LOCRIAN wirken auf „End Terrain“ wie ein amorphes Klangkonstrukt, das den Niedergang der Welt, der Natur, des Menschen und die daraus resultierende Müllhalde namens Welt zu vertonen versucht. Am einfachsten als Post-Rock zu klassifizieren, mäandert das Trio durch eine Vielzahl von kleinteiligen Stimmungen, die letzten Endes immer am Punkt der Hoffnungslosigkeit enden.
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Egal ob die beiden „Drone vs. Melodie“-Zwischenspiele „Umwelt“ und „Innenwelt“ gleichsam schön und doch nervenaufreibend wirken, oder ob sich eine Post-Rock-Depression wie „The World Is Gone, There Is No World“ leichten Fußes durch das spröde Musikunterholz schlängelt: LOCRIAN klingen zu jeder Minute ernsthaft lebensmüde, was den ein- oder anderen psychedelischen Farbtupfer in ihren Songs umso interessanter macht (man höre u.a. das improvisiert wirkende „Excarnate Light“).
Diese weitläufigen Sci-Fi-Sounds können dabei aber nur marginal darüber hinwegtäuschen, dass LOCRIAN immer wieder mit Tendenzen in Richtung vertonter Gummizelle aufwarten.
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Einer der Beweise dafür nennt sich „In The Throes Of Petrifaction“, klingt anfangs wie der Abgas-Entlüfter eines Raumschiffs, bevor sich elektronische Momente aus dem Umfeld des PINK FLOYDschen Äthers mit depressivem Gebrüll und Drone-Rauschen vermischen. Hinten raus darf der elektronische Beat (oder das extrem verzerrte Schlagzeug) im Dauerfeuer bolzen, ehe erneut vertrackte Ruhe einkehrt.
Verwundert es angesichts dieser vertonten Stresssituation, dass der Abschlusstitel von der Zeit nach einer Auslöschung fantasiert?
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Nein, ganz und gar nicht. Auch deshalb nicht, weil auf „End Terrain“ der Name Programm ist und die Band sicher nicht im Sinn hatte Tulpenfelder und Sonnenblumen zu vertonen. Allerdings: Das Blumenbild ist angesichts des einkehrenden Pomps gar nicht so unpassend. „After Extinction“ klingt, seinem Titel entsprechend, wie ein kleiner Neuanfang. Die Stimmung, welche insbesondere durch das Gitarrenspiel aufbereitet wird, wirkt heller, fast so, als würde hier der erste Frühlingsmoment nach dem Winterfrost vertont.
Am Ende sorgt zwar das verzweifelte Geschrei dafür, dass der Frühling doch wieder im Keim erstickt wird, denn ein lebensfroher Geist schreit nicht im seelischen Todeskampf umher, aber es wurde auch schon deutlich gehässiger und räudiger gestorben.
Daher lautet das…
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FAZIT: LOCRIAN bohren mit „End Terrain“ ein schweres Post-Metal-Brett, das von einer feinen Maserung progressiver Schlenker und dröhnender Electronica durchzogen ist. Aus den Ritzen des frisch geschnittenen Werkstücks tropft zähflüssiges Harz, das den Duft seelischer Pein, emotionaler Grausamkeit und schwindendem Lebenswillen versprüht. Dass der Blick in manch lichtem Ruhemoment doch gen Sternenzelt wandert, zeugt aber davon, dass LOCRIAN immerhin keine totalen Schwarzmaler sind (diese Haltung spiegelt sich außerdem auch im abstrakten, möglicherweise Epilepsie verursachenden Artwork wider).
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.05.2024
Terence Hanum, Erica Burgner-Hannum
André Foisy
Terence Hanum
Steven Hess
Terence Hanum (Synthesizer, Electronica), Steven Hess (Electronica), Gordon Withers (Cello)
Profound Lore Records
40:49
05.04.2024