Die Polen DEFYING liefern mit „Wadera“ nicht nur ihr zweites Vollalbum binnen fünfzehn Jahren Bandgeschichte ab, sondern versuchen sich an einer alptraumhaften Rachegeschichte, die sich vom Leben bis über den Tod der Beteiligten hinaus erstreckt.
Ein Ziel dieses Albums war es offenbar die Stimmung von Horrorklassikern wie „Dracula“ o.ä. einzufangen, was manche anachronistische Nuance im Sound erklärt.
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Nachdem die Musik beim Ersteindruck wie von einer dicken Nebeldecke umklammert wirkt, gehen DEFYING darunter erstaunlich detailreich und filigran zu Werke. Stücke wie „Incomprehensibly woken“ klingen über weite Strecken eher nach dunklem Post-Rock, werden u.a. von Streichern untermalt und erzeugen eine diffuse Beklemmung, die sich gegen Ende der knapp neun Minuten Spielzeit in einem schwarzmetallischen Crescendo entlädt.
Überhaupt liegt die Stärke von „Wadera“ in den langen Stücken. „The Aquaintance Shade“ ist mit über zehn Minuten Spielzeit ein nervenaufreibender Trip durch Doom-Schlepper, experimentelle Schlenker in Sachen Rhythmik und einer allem zugrunde liegenden, nebulösen Stimmung, die sich speziell durch den Gesang immer wieder Bahn bricht.
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Dass manches Instrumentalmotiv länger als nötig ausgereizt wird, ist in diesem Fall auch nur bedingt ein Nachteil, denn egal ob es der Bass ist, oder die nebulösen Gitarren, jedes Instrument verstärkt die klamme Atmosphäre des Stücks, das einem Würgegriff gleich langsam, aber beständig immer bedrückender und einengender wird.
Ab und an finden sich auch filigrane Momente (u.a. die Post-rockigen Gitarren in „The Lurking Spectres“), die wie der Verbundkleber zwischen den Brechstangenmomenten wirken.
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„Cremaberis igne aeterno!“ ist so ein weiterer Moment.
Vor dem geistigen Auge erhebt sich ein Untier aus dem Schlick einer Sumpflandschaft, macht sich auf die Jagd, das naheliegende Dorf zu terrorisieren, schleicht aber stets unentdeckt durch die Wälder, genährt von der Angst seiner potenziellen Opfer.
Die musikalische Umsetzung bietet Gitarrenmelodien, die in manchem Moment an MGLA erinnern, aber durch die bedrückende Gesamtstimmung eher an die Kollegen von PANZERFAUST gemahnen. Zwischen diesen beiden Soundpolen dürften DEFYING auch kein schlechtes Zuhause haben, denn ihre Musik klingt finster, unvorhersehbar, aber doch mit viel Liebe zum Detail und einem Händchen für komplexe Stimmungen komponiert.
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FAZIT: DEFYING liefern mit „Wadera“ ein Album voller komplexer Stimmungen, schroffer Soundberge und bedrückender Unsicherheit ab. Die Intention, die Rachsucht einer Wölfin zu vertonen, ist also in mehrerlei Hinsicht gelungen. Denn so unvorhersehbar die Reaktion eines Tieres ist, so sprunghaft entwickelt sich die Atmosphäre dieses Albums. Das macht es dem Hörer nicht unbedingt einfach, aber es sorgt für einen faszinierenden Reiz, welcher der Musik auch über lange Strecken nicht abhandenkommt.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.04.2024
Pawel Siemaszko
Piotr Stepinski, Szymon Stadniczenko, Pawel Siemaszko, Natalia Semeniuk
Szymon Stadniczenko, Piotr Stepinski
Tomasz Semeniuk
These Hands Melt
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23.02.2024