<b>„Man könnte sagen, Meditation ist das ultimative Gedankenspiel. Diese sehr abstrakten Interpretationen werden Ihnen hoffentlich dabei helfen, Ihr 'Innerverse' zu erforschen. Ich war sowohl begeistert als auch überrascht, als UMG sagte, dass sie eine Vinyl-Edition machen wollten. Dieser Teil des `Mind Games´-Projekts hat sich spontan entwickelt und fühlt sich an, als wäre er mit genau der richtigen Menge an guten Vibes und Feenstaub bestreut.“</b> (Sean Ono Lennon)
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Liebe Fans von JOHN LENNON!
Jetzt müsst ihr ganz stark sein. Denn mit „Mind Games – Meditation Mixes“ erwartet uns von unserem 1980 ermordeten Helden ein ähnlich – nennen wir es mal 'seltsames' – Album wie das in gewisser Weise doch sehr gruselige, weil musikalisch oder geräuschtechnisch undefinierbare „Unfinished Music No. 1: Two Virgins“, welches im Grunde nur eine Geräusch- und Stille-Atmosphäre verbreitete, wofür man aber mit <a href="https://www.johnlennon.com/music/albums/unfinished-music-no-1-two-virgins/" target="_blank" rel="nofollow">dem außergewöhnlichsten Lennon-Album-Cover entschädigt wurde, auf dem er und seine Yoko sich im reinen Adam- und Eva-Kostüm (und sogar ohne jegliche Blätter vor den Geschlechtsteilen)</a> präsentierten.
Nun also überrascht uns „Mind Games – Meditation Mixes“, genau wie im Untertitel angekündigt, mit (esoterisch anmutenden) meditativen Mixen (produziert von Lennons Sohn Sean Ono Lennon), die das Innere des Hörers ansprechen, beeinflussen und mobilisieren sollen, wobei immer wieder Motive <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2024/John-Lennon/Mind-Games-Ultimate-Collection-50th-Anniversary-Doppel-LP-Set/" target="_blank" rel="nofollow">aus Lennons 1973er-Kultwerk „Mind Games“</a> (manchmal auch mit Gesang) auftauchen und als eine Art Räucherstäbchen-Mix zum mentalen Abheben kreiert werden.
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Doch bevor man die 3-LP-Edition aus der eingeschweißten Zellophan-Folie entfernt, sollten die echt akribischen Sammler ein paar unabdingbare Vorbereitungen treffen, nachdem sie vorsichtig den großen, durchsichtigen Aufkleber von der Frontseite entfernt haben, um ihn danach (am besten im Inneren der dreiflügeligen LP wieder einzukleben, was bestens funktioniert).
Nun gilt es nämlich, sich aus seinen Corona-Beständen die hygienischen Handschuhe überzustreifen.
Warum?
Nicht um die Platte vor Viren, sondern vor den eigenen Fingerabdrücken zu schützen, bevor man diese wieder in eine entsprechende Schutzhülle aus dem Eigenbedarf geschoben hat. Denn die gesamte LP glänzt im schönsten Spiegelkarton-Silber, das aber – sowie man mit 'nackten' Fingern darauf greift – sofort fettige Fingerabdrücke verpasst bekommt. Da kann man seine Hände so viel waschen wie man will, das Fingerabdruck-Ergebnis bleibt immer dasselbe.
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Sind diese Vorkehrungen also getroffen, darf man endlich aus den drei LP-Taschen die LPs mit wiederum wellenbedruckten Innenhüllen entnehmen, wobei man keine Vorsicht mehr walten lassen braucht. Sicher werden dann auch die Vinyl-Freunde überrascht oder erfreut oder verärgert sein, wenn sie alle drei LPs als kristallklares 180g-Vinyl aus den Hüllen ziehen.
Der behandschuhte Kritiker jedenfalls ist beeindruckt.
Im Rahmen dieser „Mind Games – Meditation Mixes“ wurden unterschiedliche Soundtechniken angewandt, die direkt auf die Zwei-Zoll-Mehrspuraufnahmen von „Mind Games“ aus dem Jahr 1973 'überspielt' wurden, wobei Sean & Yoko mitunter ein paar zusätzliche Instrumentierungen beifügten. Alle neun Mixe sind extrem verändert, eben meditativ und esoterisch verlangsamt und verlängert (bis auf eine Laufzeit von 23 Minuten), wobei gleich vier Songs als binaurale Versionen präsentiert werden, welche sich angeblich auf verschiedene Arten von Gehirnwellen und Strömungen beziehen, da sie im Hirn einen Binaural-Beat auslösen, der als akustische Illusion entsteht, wenn das linke und das rechte Ohr zwei unterschiedliche Frequenzen hört.
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Herrje, werden jetzt einige denken: Das ist doch mehr Wissenschaft als Musik – und sie haben damit nicht wirklich unrecht.
Obwohl angeblich diese einzigartigen, bewusstseinsverändernden Sequenzen die musikalische Reise erhöhen, das Gefühl der Entspannung vertiefen und es den Nutzern ermöglichen, die Musik wie nie zuvor zu sehen, zu hören und zu fühlen.
Gut – in dem Moment ist der Kritiker eigentlich raus. Aber wenn er seine hochwertige Anlage richtig aufdreht und die Musik in sich fließen lässt, kann sich dieses Gefühl (vorausgesetzt man hat irgendwann schonmal den Versuch zu meditieren unternommen) durchaus einstellen.
Nur dass es dann auf der letzten LP-Seite völlig absurd wird: Hier entdeckt man tatsächlich 9 Mantras, allesamt 1,8 Sekunden lang, die sich Stück für Stück in einer Endlosschleife bewegen. Das bedeutet, wenn ich mir in unendlicher Länge 'Mantra 1' eingepfiffen habe und darüber wundere, ob die Platte einen Fehler hat, dann muss ich mich in der Erkenntnis, dass dies ja ein Endlosschleifen-Mantra ist, an den Plattenspieler begeben und die Nadel auf das zweite Endlosschleifen-Mantra legen und so weiter und so fort.
Sollte man dabei einschlafen, dann dudelt dieses OMinöse 1,8-Sekunden-Stück bis in alle Ewigkeit weiter vor sich hin...
...oder man schläft vielleicht doch einfach nur tief und fest ein und träumt von Lennons „Mind Games“-Original.
Allerdings sollte man auch in dieser Beziehung wissen, dass JOHN LENNON durchaus zu Lebzeiten und während des 1973er-Album etwas Ähnliches plante: Lennon vollendete seinen Song „Mind Games“ nämlich erst, nachdem er 1972 das Buch „Mind Games: The Guide to Inner Space“ von ROBERT MASTERS und JEAN HOUSTON gelesen hatte. Das Buch enthielt mehrere Übungen, die den Menschen helfen sollten, sich auf das Positive zu konzentrieren, indem sie nach innen schauen.“
Und diese Innenschau wurde nun in Lennons Geiste und dem seines Sohnes und seiner Frau zur Vollendung gebracht.
Hier braucht man wirklich keine Ohrenschützer – sondern nur ein paar hygienische Handschuhe.
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FAZIT: Harter (bitte ohne bewusstseinserweiternde Substanzen versetzter) Tobak für alle Fans von JOHN LENNON und ganz speziell seinem bewegenden Song „Mind Games“ aus dem Jahr 1973. Denn diesmal soll mit dem 3-LP-Set „Mind Games – Meditation Mixes“ ausschließlich über unsere Ohren das Bewusstsein auf meditative wie binaurale (wenn das linke und das rechte Ohr – wie früher bei der Kunstkopfstereofonie – unterschiedliche Frequenzen wahrnehmen) Weise erweitert werden, wozu der Song gleich in neun unterschiedlichen Ausführungen dient. Der Hörer, der sich am besten vorm Hören in die OM-Position bringt, bekommt so ein langsam und meditativ verzerrtes „Mind Games“-Motiv von berauschender (Schönheit würde man hier wohl besser nicht sagen...) Qualität geboten, wobei (in den besten Momenten) mitunter geisterhaft Lennons verhallte Stimme auftaucht. Das alles kommt zudem in einer ganz edlen LP-Verpackung daher, die man dank ihrer silbernen LP-Taschen am besten nur mit Handschuhen berührt. Im Grunde dürfte man aber auch mit diesem Album so eine Art „Unfinished Music No. 2“ für alle Meditationsexperten sehen, die dieses von Lennons Sohnemann Sean produzierte Album für ihre totale Tiefenentspannung auswählen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.10.2024
John Lennon
John Lennon, Sean Ono Lennon, Yoko Ono Lennon
Calderstone/Universal Music Recordings
104:42
11.10.2024