Dass WORMWOODs neuester Langdreher vom Rezensenten fast genauso konsequent wie die komplette Diskographie zuvor verschmäht wurde, kann man als einigermaßen tragisch bezeichnen. Denn eines ist sicher: Gleichwohl sich diese Schweden oft genug den garstigen Black-Metal-Stiefel überziehen und die Flagge der melodischen Schwarzwurzelzunft ihrer Heimat hochhalten, zeigen sie sich auch auf ihrem vierten Langeisen „The Star“ deutlich vielseitiger, spannender und aufregender als alles, was in diesem Bereich in letzter Zeit veröffentlicht wurde. KVAEN, DÖDSRIT und, ja, NECROPHOBIC, mögen ihren Soll erfüllen, aber am schwarzen Himmel erhabener, rauer Klangkunst geht gerade ein anderer Stern auf.
Dabei sind WORMWOOD, weiß Gott, keine Newcomer, sondern bereits seit 2014 im Geschäft. Im zehnten Jahr des Bandbestehens also und nach den beiden Vorgängern „Nattarvet“ und „Arkivet“ schließen sie mit wie gehabt episch-hymnischem Düstersound, der die Fühler scheuklappenbefreit in verschiedene musikalische Richtungen ausstreckt, ihre eigene Trilogie ab.
Der titelgebende „Stern“ mag ins Universum verweisen und zurecht erwartbar machen, dass sich das gebotene Liedgut in außerweltliche Sphären erhebt. Nichtsdestotrotz gerät die stimmungsvolle Space-Symphonik dabei lange noch nicht zum Selling Point. Vielmehr stellt sie wie andere stilistische Einflüsse das sprichwörtliche Pünktchen auf dem i dar.
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Eindrucksvoller ist da schon die allseits verspielte, kreative und emotional mitreißende Melodieführung als Teil eines kunstvollen Arrangements. Überhaupt sieht das Songwriting ausgesprochen geschmackvolle Wendungen und Breaks vor, etwa Chöre, träumerische Progressive-Schübe oder folkige Geigen. Man kann sich leicht in der süchtig machenden Melange verlieren, wenn wie im überaus schmissigen „Liminal“, dem Hit des Albums, riffgewaltige Klangkreationen nach einiger Zeit zu Einkehr und Innehalten gemahnen, um dann kitschbefreit in ein Folk-Donnerwetter auszuarten und dem Ganzen mit mächtig rockender Solo-Gitarre die Krone aufzusetzen.
Der finnische Doom Death, den WORMWOOD ebenso präsentieren, lässt die fünf Herren aus dem Schatten überbewerteter Acts wie INSOMNIUM mit großen Schritten heraustreten, vorausgesetzt, sie standen jemals darin. Jene Parts, die gemächlicher, jedoch nicht minder zünftig und schwermutsvoll daherkommen, ergeben mit dem oft treibenden Melodiegewitter eine angenehme rhythmische Bandbreite. Das gilt natürlich umso mehr für die in sich gekehrten Progressive-Rock-Anleihen wie auch für den traditionellen Folk-Auftakt des zunächst clean im Duett besungenen Album-Rausschmeißers „Ro“.
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FAZIT: Das lyrische Konzept mag vom Ableben künden, die Musik auf „The Star“ hingegen vitalisiert ein ganzes Genre. Während andere Bands sich am Bewährten festklammern und selten Sprünge wagen, reichern WORMWOOD ihren Sound mit allerhand erlesenem Ornat an. Herauskommt dabei Gitarrenmusik, welche ihre Schöpfer als kreative Experten für Melodien, Folklore, Rock und derbes Gebretter ausweist. NETHERBIRD haben nach ihrer Auflösung sicherlich eine klaffende Lücke in der Melodic-Black-Metal-Szene Schwedens hinterlassen. Indes, mit Bands wie dieser wiegt der Verlust deutlich weniger schwer.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.06.2024
Oscar Tornborg
Nine
Jerry Engström, Tobias Rydsheim
Tatu Kerttula
Black Lodge Records
46:58
31.05.2024