<b>„That’s what art is. It’s engagement, community. I believe more than anything in getting together with people and listening to music and conversing. Music is the only way I’ve ever built community.“ (Das ist es, was Kunst ausmacht. Es ist Engagement, Gemeinschaft. Ich glaube mehr als alles andere daran, mit Menschen zusammenzukommen, Musik zu hören und sich zu unterhalten. Musik ist der einzige Weg, über den ich jemals eine Gemeinschaft aufgebaut habe.)</b> (Madeleine Peyroux über ihr neues Album "Let's Walk")
In einem Jahr, das die schon lange nicht mehr Vereinigten Staaten von Amerika vor den Abgrund einer weiteren Präsidentschaft des Möchtegern-Diktators Donald Trump führt, ist ihre Stimme besonders wohltuend. Engagement und Gemeinschaft, das Zusammenkommen von Menschen und die edle, verbindende Kraft der Musik - es hat ein bisschen 70er-Jahre-Hippie-Flair, was MADELEINE PEYROUX im hier vorangestellten Zitat über ihr neues Album "Let's Walk" erzählt. Auch Songtitel wie "Find True Love", "How I Wish", "Blues For Heaven" oder "Take Care" könnten naiv wirken - bei dieser US-amerikanischen Jazz-Sängerin hingegen spürt man vor allem pure Empathie und innere Harmonie.
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Und dann noch on top diese wunderbaren Vocals! MADELEINE PEYROUX hat bekanntlich eine dieser markanten Stimmen, die man unter Tausenden sofort identifiziert: etwas rauchig, dezent sinnlich, auf ganz eigene Weise schön.
Dass die vor ziemlich genau 50 Jahren geborene Vokal-Stilistin auch eine herausragende Songschreiberin ist, haben viele gar nicht so auf dem Schirm. Weil sie PEYROUX vor allem als Interpretin fremder Songs kennen - von altem Jazz und Blues auf ihrem Debüt "Dreamland" (1996) über Lieder von Allen Toussaint und Linton Kwesi Johnson bis zu feinstem Americana- und Songwriter-Stoff von Hank Williams, Bob Dylan, Elliott Smith, Tom Waits oder Leonard Cohen. Ihre einigen der letztgenannten Ikonen gewidmete, für viele Kritiker beste Platte <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2022/Madeleine-Peyroux/Careless-Love/" target="_blank" rel="nofollow">"Careless Love"</a> feiert gerade das 20-Jährige.
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Wie gut ihre eigenen Kompositionen sind, beweist MADELEINE PEYROUX nun erneut auf "Let's Walk". Zusammen mit ihrem langjährigen Kollaborateur Jon Herington (bekannt als Produzent und Sessionmusiker unter anderem für Steely Dan) hat sie zehn Songs mit Elementen von Jazz, (Seventies-)Pop, R&B, Gospel und Latin für ein höchst anspruchsvolles Easy-Listening-Vergnügen geschrieben.
Im funky groovenden "Please Come On Inside" hört man den Steely-Dan-Einfluss etwa im coolen Gitarren-Sound ganz gut heraus, in anderen Tracks wie "Blues For Heaven" (selbsterklärend!) oder dem gospeligen Titelstück geht es noch ein Stück weiter zurück auf dem musikhistorischen Zeitstrahl. Im französisch gesungenen "Et Puis" zeigt sich, warum die Stimme von PEYROUX - neben Billie Holiday, Ella Fitzgerald und Nina Simone - immer wieder auch mit Edith Piaf verglichen wird.
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"Let’s Walk" ist das neunte Album der Amerikanerin aus dem US-Bundesstaat Georgia - und ihr erstes seit sechs Jahren ("Anthem" erschien 2018), also auch ein Neustart nach den Tumulten der Trump-Regierungsjahre und der Pandemie. Insofern sei nach den vielen Cover-Alben das Schreiben von so appellativen wie hoffnungsvollen eigenen Songs zusammen mit Herington ein "Silberstreif" gewesen, heißt es auf der Website von MADELEINE PEYROUX.
Der Titelsong etwa hat einen ganz konkreten politischen Hintergrund - inspiriert von der massenhaften Mobilisierung für Bürgerrechte im Jahr 2020 auf der ganzen Welt. Auch die chansoneske Ballade "How I Wish" ist ein nobler Aufruf zur Humanität als Reaktion auf die Morde an George Floyd, Breonna Taylor und Ahmaud Arbery in den USA. Und im ergreifenden "Nothing Personal" thematisiert PEYROUX sexuelle Übergriffe.
Wer nun befürchtet, dass dies ein arg ernstes, vielleicht gar runterziehendes Album ist - keine Sorge, die Songs sind teils nachdenklich, aber nie depressiv. Und auch mal aufgekratzt lebensfroh wie das karibisch angehauchte "Me And The Mosquito", der coole Partly-Spoken-Word-Track "Take Care" oder das Piano-Swing-Stück "Showman Dan", das auch aus der Feder von Fats Domino stammen könnte. Insgesamt ist "Let's Walk" ein weiterer Nachweis der kreativen Unruhe und stilistischen Bandbreite von Madeleine Peyroux als Sängerin und Songwriterin - ein perfekter Einstieg in die mittlere Karrierephase dieser fabelhaften Musikerin.
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FAZIT: Eigentlich ist es piepegal, was MADELEINE PEYROUX singt - es klingt immer toll. Dafür sorgt schon ihre superbe Jazz-Stimme, die an große Vorbilder aus der US-Musikgeschichte erinnert, vor allem natürlich an Billie Holiday. Bekannt wurde die demnächst 50-jährige Künstlerin durch stilvolle, geschmackssichere Cover-Versionen - nun legt PEYROUX den Schwerpunkt auf eigene Songs. Und auch das gelingt ihr hervorragend. "Let's Walk" ist ein warmherziger Appell an die Menschlichkeit in teilweise unerträglich unmenschlichen Zeiten.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.06.2024
Paul Frazier, Jon Herington
Madeleine Peyroux, Catherine Russell, Cindy Mizelle, Keith Fluitt, Jon Herington
Jon Herington, Madeleine Peyroux
Andy Ezrin, Jon Herington
Graham Hawthorne
Stan Harrison (Klarinette), Jon Herington (Mandoline)
Just One Recording/Thirty Tigers/Membran
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28.06.2024