<img src="http://vg02.met.vgwort.de/na/7bcf8f5daf6f495f8ad66b0f827e4bf8" width="1" height="1" alt=""> Ursprünglich wollten EDGE OF SANITY 1993/'94 zwei gesonderte EPs veröffentlichen, "Purgatory" mit eher konservativen Death-Metal-Nummern und "Afterglow" mit experimentelleren Songs. Black Mark, das damalige Label der Band, legte sein Veto ein, also war sie zu einem vollständigen Album gezwungen, das schlicht aus allen Stücken bestehen sollte… und auch 30 Jahre später noch verblüffend gut funktioniert.
Letzten Endes ist die Janusköpfigkeit der Schweden sowieso auch immer ihr Hauptalleinstellungsmerkmal gewesen. Edge of Sanity waren progressiv im Sinne des Überschreitens von Genre-Grenzen und taten dies auf "Purgatory Afterglow" ausgiebig. Das thrashige Doppel aus 'Enter Chaos' und 'Silent', sowie die schier brutalen Knüppel 'Of Darksome Origin' und 'Elegy' (sehr Göteborg-Death-mäßig) stehen dem sich in den Gothic-Doom/Death-Gefilden von frühen Paradise Lost bewegenden 'Velvet Dreams' und dem ikonischen 'Black Tears' (vielleicht der bekannteste Track der Gruppe überhaupt) gegenüber.
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Diese poppige Hymne und das von Swanö ebenfalls größtenteils mit klarer Stimme vorgetragene 'Blood-Colored' weisen einen offensichtlichen Einfluss klassischer Goth-Rock-Acts wie The Cure und vor allem Sisters of Mercy (deren 'Lucretia My Reflection' auch von Edge of Sanity gecovert wurde) auf - auf der anderen Seite steht wiederum ein relativ typischer SweDeath-Säge-Gitarrensound, der insbesondere dem textlich antireligiös gelagerten Midtempo-Banger 'The Singer Of The Sadness' ausgezeichnet steht.
Das avantgardistische 'Song of Sirens' (gesungen von Gitarrist Sami Nerberg) markiert mit seinem Groove-Metal-Einschlag à la Machine Head - die damals in ihren Kinderschuhen steckten - einen angemessen sonderbaren Abschluss. Mastermind Dan Swanö hat die Platte neu gemastert; deutlich anders – klarer, aufgeräumter – klingt hingegen der neue Remix auf dem zweiten Tonträger dieser Neuauflage, ohne dass die Songs ihren ursprünglichen Charakter von vor drei Jahrzehnten einbüßen würden, was einmal mehr beweist, wie gut Swanö sein Studio-Handwerk versteht.
Während der Aufnahmen zum Album veröffentlichte die Band die "Until Eternity Ends"-EP, deren vier Tracks den Bonusteil der aktuellen Neuauflage ausmachen und die zwitterhafte Ausrichtung des Albums ebenfalls widerspiegeln; das melodische 'Eternal Eclipse' und das stilvolle The-Police-Cover 'Invisible Sun' sind hier die Higlights.
FAZIT: Sowohl vor als auch nach „Purgatory Afterglow“ (1994) haben EDGE OF SANITY Todesblei, Prog und Gothic Rock harmonischer miteinander verschmolzen, doch dafür ist das vierte Album der Schweden in puncto Songwriting eines ihrer stärksten. Da es vor griffigen Melodien und Riffs wimmelt, sei gerade Neueinsteigern diese Platte empfohlen - ob mit oder ohne Bonusmaterial.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.06.2024
Anders Lindberg
Dread, Dan Swanö, Sami Nerberg
Dread, Dan Swanö, Sami Nerberg
Dan Swanö
Benny Larsson
Century Media / Sony
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21.06.2024