Punk fürs Radio?
Oder doch eher Vorstadt-Schönfärberei?
RAT BOY besingen die Einöde des Vorstadtlebens mit einer verdreckten Brit-Pop-Version, die gleichsam Einflüsse von Alt-Punkern wie THE CLASH (Sicher sind doch die Parallelen zu deren "London Calling" voll beabsichtigt!) erkennen lässt, wie eine Vorliebe für Neuzeit-Größen wie die BEASTIE BOYS herauszuhören ist.
Ein Stück wie „Best Is Yet To Come“ versprüht Sommergefühle und wartet mit einem pop-tauglichen Refrain auf, der vom zynisch angehauchten Text von „Every Little Helps“ ein wenig konterkariert wird.
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Die Musik dagegen klingt entspannt und strahlt eine Art Bar-Atmosphäre aus, welche einem den Nachmittag durchaus versüßen kann.
Der Einstieg fällt mit dem Off-Beat-Kracher „Mob Mentality“ dagegen mitreißend und aufgekratzt aus, während „Rudy’s World“ zwar Brit-Pop par excellence exerziert, trotzdem aber aufgekratzt punkig erscheint. Was einen interessanten Kontrast zur Folge hat. Der Titeltrack dreht die Stimmung dagegen komplett um und wirkt wie ein Power-Pop-Song, der gleichsam Einflüsse der BEATLES in sich trägt, wie er die Punk-Verrücktheit eines Pete Townshend mit in den Soundmixer wirft.
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„Badman“ versprüht whiskeyschwangere Western-Vibes und orgelt sich am Ende ordentlich einen ab, ehe „She’s The One“ nicht nur textlich von Liebe singt, sondern auch musikalischen Zuckerguss verteilt.
Gitarrenpop?
Bläser-Romanze?
Oder doch Hammond-Orgel-Zirkus-Rockmusik?
RAT BOY pfeifen auf Genres und werfen all diese Elemente (ganz ähnlich wie THE CLASH auf ihrer "Sandinista"-Dreifach-LP) in einen Topf.
„Handbags At Dawn“ schlägt im Kontrast dazu ernstere Töne an, wirkt wie eine kritische Auseinandersetzung mit der Entwicklung der englischen Gesellschaft, die sich (ebenso wie in anderen Ländern dieser Welt) immer mehr aneinander aufzureiben scheint.
Ganz so drastisch kann’s aber kaum sein, wenn im Anschluss ein „Day Trip To London“ auf dem Plan steht. Dass der Soundtrack dafür unverkennbar von Bands wie BLUR beeinflusst scheint, sorgt für einen unbekümmerten Vibe, der die tristen Gedanken, ob des oft verregneten Wetters in Englands Hauptstadt doch beiseite wischen kann.
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„Boy Wonder“ und „Take My Place“ bündeln zum Abschluss Tanzlaune und melancholietrübe Gedanken an das Unverständnis seines Gegenübers gleichermaßen. Dadurch wirken die Stücke wie Hymnen an menschliche Qualitäten wie Liebe und die damit einhergehenden Scharmützel, die immer mal für Enttäuschung und Herzschmerz sorgen. Und doch lassen die Bläser-Einlagen oder die Orgel-Verschnitte die musikalische Sonne aufgehen, die allzu trübe Gedanken im Nu beiseite wischt.
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FAZIT: RAT BOYs „Suburbia Calling“ gefällt durch einen jugendlichen Charme, pfeift auf allzu feste Genre-Verortungen und macht als gutlaunige Lebemann-Musik eine Menge Spaß. Zudem ist das Album als (Retro-)Musik mit deutlicher THE CLASH-Note wie für's Vinyl gemacht, das zwar einen LP-großen Einleger enthält, auf dem aber leider keine Texte zu finden sind. Britpop? Pop-Punk? Brit-Pop-Punk? Egal, Stilnamen sind Schall und Rauch und engen ein. Gegenteilig lässt sich nichts davon auf RAT BOYs Musik übertragen, die stilistische und emotionale Vielfalt mit einer Menge Herzblut und auf spielerisch hohem Niveau präsentiert.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.11.2024
Jordan Cardy
Jordan Cardy
Jordan Cardy, Harry Todd
Jordan Cardy, Sam Preston
Noah Booth
Michael Smith (Tenorsaxophon), Chris Storr (Trompete), Fahaz Vird (Posaune), Stephen Street (Percussion)
Hellcat Records/Indigo
43:00
04.10.2024