Das Bandgefüge der britischen Neo-Progger DRIFTING SUN um den Keyboarder Pat Sanders, dessen offensichtliches Vorbild wohl TONY BANKS heißt, befindet sich im ständigen Fluss und überrascht durch ein immer wieder gelungenes Prog-Bäumchen-wechsel-dich-Spiel. Diesmal ist Sanders aber mit dem charismatischen Sänger Jargon und dem mehr als bekannten Bassisten John Jowitt sowie Schlagzeuger Fudge Smith der große Wurf gelungen, weil sich deutliche Einflüsse der Bands, in denen Jowitt den Viersaiter bedient (IQ, JADIS, ARENA) und Smith die Felle traktiert (PENDRAGON, STEVE HACKETT) auf „Veil“ breitmachen.
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IQ und JADIS, aber auch die frühen, floydianisch orientierten ARENA und PORCUPINE TREE tropfen auf „Veil“ aus jeder progressiv-musikalischen Pore. Und es ist ein Genuss, wenn DRIFTING SUN diesmal ihren, dem Album seinen Titel verleihenden Schleier lüften und diesen auch in ihren bedrückenden Textkonzepten, die über Lügen und Sünden und dem Missbrauch göttlicher Botschaften nur so überborden und mit der anklagenden Botschaft: „The sinner and the eternal lies / The feast of blood not favoured by his God“ (alles nachzulesen im 12-seitigen Booklet des dreiflügeligen Digipaks) das Album beenden, wieder und wieder wie einen dunklen Nebelschleier auf ihre Songs legen.
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Sogar mit einer angenehmen Prise Pop-Appeal versteht die Band zu überzeugen, wenn sich auch des grandiosen Jargon-Gesangs wegen „Eros And Psyche“ in wahre A-HA-Höhen allererster Güteklasse erhebt, ohne dabei den komplex-progressiven Grundcharakter aus den Augen zu verlieren.
Der „2-Minute Waltz“ hingegen ist ein klassisches, ausschließlich an einem Flügel (zumindest klingt es so) eingespieltes Klavierstück, das man als eine Art Zwischenspiel werten darf, das dann zum fetten symphonischen Bombast-Sound von „Through The Veil“ im besten POOR GENETIC MATERIAL- und ALIAS EYE-Retro-Prog-Stil überleitet, bis „The Old Man“ und „Cirkus“ den grandiosen Prog-Sack aus finsteren Symphonik-Klangwelten zumachen.
So viel wie auf dem aktuellen, insgesamt sechsten Album passierte bei DRIFTING SUN noch nie.
Das setzt „Veil“ souverän an den Spitzenplatz ihrer nunmehr doch schon recht umfangreichen Diskographie.
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Setzen wir dieses FAZIT also genau dort an, wo Kollege König mit seinem FAZIT zum bereits sieben Jahre zurückliegendem Vorgänger „Twilight“ endete: „DRIFTING SUN spielen wieder vollfetten Neoprog mit gehörigem Retro-Touch, als wäre es die coolste Erfindung der letzten Jahre.“ Doch auf „Veil“ geht die Band unter Federführung ihres Keyboarders Pat Sanders mit gänzlich neuer Besetzung noch einen deutlichen Schritt in puncto all ihrer Melodramatik, Symphonik und sogar etwas Pop-Anleihen bei a-ha durch ihren ausgezeichneten neuen Sänger Jargon weiter. Progressive Rockmusik, der dieses wahre Prog-Gen innewohnt, das man von den großen Vorbildern geerbt, aber nie nur kopiert hat. DRIFTING SUN tragen dieses Gen definitiv in sich und verleihen diesem eine neue, wohlklingende Note.
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Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.04.2024
John Jowitt
Jargon
Ralph Cardall
Pat Sanders
Fudge Smith
Eigenpressung/Just For Kicks
47:14
22.03.2024