Das Thema Israel/Palästina ist seit jeher vor allem in Deutschland ein heißes Eisen, bei dem allzu schnell allzu gerne die Nazi-Keule geschwungen wird, sobald der Staat Israel in irgendeiner Weise kritisiert wird. Umso schöner ist es da, dass HELEM durchaus einen kritischen Blick auf das zionistische Regime in ihrer Heimat werfen (nachzulesen u.a. <a href="https://www.ox-fanzine.de/interview/helem-10024" target="_blank" rel="nofollow">in diesem Interview</a>mit dem OX-Fanzine). Andererseits sind Parallelen zwischen dem Holocaust und der aktuellen Situation in Israel durchaus kritisch zu betrachten, womit HELEM zumindest für Gesprächsstoff sorgen dürften („Can’t Compare“).
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Davon abgesehen ist es lobenswert, dass sämtliche Songtexte von „Black Sheep“ in der englischen Übersetzung auf dem Lyric-Sheet dieser LP verewigt wurden. So lassen sich die Inhalte der hebräischen gesungenen Stücke deutlich leichter aufdröseln. Dabei sprechen Titel wie „A.C.A.B“ eine deutliche Sprache, aber auch auf die grassierende Armut in Israel, aufgrund des politisch-gesellschaftlichen Systems werfen die Musiker einen kritischen Blick („Another Day“).
In Anbetracht des nervenaufreibenden Potenzials welches das Leben in einer zerrütteten Gesellschaft mit sich bringt, verwundert die Aggression, mit der HELEM zu Werke gehen, zu keiner Zeit. Hier geht’s schnörkellos und mit reichlich Straßen-Attitüde zur Sache, sodass sich Titel wie „Live Fast X Die Wasted“ durchaus wie ein Statement, fast sogar wie ein Lebensmotto lesen.
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Die authentische Aggression, die in jedem Song zum Vorschein kommt, verwundert also kaum.
HELEM spielen Musik für den wütenden Mob, verstehen sich als Kämpfer für Freiheit und Frieden, wobei ihr Weg in diesem Kampf eben der des rauen Straßenpunks ist. In ihrer Musik gibt’s gehörig auf die Kauleiste, allerdings wissen speziell das Feintuning und die Melodieliebe in der Gitarrenarbeit vom Fleck weg zu fesseln.
Hier wird klar, dass die Musiker ihre Instrumente bestens beherrschen und nicht nur auf die 'Stumpf ist Trumpf'-Karte setzen.
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Im Gegenteil: Trotz aller Aggression, trotz der typischen Elemente wie Ohohoh-Chören und auf den ersten Blick simpler Riffs zeichnet sich u.a. das Schlagzeugspiel durch zahlreiche Breaks und kleine Kniffe aus, die in jedem Song für immer neue Momente genauen Zuhörens sorgen. Dieses spielerische Feintuning wird schon im erbarmungslosen Opener „We’re Here“ deutlich, denn trotz Vollgasmodus, gibt’s gerade zu Anfang einige interessante Gitarrenkniffe, die im Rahmen eines Hardcore Punk-Albums durchaus aufhorchen lassen.
Dass HELEM darüber hinaus niemals wirklich melodiemüde werden, beschert dem Hörer einige Ohrwürmer der harten Sorte und macht „Black Sheep“ zu einem sehr guten Hardcore-Punk-Album, das sowohl in Sachen Musik als auch in puncto Text eine klare Sprache spricht.
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FAZIT: HELEM wirken in ihrer Wut über die Missstände in ihrem Heimatland Israel authentisch, sorgen damit aber auch für Gesprächsstoff. Für Freunde von aggressivem Hardcore-Punk ist „Black Sheep“ aber auf alle Fälle ein interessantes und musikalisch sehr gut gemachtes Album, das noch dazu mit einem erstklassigen Sound und einem ästhetischen (je nach Betrachtungsweise schönen, oder weniger schönen) Artwork daher kommt. Musikalisch eine klare Empfehlung wert.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.02.2024
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