<img src="http://vg02.met.vgwort.de/na/69b0e46aa20448b1999f6cc562696ef1" width="1" height="1" alt=""> Infolge des letzten SINISTRO-Albums "Sangue Cássia" (2018) machte die portugiesische Post-Metal-Band einschneidende Besetzungswechsel durch. Sängerin Patrícia Andrade, die den Sound der Gruppe maßgeblich prägte, stieg zusammen mit Keyboarder und Bassist Fernando Matias innerhalb eines Jahres aus, weshalb man nun zwei neue Gesichter (das Tasteninstrument wird nicht mehr fest besetzt, obwohl 'O Equivocado' von orchestralem Schmelz zehrt) im Line-up antrifft.
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Maßgeblich geprägt wird der Sound des Quintetts jetzt wie zu erwarten von der neuen Frau am Mikrofon: Die Stimme von Priscila Da Costa, die sich in Luxemburg mit den Projekten Judasz & Nahimana und Ptolemea zwischen Folk, Ethno und Alterative Rock bewegt, passt hervorragend zu Sinistros düsterem Doom, der sich einmal mehr durch portugiesiche Songtexte, weitläufige Arrangements und eine generelle Scheu vor dem Offensichtlichen auszeichnet.
Die sechs zwischen etwas über sieben und fast elf Minuten langen Tracks auf "Vértice" vereinen lineare und zyklische Strukturen zu einem nicht schwer zugänglichen Ganze, das seine mindestens nachdenklich stimmende und bestenfalls kathartische Wirkung dennoch nur langsam entfaltet. Mit ihren greifbaren Gesangslinien, die teils von Sprechparts kontrastiert werden, verleiht Da Costa den Stücken einen jeweils individuellen Charakter, doch da ihnen eine gemeinsame melodische Sprache zu eigen ist - die beiden Gitarristen bereichern das Vokabular mit ihrem feinsinnigen Zusammenspiel -, entsteht ein Eindruck von Geschlossenheit.
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Den beiden bedrohlichen ersten Nummern folgt mit dem tragischen 'Pontas Soltas' quasi eine Erinnerung daran, wie gut sich in diesem Stil prinzipiell mit Dynamik und Stimmungen arbeiten lässt, wenn man weiß wie - und dies tun Sinistro, wobei das getragen tänzerische 'Perfeita Encenação' im Dreivierteltakt der deutlichste Rückgriff auf ihre frühe Diskografie ist. Neben der Vorab-Single 'Elegia' dürfte das abschließende Epos 'Templo Das Lágrimas' die Komposition der Platte mit dem größten Potenzial sein, neue Hörerkreise für die Band zu begeistern.
FAZIT: Das vierte SINISTRO-Studioalbum vereint alte Band-Tugenden mit einer charakterstarken neuen Stimme und markiert nicht nur hinsichtlich des jüngsten Label-Wechsels der Sludge-Post-Doom-Combo (bei der portugiesischen Firma Alma Mater Records kommt man gewissermaßen zu Hause an) einen eindrucksvollen Neubeginn. "Vértice" klingt poetisch, assoziationsreich und emotional komplex, ohne in irgendeiner Weise akademisch oder elitär zu wirken. Wer Universe217 (lange nichts gehört!) oder Messa liebt - schwermütige Klänge mit markanten Frauenstimmen eben -, ergötzt sich auch hieran.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.09.2024
Pedro Do Vale
Priscila Da Costa
Ricardo Matias, Rick Chain
Paulo Lafaia
Alma Mater
51:49
04.10.2024