Die – nennen wir sie mal anfangs etwas befremdlich wirkende – deutschsprachige Jazz-(Dream-)Pop-Musik von JACQUES PALMINGER UND 440 HERTZ sollte unter der Kategorie 'Eigenartig und Seltsam' eingeordnet werden und darf darum für die Einen als spannende Entdeckung und für die Anderen als kruder (kosmischer) Kram, den man sich sparen kann, angesehen werden. Noch dazu sollte man als optisch veranlagter Zeitgenosse in puncto Covergestaltung von LP- und Innenhülle sowie Vinyl-Labelung unbedingt die Farbe 'Lila' lieben!
Schon diese Voraussetzungen machen Musik erst richtig spannend und stellen natürlich auch für jeden Musikkritiker eine Herausforderung dar.
Empfehlen oder zerreißen?
Ganz klar: Unbedingt empfehlen!
Oder wir dürfen auch gerne mit auf die Ausführungen des Promo-Schreibens springen, das von einem „schaumhaften Bouquet jazzaktiver Hits für genussbegabte, melodieverliebte Menschen“ spricht und das Album als „wundervoll leichte Musik mit wundersamen Texten“, die „ein eigenes Genre, eine Reise zu den Sternen, von Hammerbrook bis zu den Plejaden“ beschreibt.
Wer sehnt sich schließlich nicht nach den Sternen?
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JACQUES PALMINGER UND 440 HERTZ auf jeden Fall.
Und deshalb wird „Die Sehnsucht der Sterne“ zu einer deutschsprachigen Jazz-Reise voller kosmisch entspannter Pop-Klänge, die von eigenartigen poetischen Texten, die allerdings grundständig auf dem Boden bleiben und nicht in puren Dadaismus ausarten, begleitet werden: „An den Sonnenstrahlen hänge ich meine Tränen zum Trocknen auf / Dann schwebe ich wie eine Seifenblase durch den Tag...“
Natürlich schweben wir mit und verspüren, wenn wir uns erstmal an den seltsamen Sprech-Singsang und die oft gesprochenen Texte gewöhnt haben, sehr viel Freude dabei, denn schließlich wissen wir, kurz bevor die LP-A-Seite endet, dass wir beispielsweise auf keinen Fall ein Roboter (Bestens an KRAFTWERKs „Die Roboter“ angelehnt!) sein dürfen, denn: „Wir sind Beach Freaks, Beachfreaks / Gestrandet an den Ufern der intergalaktischen See.“
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Ähnlich ironisch abgedreht und unterhaltsam geht es dann auf der LP-B-Seite weiter, doch auf die Dauer wird die getragene Grundstimmung des Albums allerdings etwas langweilig. Vielleicht weil man intensiver den metaphysischen Texten – mal gesprochen, mal gesungen – folgen soll, die sehr weit ausladend sind und sehr viel Raum auf der LP für sich einnehmen, um dann in der galaktisch-gigantsich-verschrobenen Feststellung zu enden: „Die Menschen verstehen das nicht. Sie denken, wir stehen unter einer fremden Macht. Aber irgendwann werden sie sich öffnen für die Geheimnisse der Musik. Dann werden sie begreifen, dass wir glücklich sind, weil wir uns berühren lassen vom Geist der Sterne.“
Wie gesagt: 'Eigenartig und Seltsam'!
FAZIT: Sie sehnen sich und suchen nach den Sternen und beschreiben diese musikalische Suche in ihren eigenen Songs als transzendente Jazz-Musik und greifen dabei auf offensichtliche (Dream-)Pop-Elemente der Neuen Deutschen Welle zwischen KRAFTWERK und den 'dreiklangdimensionierten' RHEINGOLD zurück. So wird „Die Sehnsucht der Sterne“ von JACQUES PALMINGER UND 440 HERTZ zu einer seltsamen kosmischen Jazz-NDW-Pop-Reise bzw. 'ein schaumhaftes Bouquet jazzaktiver Hits für genussbegabte, melodieverliebte Menschen', in denen eigenartige, schwer metaphysisch angehauchte deutsche Texte mal sprechend oder mehrsprachig singend vorgetragen werden. Ein Blick in die Musikzukunft, die seltsamer kaum aussehen kann.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.09.2024
John Raphael Burgess
Jacques Palminger, Lydia Schmidt, Richard von der Schulenburg, Olve Strelow
Lydia Schmidt, Richard von der Schulenburg
Olve Strelow
Lieven Brunckhorst (Saxophone und Flöten), Bernd von Ostrowski (Vibraphon), Friedrich Paravicini (Streicher)
Hanseplatte/Misitunes
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30.08.2024