<b>„Als wir anfingen, die jüngeren Fans im Publikum zu bemerken, wurde mir klar, dass es vielleicht doch nicht mein Schicksal ist, immer die gleichen Songs für die gleichen alten Ex-Pub-Rocker zu spielen. Plötzlich bekam die ganze Sache einen gewissen Schwung. So nach dem Motto: 'Moment mal, das ist ja wirklich was!'“</b> (Nick Lowe)
Es ist schon faszinierend, dass aus biologischer Sicht Musiker mit oder ohne Legendenstatus natürlich nicht ewig leben und irgendwann damit dran sind, ihr Instrument an den Nagel zu hängen oder ihre Stimme auf ewig verstummen zu lassen. Das gilt aber oftmals nicht für ihre Musik, die dauerhaft weiterlebt und deren Anhänger wie in einer Erbfolge einfach nachwachsen.
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Dieses 'Nachwachsen' funktioniert allerdings auch bereits noch zu Lebzeiten, was ganz offensichtlich einen NICK LOWE, der nicht nur als Singer/Songwriter, sondern zugleich als Produzent von ELVIS COSTELLO bekannt ist, dazu inspiriert hat, nach über einem Jahrzehnt gemeinsam mit THE LOS STRAITJACKETS und dieser LP zurückzukehren: „Als wir anfingen, wollten wir nur eine Show spielen. Wir dachten nicht wirklich daran, etwas aufzunehmen. Aber nach einer Weile begannen wir, ein Publikum anzuziehen – und zwar ein viel jüngeres.“
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Ja, so ist das zum Glück auch heutzutage noch, wenn man musikalisch nach 'der guten alten' Singer/Songwriter-Zeit mit oft folkig angehauchten Pop-Balladen, aber ebenso nach 50er-Jahre-Rockabilly klingt und sich natürlich auch der Einfluss eines ELVIS COSTELLO auf die eigene Musik bemerkbar macht.
Sogar das LP-Cover strahlt diese Atmosphäre aus, welche eben einen offensichtlichen Hang zu den guten alten 1950er-Jahren offenbart. Wer die LP kauft, kann bereits bei einem Blick auf das Cover erahnen, was ihn wohl dahinter erwartet. Und dass man als 75-jähriger Musikstratege sein Safari lieber nicht in der Wildnis, sondern hinter den eigenen vier Wänden durchführt, wird sicher jeder (auch jüngere) Hörer voll akzeptieren – genauso wie den spitzbübischen, ewig jung gebliebenen Humor des ehemaligen Rockabilly-Experten, der sich in den 70er-Jahren sogar zum maßgeblichen Vorreiter der britischen Pub- und Punkrock-Szene mauserte. Und all diese musikalischen Züge hört man nunmehr erneut auf „Indoor Safari“ von NICK LOWE & LOS STRAITJACKETS.
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Thematisch besingt Lowe das Alter genauso wie die Liebe und all die Erfahrungen, die man in beiden Bereichen anschaulich im Laufe der 75 Lebensjahre sammelt, wobei ihn die LOS STRAITJACKETS kongenial begleiten – eine innige Verbindung schon seit Ewigkeiten: „Die Los Straitjackets mögen alle Arten von Musik und sind sehr gute, aufgeschlossene Musiker, abgesehen davon, dass sie sehr angenehme Menschen sind. Und sie haben auch eine Art Punkrock-Ethos, genauso wie leider auch ich. Und so oft ich diesen auch abzustreifen versuchte, er lässt mich einfach nicht los!“
Übrigens verstecken sich die LOS STRAITJACKETS auf der Bühne hinter recht gruselig erscheinenden Gesichtsmasken (Können auf der bedruckten LP-Innenhülle – genauso wie in den ausgekoppelten Videos – bewundert werden!), während ihr musikalisches Können in keiner Weise gruselig, sondern nur extrem retro erscheint.
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Zudem achtet Lowe darauf, dass er auf dem aus 12 Songs bestehenden Album, das es gerade mal auf knapp 38 Minuten Spielzeit bringt, ordentlich fast alle Spielarten seiner langen Karriere miteinander vereint, indem er seine Singer/Songwriter-Ader mit Rockabilly, wozu bestens der Opener „Went To A Party“ passt, mit Pub-, Surf- und Garage-Rock, Wave, Folk sowie Americana vereint – getreu dem Motto: Die Mischung macht's. Dazu singt er mit altersrauer Stimme seine spannenden, nie ironiefreien Texte. Und so flott auch einige Songs sind, manchmal macht sich doch auf der LP eine gewisse (zu entspannt klingende) Eintönigkeit breit, selbst wenn sich „Different Kind Of Blue“ offensichtlich an BURT BACHARACH orientiert oder sich auch die eine oder andere Ohrwurm-Melodie einschleicht.
Ohne diesbezüglich hervorzustechen oder sich abzugrenzen passen sich auch die beiden Cover-Versionen „A Quiet Place“ und „Raincoat In The River“ in das Retro-LP-Gefüge ein, während Lowe mit „Love Starvation“ und „Trombone“ zudem zwei eigene ältere Songs neu aufarbeitete und in seiner ganz persönlichen „Indoor Safari“ mit unterbrachte.
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FAZIT: „Indoor Safari“ ist zwar bereits das 17. Album von NICK LOWE, aber auf dieses musste man fast 12 Jahre warten. Gemeinsam mit den LOS STRAITJACKETS, einer (ehemals) amerikanischen Pub-Punk-Rock-Band, spielte der 75-jährige Brite diese LP, welche wie eine Reise durch seinen eigenen langjährigen Musik-Kosmos vom Rockabilly über den Pub-Punk-Rock bis hin zum Singer/Songwriter geprägten Folk (im besten ELVIS COSTELLO-Stil) und Americana erstreckt. Hierbei klingt wie selbstverständlich auch ein wenig Altersweisheit mit durch, die man dem guten Nick, aber wirklich nicht übel nehmen kann, denn für ihn ist eben klar: „Ich fühle mich nicht wie 75! Aber ja, ich fühle mich älter, aber auf eine schöne Art und Weise“, sodass man als Kritiker auch Lowes eigenem Fazit zu „Indoor Safari“ zustimmen kann: „Ich habe das Gefühl, dass diese Platte ziemlich gut ist, und denke, es sind einige Stücke darauf, die wirklich fabelhaft sind.“
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Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.10.2024
Pete Curry
Nick Lowe, Eddie Angel, Chris Sprague
Eddie Angel, Nick Lowe, Greg Towns
Chris Sprague
Yep Roc Records
37:37
13.09.2024