gekleidet, die keinem weh tun, dafür aber sofort in die Beine, jedoch nicht bis ins Hirn gehen. Das Album jedenfalls klingt ähnlich dressiert wie die Hunde im dazugehörigen Titeltrack-Video. ARXX sollten besser mehr Indie-Rock-Gassi gehen als mit Dance-Leckerlies um sich zu werfen.

Punkte: 8/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.11.2024

Tracklist

  1. <b>Seite A</b> (15:39):
  2. Crying In A Carwash (3:22)
  3. All Night (3:08)
  4. Swim (3:11)
  5. Good Boy (2:53)
  6. Like Hell (3:05)
  7. <b>Seite B</b> (21:10):
  8. Trouble (3:39)
  9. Easy (3:41)
  10. Dublin (3:46)
  11. Forgive And Forget (2:57)
  12. Baby Berlin (4:01)
  13. Love Me Again (3:06)

Besetzung

  • Gesang

    Hannah Pidduck, Clara Townsend

  • Gitarre

    Hannah Pidduck, Clara Townsend

  • Keys

    Hannah Pidduck, Clara Townsend

Sonstiges

  • Label

    Submarine Cat

  • Spieldauer

    36:49

  • Erscheinungsdatum

    04.10.2024

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