<img src="http://vg02.met.vgwort.de/na/277eb20c6ad74fed970ff1079187d99c" width="1" height="1" alt=""> Unto Others, Tribulation, Pøltergeist… Die neue Gothic-Welle rollt weiter, und auf den ersten Blick scheinen auch NEW SKELETAL FACES darauf zu reiten, aber dass diese Vermutung falsch ist, erkennt man beim hören des jüngsten Albums der Amerikaner schnell: Sie orientieren sich an den ungeschlachten Vorreitern des Darkwave und angrenzender Stile… Nichts da, von wegen Rüschenhemden und Rotwein, hier trägt man speckige Lederjacken, und der Rotwein klebt allenfalls am Boden abgeranzter Punk-Clubs.
<center><iframe style="border: 0; width: 100%; height: 42px;" src="https://bandcamp.com/EmbeddedPlayer/album=703461912/size=small/bgcol=ffffff/linkcol=0687f5/transparent=true/" seamless><a href="https://peaceville.bandcamp.com/album/until-the-night">Until The Night by New Skeletal Faces</a></iframe></center>
Dabei liegen gut die Hälfte der Wurzeln der Musiker im Metal.Tremolo-Riffs, die sich relativ nah am Rand der Black-Metal-Spielkultur bewegen - höre insbesondere das rhythmisch abenteuerliche Klanggewitter 'Ossuary Lust' und das abschließende 'Raise the Dead', ein mehr oder weniger konservatives Cover der frühen Bathory - sind ein maßgebliches Gestaltungsmittel in den meisten Songs, wobei sich aggressive, verzweifelte Nummern mit verhältnismäßig zurückhaltenden abwechseln, ohne dass es je vorhersehbar wird.
Vielmehr haftet dem Material eine gefährliche Unberechenbarkeit an, was nicht zuletzt an den Vocals liegt: weitgehend unverständliche Worte, schrill gekräht, manisch und überspannt, was die Musik lediglich untermauert, besonders im hämmernden 'Zeitgeist Suicide', während des klagenden 'Wombs' und dem Titelstück, das mit Genre-typisch klingelnden Gitarrenakkorden und dominanten Basslinien ('Pagan War') Post Punk wie aus dem Lehrbuch ist. Einzig das knapp fünfeinhalbminütige und damit längste Stück 'Enchantment of My Inner Coldness' lässt sich in Anbetracht von Flüster-Parts und weniger krachigen Gitarren als halbwegs atmosphärisch bezeichnen.
Hervorheben darf man zudem die in diesem Stil programmatische Gleichförmigkeit der Dynamik. Die Songs zockeln jeweils in einem einzigen Modus vor sich hin, ohne allzu weiten Spannungsbögen zu folgen. Längere Intros oder überhaupt vorbereitende beziehungsweise retardierende Passagen sucht man mit der Lupe, so man es darauf anlegt. Andererseits haftet New Skeletal Faces kaum etwas von der Genre-gemäßen Monotonie an, die andere Szene-Acts leicht durchschaubar macht.
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Insofern ist die Band tatsächlich Punk im Sinne des Gefährlichen, Unberechenbaren. Und im Umkehrschluss sollte man keine plakativen Hits von ihr erwarten: unkommerziell, unbequem, vestörend - mehr Rudimentary Peni und Christian Death als The Cure oder Sisters of Mercy.
FAZIT: NEW SKELETAL FACES sind Death Rock mit Betonung auf Rock, wofür sich im Übrigen ein Produzent verbirgt, der wissen sollte, wie man extreme, finstere Musik klanglich in Szene setzt: Bill Metoyer, der unter anderem auch die jungen Slayer im Studio betreute. "Until the Night", der Nachfolger von "Celestial Disease" (2019), hat dabei wenig mit dem "kommerziellen" Revival von Gothic, Post Punk, Coldwave, New Wave und so weiter am Hut, sondern feiert diese Strömungen in ihrem embyrionalen Stadium in den frühen 1980ern: bewusst hässlich und anstößig - Dunkelheit als unausweichlicher Lifestyle anstelle einer Pose.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.10.2024
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Errol Fritz
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01.11.2024