<b>„Nach dieser EP liegt unsere Priorität darauf, TRAUM erstmals live zu präsentieren. Erfahrungsgemäß spielt es sich mit dem Drive und der Tightness einiger absolvierter Live-Shows im Rücken befreiter und leichter im Studio.“</b> (TRAUM)
Zwar leben wir im Zeitalter der vinylen Mangelwirtschaft, da es immer schwerer und teurer wird, sich bei der Renaissance der LP bzw. des Vinyls ausgiebige Presskapazität in den noch immer zu wenigen Presswerken zu organisieren – TRAUM aber kennen diesbezüglich kein Erbarmen und schaffen es tatsächlich, dank ihres Labels Tonzonen Records, eine EP mit nur vier Songs und einer Spielzeit von insgesamt einer Viertelstunde auf weißem Vinyl zu verewigen.
Da ist ja wortwörtlich ein TRAUM wahr geworden.
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Neben der großen weißen 12“-Scheibe findet man im Inneren der LP-großen EP einen ebenso großen gelben Einleger mit den vier Texten auf der einen und dem Kopf-Motiv auf der anderen Seite. Hier wurde nicht geschludert und Material vergeudet, sondern auf eine rundum interessante Gestaltung gesetzt, die den kurzen Musikgenuss auf jeden Fall sehr anschaulich gestaltet.
So wird schnell klar, warum die „Traum“-EP unbedingt auf Vinyl musste, denn die TRAUM-Musik klingt wie eine Reise mit der Zeitmaschine tief in die Vergangenheit, in der die Tonträger nur auf Vinyl gepresst wurden – und an kleine digitale Silberlinge nicht im Entferntesten zu denken war. Psychedelisches trifft auf glitzernden Glam Rock und berauschte Acid-Hymnen, denen das Prädikat „Retro“ nur so aus jeder Pore tropft, während auch die Texte sich in solchen Wendungen wie „Candy coloured memories / Dancing in the trees / For the Tuesdays lover“ („Tuesday's Lover“) oder „Lets her boots reflect the rainbows / That she shares / With almost anyone who cares“ („Shoeshine“), ergehen und dabei herrlich wohlfühlen und zugleich eine ebenso herrliche Wohlfühlatmosphäre verbreiten, sodass man bereits nach dem Album-Opener „Shoeshine“ glaubt, sich auf ein Album der ehemals 1976 gegründeten, grandiosen britischen Psyche-Popper XTC verirrt zu haben.
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Bereits die ersten TRAUM-Aufnahmen sorgten für Aufmerksamkeit. Aber nicht etwa in Deutschland, sondern bei dem Psychedelic-Connaisseur-Label Hypnotic Bridge in Los Angeles, das tatsächlich gleich zwei Songs auf einer 7“-Vinyl-Single veröffentlichte, womit der vinyle TRAUM-Anfang gemacht worden wäre, der sich nun mit dieser Vinyl-EP fortsetzt.
Spannend ist allerdings der Text, mit dem Hypnotic Bridge die damalige 2024er-Single ankündigten, den man locker auch für die „Traum“-EP übernehmen könnte: „TRAUM präsentieren eine Ode an den mystischen Rausch eines Technicolor-Traums. Aufgeladen durch Vintage-Tape-Echos und Ausbrüche von Fuzz-Gitarren, sind ihre Songs dazu gemacht, sich tief in die Doppelhelix-Matrix von mehrfach gespiegelten Gedankenströmen zu winden.“
Jawohl, das klingt sehr aufgeblasen und pathetisch, passt aber bestens zu den musikalischen Traumwandeleien durch die psychedelischen Cinema-Welten, die anfangs barrettsche Floyd oder SMOKE und THE PRETTY THINGS sowie besonders XTC heraufbeschworen und die viele Krautrock-Bands zu einer gewissen Vollendung brachten.
Nunmehr springen auch TRAUM mit ihrer angenehm melodiösen wie ruhigen „Traum“-EP auf den fahrenden Zug, der mehr Dampflok als Intercity ist – zum Glück.
Und nach den 15-Hörminuten steht zudem fest, dass der gewählte Bandname absolut passend ist. Augen schließen und träumen (von den guten alten Zeiten). Ein Traum in weiß, auch wenn der nichts von einer Hochzeit hat, aber trotzdem mit polierten Schuhen aufwartet, die aus den guten alten Siebzigern stammen...
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FAZIT: Der mystische Rauch eines Technicolor-Traums geht nach der ersten Single-Veröffentlichung mit dieser schön gestalteten EP auf weißem Vinyl + DL-Code weiter. TRAUM aus Deutschland fühlen sich als 'Zuspätgeborene', da ihre Musik und deren Aura eigentlich der Vergangenheit angehört. Doch das ist ihnen (zum Glück) völlig egal und sie legen mit dieser „Traum“-EP vier Songs vor, die mit ihrer Viertelstunde ganz weit in die britischen 60er/70er-Jahre zurückreisen und Psychedelisches mit Glam- und Acid-Rockigem vereint. Mehr davon – aber bitte auf einem (echten) Longplayer statt einer limitierten weißvinyligen 12“-EP, so schön die auch gestaltet ist.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.10.2024
Thereyoughost
Helen Lichter, Christoph Guschlbaur
Helen Lichter
Christoph Guschlbaur
Tonzonen Records
15:54
27.09.2024