<b>„Endlich! Oft gewünscht, drüber nachgedacht und wieder verworfen. Aber jetzt, endlich, kann mithilfe unseres Lieblingslabels 'Heavy Zooo' so kommen, wie wir uns das die letzten 15 Jahre gewünscht haben: auf Vinyl!“</b> (BEEHOOVER)
Sie können wirklich verdammt stolz darauf sein, dass ihr ursprünglich im Mai 2008 veröffentlichtes knackig-sludgig-metallisch-doom-rockiges Album „Heavy Zooo“ nach nunmehr 16 Jahren im Vinyl-Zeitalter angekommen und endlich auf Vinyl gepresst wird.
Denn wenn nicht dorthin, wo gehört denn solche Musik überhaupt hin? Auf kleine silberne Scheiben?
Nicht doch! Auf große Schwarzgerillte!
Denn noch immer steht man, sowie nunmehr die LP läuft, vor der Frage: Was ist das nur für Musik?
Metal, Stoner, Noise, Doom, Sludge, Jazz, Punk oder gar Prog und Post-Hardcore?
Aber dafür gibt es jede Menge Retro-Anteile, die man eben nur zu gut von Alben kennt, die ohne LP unvorstellbar wären, immer wieder um die Ohren.
Diese Kombination der Klänge, Sounds, Stile und musikalischen Unwägbarkeiten ist das Markenzeichen von BEEHOOVER aus Deutschland, die unter ihrer Bandcamp behaupten ein DIY-Progressive-Sludge-Duo aus Deutschland zu seien und damit durchaus untertreiben. Denn so schwer sie sich auch einordnen lassen – ähnliche Vergleichsgrößen im Bereich interessanter Bands gibt’s durchaus. Als da wären TOOL und MARS VOLTA oder PRIMUS und KYUSS, vielleicht sogar die ungeheuer spannenden Düster-Prog-Metaller ANEKDOTEN aus Schweden.
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Alles echte Hausnummern komplex-harten Rocks mit wilden Genre-Wechselspielchen. Genau hier mümmelt auch der Hase auf dem fantastisch gestalteten Platten-Cover von „Heavy Zooo“ sein Musik-Möhrchen und kotzt es uns dann in Stakkato-Rhythmen vor die Füße, dass einem dabei die Ohren schlackern, wenn nicht vorher die fetten Bass-Eruptionen uns die Membranen aus unseren Lautsprecher-Boxen um ebendiese geschossen haben.
Am besten aber hat es 'Subbacultcha', eine Kunst- und Musikplattform aus Holland, die sich an aufstrebende Künstler und ein neugieriges Publikum wendet, den BEEHOOVER-Musik-Irrsinn beschreibend auf den Punkt gebracht, die einst zu dem Album feststellten (Und besser sowie ironischer und provokanter kann's man einfach nicht ausdrücken!): „Das ist nicht so sehr Musik, sondern vielmehr rohe, unverblümte Härte. Wenn MOTÖRHEAD, wie LEMMY einmal behauptete, den Rasen deines Nachbarn töten könnten, dann könnten BEEHOOVER ihr verdammtes Haus abreißen, ihre Kinder essen und ihre Katze vergewaltigen. Diese Riffs können zur totalen Erleuchtung führen, oder sie können dir das Gesicht wegschmelzen wie bei dem Nazi in 'Indiana Jones'. Das ist Metal, mit dem man nicht spaßen sollte ... Einfach erderschütternd geil.“
Und auch 'Legacy' bringt es mit einer weiteren Feststellung auf den Punkt: „Es grenzt an ein Wunder ... 'Heavy Zooo' steht als untrüglicher Beweis dafür, dass musikalischer Minimalismus tatsächlich maximale Brachialität und Wirkung erzielen kann“.
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Und sowas bekommt man tatsächlich mit Bass, Schlagzeug, Electronics, Effekten und mal schreiendem, aber auch fast zärtlichem oder extrem düsteren Klargesang („My Funeral Procession“) hin?
Aber klar doch!
BEEHOOVER sind der lebende Beweis dafür: Das singende, klingende Metal-Bäumchen voll kunterbunter Genre-Wurzeln, welches sich den wildesten stilistischen Stürmen entgegenwirft und dabei immer die Oberhand behält, auch wenn schon die Doom-Zombies langsam aus den Gräbern krabbeln. Doch um die geht es ja gar nicht. Es geht vielmehr um diese verrückte Tierwelt, die auf dem LP-Cover genauso wie in dem kunstvoll gestalteten vierseitigen LP-Einleger dieses rundum avantgardistischen Kunst-Musik-Meisterwerks dargestellt ist, das einerseits Krach zu Musik und andererseits psychedelische Melancholie zur Grundlage hinter „Heavy Zooo“ werden lassen. Der Wahnsinn nunmehr auf LP gepresst. Krieg für die Ohren und Augen – aber mit der friedliebendsten Absicht überhaupt. Nachzudenken über den verhassten Mist, den wir Menschen über die Welt ausschütten mit unserer Macht-, Geld- und Ego-Gier.
Darum gilt auch in dieser Beziehung: Man sollte nicht nur bei der Musik genau hinhören, um all die Spitz- und Brachialfindigkeiten zu entdecken, sondern auch bei dem LP-Einleger und dem Cover ganz genau hinschauen, denn in jedem so anheimelnd empfundenen Tier-Bild versteckt sich eine radikale Kritik an der digitalen Moderne, in die wir völlig unkritisch unsere Signale funken und mit jeder App, die wir uns auf irgendwelche Geräte laden, ein Stück unserer persönlichen Seele verkaufen, um uns dem orwellschen 'Big Brother is watching you'-Universum zu unterwerfen, in dem der Krieg lächelnd auf uns lauert, weil wir so blöd sind, das nicht zu bemerken.
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So entdecken wir erst auf den zweiten, dritten oder vierten Blick den massiven Angriff des LP-Einlegers gegen diese Kriegsleidenschaft, welche wir gerade anhand der Ukraine auf besonders schreckliche Weise erleben müssen, die noch immer den Lauf der Zeit bestimmt und sich auf Millionen von Toten oder Verkrüppelten und Geschundenen aufbaut. Denn alle Tiere tragen ein Symbol der Moderne oder des Krieges auf ihren Bildern zur Schau: Die Schildkröte beispielsweise einen echten Panzer, der Storch trägt statt einem Baby eine Bombe im Schnabeltuch, die Henne brütet Handgranaten aus und der Hase trägt statt seiner langen Ohren Radartürme auf seinem Kopf und so weiter und so fort...
„Heavy Zooo“ ist kein Album für schlichte Gemüter oder schlechte Menschen – sondern für den musikalischen Freigeist, der auf diktatorische und kriegerische Engstirnigkeit trifft und sich auf grandiose und unberechenbare Weise hindurchknüppelt. Opfer werden dabei keine gemacht – so ist das eben in der Musik von BEEHOOVER.
Die Realität sieht dagegen leider anders aus und wirft noch immer echte Bomben zur Durchsetzung kranker Machtinteressen auf unschuldige Tiere und Menschen inmitten dieses „Heavy Zooo“.
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FAZIT: „Das ist schon ein historischer Moment: Exile On Mainstream bringt erstmalig eine Wiederveröffentlichung einer Platte, die seit Jahren restlos ausverkauft ist und am 25. April 2008 ausschließlich auf CD erschien, nach 16 Jahren auf Vinyl heraus.“ So heißt es in der Presseerklärung zu „Heavy Zooo – Vinyl-Ausgabe“. Und ja doch: BEEHOOVER haben sich das mit ihrem noch dazu grandios gestalteten Album „Heavy Zooo“ mehr als verdient, denn diese nunmehr wortwörtlich (auch von der optischen Gestaltung her) kohlrabenschwarze Scheibe ist so hochexplosiv und kaum zuordenbar wie es auch MARS VOLTA oder TOOL sind, zwischen denen BEEHOVER ihren animalischen Heavy-Sound uneingegittert frei draufloslaufen lassen.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.07.2024
Ingmar Peterson
Claus-Peter Hamisch
Claus-Peter Hamisch
Exile On Mainstream Records
43:50
19.07.2024