Zurück

Reviews

Inga Rumpf & Friends: Live At Rockpalast 2006

Stil: Progressive-, Kraut- und Blues-Rock

Cover: Inga Rumpf & Friends: Live At Rockpalast 2006

INGA RUMPF! Erst Sängerin der CITY PREACHERS und dann der legendären ATLANTIS und FRUMPY – zweier Bands, die in den 70er-Jahren der Bundesrepublik Deutschland (Kraut-)Rockgeschichte schrieben. Die Frau hatt(e) eine Röhre, die ihr völlig berechtigt immer wieder Vergleiche mit einer JANIS JOPLIN einbrachte. Sie verstand und besingt sich als der „Rock'n'Roll Preacher“, der eben über eine Zeit predigt, die definitiven zu den goldenen Jahren des Rocks zählen – also die 60er/70er-Jahre – und die leider heutzutage tatsächlich Vergangenheit sind. Zumindest wenn man sein Radio oder das Fernsehen anschaltet und sich fragt, warum man eigentlich so gut wie keine Musik der guten alten (aber auch gegenwärtigen) Rockpalast-Zeiten hört, die schließlich mal Millionen von Musikfreunden begeistert hat. Eben solche Musik wie von ATLANTIS oder FRUMPY. Stattdessen will man uns mit Silbereisen und Co. tatsächlich weismachen, dass man in unserem Alter nur noch auf Schlager- und Volksmusik-Scheiß abzufahren hat. Unfassbar!
Schon allein diese Art der Musik(un)kultur-Verbreitung zu den besten Sendezeiten seitens der Öffentlich-Rechtlichen ist Grund genug, sie endlich abzuschaffen statt mit Zwangsgebühren am degenerierten, kleingeistigen Rollator-Leben zu erhalten.
<br><center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/jvA62El_I9M?si=tw9oLAiJMXdqO2xs" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></center></br>

Da muss man tatsächlich auf die digitalen Tonträger zurückgreifen, die uns eben den Rockpalast direkt ins Haus bringen – und einen mit solchen Konzerten wie diesem von INGA RUMPF aus Anlass ihres 40. Bühnenjubiläums im Rahmen des Crossroads Festivals am 20. Oktober 2006 im WDR Rockpalast „Live At Rockpalast 2006“ (DVD + CD + 12-seitiges Booklet) und ihrer gigantischen Band, bezeichnet als & FRIENDS, näherbringen, wobei auch super ist, dass die Chefin auf der Bühne, die gerne auch mal die „It's A Man's World“ aufleben lässt, zu jedem Song ausführliche und informative Ansagen macht, bei denen sie immer zugleich den Song der jeweiligen Zeit und Band, in der er entstand, zuordnet.
Keine ihrer ersten drei Bands bleibt hierbei unberücksichtigt, wobei FRUMPY im Mittelpunkt steht – und damit auch ein weiterer 'Freund', der sie an diesem Abend begleitet und den sie immer wieder – im Interview wie auf der Bühne – besonders erwähnt.
<br><center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/eP5u4UBdq2c?si=TotZkrNA2z5ZEQ7S" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></center></br>

Trotz aller Legendenbildung und allem diesbezüglichen Status einer Ikone namens INGA RUMPF muss man bei diesen Rockpalast-Aufnahmen allerdings manchmal feststellen, dass die 'The Voice'-Rumpf bei dem Auftritt im Rahmen ihres 40-jährigen Bühnenjubiläums stimmlich nicht durchgängig die Strahlkraft verbreitet, wie es ihr in den 70ern bei FRUMPY und ATLANTIS gelang. Nicht wirklich jeder Ton sitzt hier und auch ihr rau-voluminöses Organ stößt nach so vielen Live-Jahren an Grenzen. Gern erinnert man sich an die frühen Zeiten (Legt vielleicht noch einmal seine alten FRUMPY-Scheiben auf, die hoffentlich nicht im Plattenschrank verstauben!), um darin zu schwelgen, aber anno 2006 verblassen diese ein wenig, was leider auch bei dem absoluten FRUMPY-Kulttitel „How The Gipsy Was Born“ nicht gänzlich zu überhören ist (trotz deutlich mehr Hall auf dem Mikro), so sehr sich auch ihre fantastischen musikalischen Begleiter – allen voran JEAN-JACQUES KRAVETZ, der sie bereits bei FRUMPY und ATLANTIS begleitete, gar gemeinsam mit ihr eine Vielzahl der Songs schrieb, und dann eine ganz große Nummer auch bei UDO LINDENBERG oder PETER MAFFAY wurde – bemühen, mit ihren Retro-Sounds und fetten Orgel-Passagen das 70er-Jahre-Krautrock-Gefühl wiederaufleben zu lassen.

Im Gunde wird während des anderthalbstündigen Konzerts – trotz all der riesigen Sympathiewerte für die Sängerin – JEAN-JACQUES KRAVETZ spätestens nach dem Orgel-Zwischenspiel (ein JON LORD und RICK WAKEMAN lassen grüßen) von „How The Gipsy Was Born“ zum geheimen Star des Konzerts, der zudem auch mehrfach euphorisch vom Publikum bejubelt wird.

Bei der CD-Ausgabe des Konzerts wurden aus Kapazitätsgründen alle Ansagen und das ausgiebige Applaudieren des Publikums entfernt, wobei trotzdem alle Songs untergebracht werden konnten. Zudem enthält die DVD zusätzlich noch das etwa siebenminutige Interview mit INGA RUMPF unmittelbar vor dem Konzert sowie eine wirklich sehr gute Slideshow voller historischer wie aktueller Bilder und den zehn Minuten langen Kurzfilm „Live At Feuerschiff, Hamburg 2005“, bei dem zusätzlich noch ein Saxophonist wortwörtlich mit an Bord ist.

Insgesamt auf jeden Fall eine auch von der Song-Auswahl absolut gelungene Musik-Zeitreise durch 40 Jahre INGA RUMPF-, ATLANTIS- und FRUMPY-Geschichte, die sich gewaschen hat und garantiert dazu beiträgt, sich mal wieder in der guten alten Krautrock-Zeit zu verlieren, die – um es mit INGA RUMPF auszudrücken – noch echt handgemacht ist.
<br><center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/-BGmYsIcgHs?si=jclNRCGVgXCSv21g" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></center></br>

FAZIT: Der 'Rolling Stone' verpasste ihr den ehrwürdigen Titel der „einzigen Rock-, Soul- und Gospelsängerin von Weltklasseniveau aus Deutschland“ (und vergisst dabei leider eine Angelika Weiz und Uschi Brüning aus der DDR). Aber dass INGA RUMPF besonders durch ihre musikalische Vergangenheit bei ATLANTIS und FRUMPY diesem Titel alle Ehre macht, ist unbestritten, was sie aus Anlass ihres 40. Bühnenjubiläums im Rahmen des Crossroads Festivals am 20. Oktober 2006 im WDR Rockpalast präsentiert, wobei besonders JEAN-JACQUES KRAVETZ an der Orgel Unglaubliches leistet, was dann in der FRUMPY-Nummer „How The Gipsy Was Born“ seinen absoluten Höhepunkt findet. Schon darum wird „Live At Rockpalast 2006“ (DVD + CD + 12-seitiges Booklet) mit INGA RUMPF & FRIENDS zu einem unverzichtbaren (Kraut-)Rockzeitzeugnis, der Extraklasse, selbst wenn die extreme Rock-Röhre von INGA RUMPF nicht mehr ganz so rotzig wie in den Siebzigern klingt.

Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.06.2024

Tracklist

  1. <b>CD</b> (76:04):
  2. Let's Get On The Road Again
  3. Get On Board
  4. Rock'n'Roll Preacher
  5. Indian Rope Man
  6. Friends
  7. It's A Man's World
  8. Undercover Agent For The Blues
  9. Come And Go
  10. No Cross – No Crown
  11. How The Gipsy Was Born
  12. Goin' To The Country
  13. Backwater Blues
  14. My Life Is A Boogie
  15. <b>DVD</b> (120:00):
  16. Let's Get On The Road Again
  17. Get On Board
  18. Rock'n'Roll Preacher
  19. Indian Rope Man
  20. Friends
  21. It's A Man's World
  22. Undercover Agent For The Blues
  23. Come And Go
  24. No Cross – No Crown
  25. How The Gipsy Was Born
  26. Goin' To The Country
  27. Backwater Blues
  28. My Life Is A Boogie
  29. <i>Bonus:</i>
  30. In The 25th Hour
  31. Backstage Interview
  32. Slideshow
  33. Live At Feuerschiff, Hamburg 2005

Besetzung

  • Bass

    Thomas Biller

  • Gesang

    Inga Rumpf

  • Gitarre

    Inga Rumpf

  • Keys

    Jean-Jacques Kravetz, Joe Dinkelbach, Matthias Pogoda

  • Schlagzeug

    Helge Zumdiek

Sonstiges

  • Label

    MIG music

  • Spieldauer

    CD – 76:04 / DVD – 120:00

  • Erscheinungsdatum

    26.04.2024

© Musikreviews.de