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Tears For Fears: Songs For A Nervous Planet

Stil: Art-Pop, Eighties-Pop, Synthie-Pop, Blues-Rock, Prog-Rock, Soul-Pop

Cover: Tears For Fears: Songs For A Nervous Planet

Der Start ins neue Album geht für TEARS FOR FEARS, das legendäre Eighties-Pop-Duo mit dem Hang zu starker Entfremdung und starken Reunions, ein bisschen in die Hose. Fast schlagerhaft frohsinnig kommt der Opener von "Songs For A Nervous Planet" daher, gepfiffen wird irgendwann auch noch. Nee, "Say Goodbye To Mum And Dad" ist kein idealer Einstieg in den auf zwei CD's/Vinylplatten verewigten Versuch, mit vier neuen Tracks und einem anschließenden Livealbum einen Hybrid aus Studio-Aktualität und Konzert-Nostalgie zu erschaffen.
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Man fürchtet bei diesem arg harmlosen Underperformer-Song zunächst ein wenig, dass die Topform des Duos Roland Orzabal/Curt Smith vom gefeierten 2022er Comeback-Album "The Tipping Point" (Charts-Platz 2 im UK, Rang 3 in Deutschland, ) schon wieder verflogen ist. Aber, wie oben angedeutet: Reunion und Comeback, das können TEARS FOR FEARS - wenn man gar nicht mehr mit ihnen rechnet, kommt so etwas Schönes wie "Everybody Loves A Happy Ending" von 2004 (ein Titel, der einer Happyend-Sehnsucht vieler Fans entsprach) oder eben "The Tipping Point" daher.

Die drei anderen Stücke des neuen Doppelalbums sind dann tatsächlich klassischer, starker TEARS FOR FEARS-Stoff mit ambitionierten Melodien und prächtigen Arrangements: "The Girl That I Call Home" erinnert an ihre großen 80er-Jahre-Hits, "Astronaut" ist eine wunderschöne Artpop-Hymne mit fantastischem Falsett-Gesang und Sixties-Mellotron, "Emily Said" funktioniert als perfekte Beatles-Hommage.
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Wir erinnern uns: Eine tiefe Verbeugung vor den Fab Four, insbesondere vor deren psychedelischer Phase von 1966/67, war ja auch schon "The Seeds Of Love", die Platte von 1989, mit der TEARS FOR FEARS dem Synthie-Pop entwuchsen, um in ihre teils langen, epischen Tracks alles reinzuwuchten, was an Kreativität zur Verfügung stand. Und das war verdammt viel - "The Seeds Of Love" gilt heute als eines des besten Alben der 80er.

Auf die Studio-Vorspeise von "Songs For A Nervous Planet" folgt das Live-Menü: 18 Konzertaufnahmen aus dem Amphitheater Graystone Quarry in Franklin/Tennessee während ihrer triumphalen 2023er US-Tournee haben TEARS FOR FEARS dafür zusammengetragen - von Songs des noch ganz frischen "Tipping Point"-Albums (die gelegentlich sehr an Peter Gabriel erinnern, etwa "Rivers Of Mercy") bis zu Liedern, die teilweise schon 40 Jahre auf dem Buckel haben und längst zum Kanon der Popkultur gehören: "Everybody Wants To Rule The World", "Shout", "Sowing The Seeds Of Love", "Mad World", "Change", "Head Over Heels", "Pale Shelter", "Woman In Chains".
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Alle Tracks wie von TEARS FOR FEARS gewohnt in brillanten, auch soundtechnisch herausragenden Fassungen, wobei insbesondere das zehnminütige "Badman's Song" die Virtuosität der Konzertband ins Schaufenster stellt. Eine weitere tolle Wiederentdeckung ist "Secret World", vom Comeback-Album "Everybody Loves A Happy Ending", eine superbe Mixtur aus Soul und Pop, abgerundet durch ein Arrangement, das den großen Burt Bacharach zitiert.
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Ja, Orzabal/Smith sind gewiefte Pop-Alchimisten, die sich aber nur bei den Besten bedienen. Und natürlich ihrerseits exzellente Komponisten, Instrumentalisten und Sänger, die den von vielen Rundfunkstationen immer noch bevorzugten, arg betagten Eighties-Sound längst hinter sich gelassen haben. "Songs For A Nervous Planet" bedient geschickt alle Fan-Fraktionen - mehr kann ein Studio-plus-Konzert-Album kaum leisten.
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FAZIT: "Ich glaube, viele Leute wissen gar nicht, dass wir eigentlich eine gute Live-Band sind", sagt Bassist/Sänger Curt Smith über die Konzertqualitäten von TEARS FOR FEARS, dem Langzeitprojekt mit Roland Orzabal über nunmehr gut 40 Jahre (allerdings mit langen Unterbrechungen). "Sie sehen ein Duo und denken, es wären zwei Leute mit ein paar Keyboards und einem Haufen Backing-Tapes, und das war’s. Im Laufe der Jahre haben wir uns seit unserer Blütezeit in den Achtzigern enorm verbessert.“ Gitarrist/Sänger Orzabal fügt hinzu : "Wir haben noch nie ein offizielles Live-Album veröffentlicht - also könnte man sagen, dass dies ein Album ist, das vierzig Jahre in der Mache ist."
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Mit vier brandneuen, überwiegend gelungenen Studio-Songs beweisen TEARS FOR FEARS dankenswerterweise, dass sie kein kommerzgeleiteter Nostalgie-Act sind. Da kann also noch was kommen. Nun dürfen sich Fans eines perfekten Art-Pop mit 80er-Jahre-Aroma erst einmal über diese 22 "Songs For A Nervous Planet" freuen.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.10.2024

Tracklist

  1. <b>CD/LP 1:</b>
  2. <i>= New studio songs =</i>
  3. Say Goodbye To Mum And Dad
  4. The Girl That I Call Home
  5. Emily Said
  6. Astronaut
  7. <i>= Live recordings =</i>
  8. No Small Thing
  9. The Tipping Point
  10. Everybody Wants To Rule The World
  11. Secret World
  12. Sowing The Seeds Of Love
  13. Long, Long, Long Time
  14. Break The Man
  15. <b>CD/LP 2:</b>
  16. <i>= Live recordings =</i>
  17. My Demons
  18. Rivers Of Mercy
  19. Mad World
  20. Suffer The Children
  21. Woman In Chains
  22. Badman's Song
  23. Pale Shelter
  24. Break It Down Again
  25. Head Over Heels
  26. Change
  27. Shout

Besetzung

  • Bass

    Curt Smith

  • Gesang

    Roland Orzabal, Curt Smith, Lauren Evans, Janae Sims, Jasmine Mullen

  • Gitarre

    Roland Orzabal, Charlton Pettus

  • Keys

    Doug Petty

  • Schlagzeug

    Jamie Wollam

Sonstiges

  • Label

    Concord Records

  • Spieldauer

    106:17

  • Erscheinungsdatum

    25.10.2024

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