Wenn afrikanische Weltmusik auf fette funkige Bässe und soulig groovende Beats trifft, um dabei ein leidenschaftliches Lebensgefühl voller Lebensfreude und rhythmischem Elan zu entfachen, der einen sofort erwischt und nicht mehr loslässt, bis er jede einzelne Faser des Körpers durchgeschüttelt hat, dann etwa haben wir höchstens eine entfernte Vorstellung davon, welche grandiose Musik MANOU GALLO, die Bassistin (und singende Multiinstrumentalistin) von der Elfenbeinküste, auf ihrer LP „Afro Bass Fusion“ entfacht. Wer hier nicht mitgerissen wird, der lebt entweder auf einem anderen Planeten oder ist mit ewiger Taubheit gestraft.
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Denn nicht nur die Rhythmen und die wilden musikalischen Stil-Elemente, die sich aus World, Funk, Soul, Beats, Blues, R'n'B, Karibik-Jazz, Pop, Ethno, Rock, Folk und HipHop oder Rap generieren, sondern auch eine sound-technische Meisterleistung der Vinyl-Aufnahme, welche der Afro-Beat-Klangwelt den entsprechenden Druck und ein gigantisches Volumen verleihen, begeistern von der ersten Sekunde an – die mit dem Titelsong nicht besser hätte gewählt werden können.
Und selbst Freunde von ROBERT FRIPP werden sich bei den Album-Einstiegs-Takten an der Gitarre verwundert die Augen reiben.
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Bereits in den 1990er-Jahren startete MANOU GALLO ihre musikalische Laufbahn mit der Band WOYA, beteiligte sich an zahlreichen Theater- und Tanzgruppen und erlangte auch internationale Bekanntheit mit der belgischen Band ZAP MAMA, welcher sie gut sechs Jahre angehörte. Solistisch legte sie dann in Europa ihr erstes erfolgreiches Album „Afro Groove Queen“ vor, das man gerne vom Namen her als eine Eigencharakterisierung ihrer selbst bezeichnen kann, was durch den hier vorliegenden Nachfolger „Afro Bass Fusion“ noch deutlich verstärkt wird.
Doch auch vor knallharter Kritik an den politischen Zuständen ihres Landes und ihrer Zeit schreckt die Musikerin, die selber durchaus traumatische Erfahrungen zu verarbeiten hat, nicht zurück.
Auf diesem Album, für das sich die Bassistin fünf Jahre Zeit ließ, fusionierte sie tatsächlich ganz verschiedene Strömungen und sehr unterschiedliche Musiker, die sie reichhaltig begleiteten, miteinander: Afrobeat aus Nigeria, Rumba aus Zaire, Salsa aus Afrika und Makossa aus Kamerun (Tanzmusik, die besonders auf Latin, Jazz und traditioneller Rhythmik aufbaut und von MANOU GALLO ganz speziell in dem Song „Soul Makossa“ gewürdigt wird).
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All das Traditionelle verbindet dieser weibliche Bass-Wirbelwind dann mit der anglo-amerikanischen Klangvielfalt zwischen Funk und Soul sowie Jazz und Pop. Eine faszinierende Vereinigung, die sich in den insgesamt 15 mal längeren, aber auch ein paar extrem kurzen Songs vielfältig widerspiegelt.
Hier darf man darauf gefasst sein, dass kein Song wie der andere klingt oder dass Vorherseh- oder Berechenbares geschweige denn Langweiliges passiert. Auch sind die Texte oft besonders interessant, aber leider fehlen diese als bedruckte Innenhülle oder Textblatt – im Grunde der einzige Schwachpunkt dieser LP, die ansonsten auch durch eine gelungene Cover-Gestaltung überzeugt.
Ein Text wie zu dem Afro-Trap „Reveille-Toi Africa“ (Erwache Afrika) hätte unbedingt auch schriftlich auf der LP verewigt sein sollen, da die afrikanische Bassistin dazu selber feststellte: „In dem Text wird klar, dass alles, was ich in meinem Leben verwende, anderswo als in Afrika hergestellt wurde. Wir Afrikaner sind nur Verbraucher, keine Verarbeiter. Eine traurige Realität, wenn man darüber nachdenkt, denn es gibt so viel Talent in Afrika, das viel zu wenig eingesetzt wird.“
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Aus diesem Grunde zählen zu ihren großen Vorbildern, welche Einfluss auf die Bassistin und ihr aktuelles Album haben, vorrangig afrikanische Künstler wie der 1997 verstorbene Nigerianer Fêla Kuti oder der 2020 verstorbene kamerunische Saxophonist Manu Dibango und der 1989 verstorbene kongolesische Sänger Franco Luambo sowie die ivorische Sängerin Aïcha Koné und noch einige, in unseren Breiten gänzlich unbekannte, Musiker mehr.
Darunter auch eine ganz außergewöhnliche, eng mit MANOU GALLO verbundene Persönlichkeit: Der ivorische Produzent, Arrangeur und Musiker (Saxophonist) Marcelin Yacé, der im Alter von 39 Jahren 2002 während eine Putschversuchs, der in einem langen Bürgerkrieg eskalierte, kaltblütig beim Verlassen seines Studios erschossen wurde. Noch schrecklicher ist die Tatsache, dass eine extrem enge Verbindung zwischen den beiden bestand, da die Musikerin klarstellt: <i>„Im September 2002 wütet in Abidjan ein Aufstand, und in der ganzen Stadt kommt es zu zahlreichen tödlichen Zusammenstößen. Marcelin Yacé, <b>mein Adoptivvater</b>, ist eines der Opfer. Als er sein Atelier verlässt, wird er von Kugeln durchlöchert...“</i>
Mit dem politisch kritischsten Song „Mario Ma Lettre A Yace“ gedenkt sie ihrem Stiefvater nicht nur, sondern rechnet auch mit den untragbaren politischen Zuständen ab, indem sie ihre einzig wirksame 'Waffe' einsetzt: die Musik. Was so für PETER GABRIEL sein „Biko“ ist, wird für MANOU GALLO zu ihrem „Mario Ma Lettre A Yace“!
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Wohl auch geprägt durch ihren ehemals Saxophon spielenden Stiefvater, fließen in die Musik auf „Afro Bass Fusion“ eine Unmenge von Bläsern ein.
Bei den Trompeten lassen oftmals MILES DAVIS und LOUIS ARMSTRONG gleichermaßen grüßen, bei den weiteren Bläser-Fraktionen besonders CHICAGO und die ganze Stimmung entführt einen immer wieder in das SANTANA-Universum, bei dem alles zusammengeführt und um vielfältige Percussion erweitert wird.
Aber MANOU GALLO kann auch anders, wenn sie bei einem Song wie „Émotions“, bei dem Christian Mcbride mit zarter Bar-Jazz-Note zusätzlich den Kontrabass spielt, einen in die Welten von CLANNAD oder YOUSSOU N'DOUR entführt.
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Viel Gefühl vereint in einer Ballade, die der „Afro Bass Fusion“ eine verträumte Stimmung hinzufügt, die ebenso anziehend wie alle anderen deutlich druckvolleren Grooves wirkt.
Die tauchen dann allerdings sofort wieder in „Gou Bass“ auf. Ein Song, der kurz vor Album-Ende sich sogar dem Scratchen zuwendet und ein weiteres, in dem Falle sehr modernes Tanz-Flair verbreitet, das einen wiederum ordentlich durchrüttelt und schüttelt, daraufhin kurzfristig von dem 23-Sekünder „Roucascas“ mit Rap-Sprechgesang unterbrochen wird, um dann mit dem wilden „Kplolo Saka“, bei dem MANOU GALLO erneut gehörig in die Bass-Saiten schlägt, zu enden.
Zurück bleibt mit „Afro Bass Fusion“ nicht nur ein grandioses Album, sondern sicher auch ein rundum ziemlich geplätteter Hörer, der ein wahres transzendentales Musik-Erlebnis genießen durfte!
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FAZIT: MANOU GALLO, die Bass-Zauberin sowie singende Multiinstrumentalistin von der Elfenbeinküste, ist nicht nur als Mitglied von ZAP MAMA, sondern ganz speziell auch als die 'Afro Groove Queen' bekannt. Genau diesem Namen verleiht sie nunmehr mit ihrem aktuellen Album „Afro Bass Fusion“ die unangefochtene Königskrone, indem sie eine Vielfalt von Afrobeat und internationalen Rhythmen zu einer faszinierenden Melange vereint, die in der Musik-Szene ihresgleichen sucht, weil wir hier Afrobeat aus Nigeria, Rumba aus Zaire, Salsa aus Afrika und Makossa aus Kamerun sowie die anglo-amerikanische Klangvielfalt zwischen Funk und Soul sowie Jazz und Pop entdecken. Vereint und zusammengehalten durch einen fetten Sound und Rhythmen, die den Zauber besitzen, einen sofort mitzureißen. Doch neben all der Lebensfreude thematisieren die Texte auch die Schrecken und Probleme in und um Afrika. Mehr kann man als Hörer nicht erwarten – und mehr kann man als Musikerin nicht leisten, sodass es den einen Punkt Abzug nur wegen der fehlenden Textbeilage im Rahmen der LP gibt.
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Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.01.2024
Manou Gallo, Vanderstraeten Benoit
Manou Gallo, Hey Meka, Stefy Rica, Rossignol
Yannick Werther, Manou Gallo, Gnangny Kadja Philippe
Norman Peplow, Matthieu Vandenabeele, Michiel de Malsche, Vincent Bruyninckx
Japhet Boristhene, Patrick Dorcean, Dharil Denguemeo Edwin, Elyse Song
Ruben Hernandez (Trompete), Gaspar Gierse (Saxophon), David De Vrieze, Edouard Wallyn (Posaunen), Raphael Bley (Percussions), Christian Mcbride (Kontrabass)
Eigenvertrieb
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17.11.2023