<img src="http://vg02.met.vgwort.de/na/5d2374f3edb34f49b3b92cac5144b08f" width="1" height="1" alt=""> Bei der Arbeit an "Birthday" erfuhr Elin Larsson, dass sie schwanger war, doch abgesehen von dem Cover-Foto, auf dem sich die Sängerin mit Babybauch zeigt, schlug sich ihre Mutterschaft nicht unmittelbar in den Songtexten nieder - gleichwohl sie gewissermaßen einen Knoten platzen ließ: Unter dem Eindruck, Schwangerschaft und Kunst miteinander zu vereinbaren gelte in der Unterhaltungsbranche nach wie vor als Tabu, verbreiterte die Gruppe ihr Spektrum im Vergleich zum Vorgänger "Holy Moly!" (2020) weiter, ohne sich stilistisch gänzlich neu zu erfinden. Es ist schlicht so, dass sich das Songwriting und die Produktion ein Stück weit dem zeitgenössischen Pop-Mainstream angenähert haben.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/TDth2N2mx78?si=LwRuY1wk2jIkREAu" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></center>
Ja, angenähert, nicht angebiedert. Blues Pills bleiben sie selbst und bauen konsequenter denn je auf ihre stimmgewaltige Frontfrau, ohne dass die Instrumental-Performance oder die Arrangements lediglich schmuckes Beiwerk wären, im Gegenteil: Gerade Gitarrist Zack Andersons Gratwanderung zwischen Understatement und geschmackvollen Leads, die bisweilen auch gedoppelt werden, spiegelt eine spielerische und kompositorische Klasse wider, die sich auch auf den Rest der Gruppe übertragen lässt: Das breitbeinige 'Don’t You Love It' und das schummrige 'Like A Drug' werden von Kristoffer Schanders angezerrtem Bass befeuert, der unter anderem auch im Motown-artigen Ohrwurm 'Bad Choices' einen Hauch Funk einbringt.
Produzent Freddy Alexander bezahlt - ein mehrfach mit Platin ausgezeichneter Pop-Songwriter - versucht erst gar nicht, die fester denn je im Hier und Jetzt geerdete Band klanglich "alt" wirken zu lassen, um irgendeine Authentizität zu heucheln. Die Sixties und Seventies sind halt vorbei, und über innige Liebe zur Musik jener Jahre, die eine tiefe Inspiration bedingt, geht auf "Birthday" nichts hinaus. Man kann Blues Pills 2024 daher zwischen den amerikanischen Acts Dorothy, den Black Keys oder White Stripes einreihen, die ein ähnliches künstlerisches Selbstverständnis vertreten.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/RDQRPVuOf1M?si=i1y_bNoRyDOUAvLo" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></center>
Besonders stark äußert sich der Einfluss von Classic Rock, Psychedelic und Soul (nicht dass das alles ein und dasselbe wäre…) in den schwärmerischen Refrains, wobei speziell der abschließende Leisetreter 'What Has This Life Done To You' und die Ohrwurm-Single 'Piggyback Ride' hervorstechen. Larsson erlebt ihre großen Momente wie abzusehen während der Balladen 'Top Of The Sky' und 'Somebody Better'. Und da wir gerade Amerika erwähnt haben: nordamerikanischer Folk, Blues und Country prägen unter anderem 'Shadows' mit seinem Field-Hollers-Touch und das elegische 'I Don’t Wanna Get Back On That Horse Again', einen der wenigen melancholischen Momente eines grundsätzlich optimistischen Albums, dessen Stimmungsspektrum am anderen Ende mit dem fast wütenden 'Holding Me Back' abgeschlossen wird.
Die Zeichen stehen nicht nur in Bezug auf den modernisierten Retro-Rock-Sound der Band auf Sturm.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/qrlpISjPUZw?si=23xGE1YpEmL9ZX--" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></center>
FAZIT: Falls BLUES PILLS nicht ohnehin schon Retro-Rock-Konsens sind, werden sie es mit "Birthday". Die Band hält auf ihrem vierten Album an ihren stilistischen Kernwerten fest, während die offenere, eher Zeitgeist-affine Produktion ihr auch Hörerkreise außerhalb der "Rockpalast"-, Vintage-und-so-weiter-Szene erschließen kann. Unabhängig davon garantiert die Platte in kompositorischer und performancetechnischer Hinsicht Hochgenuss, derweil Elin Larsson weiterhin dafür sorgt
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.07.2024
Kristoffer Schander
Elin Larsson
Zack Anderson
André Kvarnström
Throwdown / BMG
38:55
02.08.2024