Mal sind die Berliner Nächte bei ihnen mollig warm wie im Lied "Jung und schön" von 1999, mal herbstlich kalt wie in einem aktuelleren Song von 2018, der diesem Album seinen Namen gab. ELEMENT OF CRIME kennen sich aus mit den Temperaturzuständen und den Typen der Hauptstadt, sie schildern ihr Berlin treffsicher in allen Farben und Facetten - mit Texten, die öde Klischees und peinlichen Kitsch konsequent vermeiden, und mit stets origineller Musik, die Stimmungen und Gefühle kongenial transportiert.
Die Lobeshymnen aus über 30 Jahren auf diese auch ohne Single-Hits sehr erfolgreiche Band sind also nicht übertrieben, und daher könnte ein Kinofilm über "die Elements" schnell in eine Huldigungsfalle tappen. Ist dem Regisseur von "Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin" zum Glück nicht passiert - stattdessen wie gewünscht "eine sanfte, schwebende Erzählung".
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Bei jeder anderen Band würde man wohl von einem "Ritterschlag" oder zumindest von der "allerhöchsten Ehre" sprechen, wenn ein Porträt über sie auf die große Leinwand kommt. Bei ELEMENT OF CRIME, der so bodenständigen wie tiefenentspannten Berliner Rock-Institution, kann man sich solche Schwelgereien getrost schenken - so unglamourös, ja lakonisch fällt dieses, wie man so sagt, "abendfüllende Kinowerk" aus. Und das ist verdammt gut so, passt es doch perfekt zur Musik und zur Karriere von ELEMENT OF CRIME, der (zumindest für diesen Reviewer) besten deutschsprachigen Popgruppe der vergangenen drei Dekaden.
Kein Geringerer als Charly Hübner, einer der beliebtesten Schauspieler des Landes, zunehmend auch hinter der Kamera tätig ("Wildes Herz" von 2017, "Sophia, der Tod und ich" von 2023) und seit langem Fan/Freund der Band, nahm sich der Aufgabe an, <a href="https://www.ardmediathek.de/video/ttt-titel-thesen-temperamente/charly-huebners-dokumentarfilm-ueber-element-of-crime/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3R0dCAtIHRpdGVsIHRoZXNlbiB0ZW1wZXJhbWVudGUvZjE5YjI1NWItZGE0OC00Y2Q5LThkNzItYTA2MzQxZDU4Zjdk" target="_blank" rel="nofollow">diese so herrlich knorrigen Musiker zu porträtieren</a>. Den Kern der Band bilden seit fast 40 Jahren der geniale Texter Sven Regener (Gesang, Gitarre, Trompete), Jakob Ilja (Gitarre) und Richard Pappik (Schlagzeug, Mundharmonika).
Also kommen diese drei mit Würde gereiften Männer hier in unaufgeregten, sympathischen Hübner-Interviews zu Wort, es werden wacklige Bilder aus lange vergangenen Zeiten eingestreut (Regener als junger Wilder!), vor allem aber sieht man die aktuelle Besetzung von ELEMENT OF CRIME (ergänzt um Markus Runzheimer am Bass, Ekki Busch am Akkordeon und Rainer Theobald an Saxophon und Klarinette) bei der Arbeit - im Konzert.
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Oder, besser gesagt: in gleich fünf Konzerten, denn Hübner führte die Band vom 21. bis zum 25. August 2023 durch fünf Berliner Stationen ihrer langen Laufbahn - vom kleinen "Privatclub" (Kapazität: 200) über das mittelgroße "Lido" (500), den legendären Kreuzberger Punk-Schuppen "SO 36" (800) und den noblen "Admiralspalast" (1800) bis zur großen Open-Air-Location "Zitadelle Spandau" (9000). Alle Gigs selbstverständlich, wie eigentlich immer bei ELEMENT OF CRIME, pickepackevoll ausverkauft - und, dem Song- und Albumtitel zum Trotz, unbeschreiblich herzerwärmend.
Denn diese Band, die Mitte der 80er aus der Postpunk- und Jazz-Szene der damaligen Mauerstadt hervorkroch, um nach vier englischsprachigen Alben mit fabelhaften deutschen Texten als eine Art Folkrock-Chansonpop-Kombo endlich den verdienten Erfolg einzufahren, ist bei aller Bierruhe und (mittlerweile) Berechenbarkeit ein Live-Phänomen mit perfektem Gespür und großer Liebe für ihr Publikum. "Sie feiern den Moment und aus allen Momenten dieser Liebe, Wärme und Härte entsteht ihre Musik, die Kunst aller Künste, die sie von Bluenote bis Mariachi uns schenken bis der Winter kommt", schreibt der Metal-Fan Hübner trefflich in seinen staunenden Album-Linernotes.
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Der seit Anfang Oktober in ausgewählten Kinos laufende Dokumentarfilm lohnt sich also mit Gewissheit - das praktisch zeitgleich erschienene Soundtrack-Album nicht minder. Mit "Nightmare" und "Moonlight", beide am zweiten Tag der Berlin-Tour im "Lido" aufgenommen, tauchen zwei schöne Songs aus der Frühphase der "Elements" in der Setlist auf, bei "Immer nur geliebt" singen als Gäste Florian Horwath und Tobias Bamborschke (Isolation Berlin) mit. Ein umjubelter Live-Querschnitt durch gut 30 Jahre deutschsprachiger Musik auf höchstem Niveau, von "Geh doch hin" und "Vier Stunden vor Elbe 1" (1991) bis zu "Alles In Ordnung" und "Morgens um vier" (2023) aus dem auch hier abgefeierten jüngsten Album.
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FAZIT: Melancholisch, urkomisch, sentimental, schnoddrig - so sind ELEMENT OF CRIME, die Hauptstadt-Heimat-Chronisten um den großen Songpoeten Sven Regener. Wunderbar sympathische, auch skurrile Typen, wie der jetzt ins Kino gekommene Film "Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin" zeigt. Und eine überragende (Live-)Band, wie der gleichnamige Soundtrack beweist. "Höre eine Element Of Crime Platte - und dir wird warm und farbig", sagt Regisseur Charly Hübner in Anspielung auf seinen Film-Titel. Mögen Regener & Co. also bitte noch lange so weitermachen, als liebenswerte Tagträumer und Nachtschwärmer zwischen Ku'damm, Schlesischem Tor und Müggelsee.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.10.2024
Markus Runzheimer
Sven Regener
Jakob Ilja, Sven Regener
Richard Pappik
Sven Regener (Trompete), Richard Pappik (Mundharmonika), Ekki Busch (Akkordeon), Rainer Theobald (Saxophon, Klarinette)
Vertigo/Universal
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27.09.2024