Wie so viele ihrer gleichaltrigen Kollegen und Kolleginnen auch, ging es der Londoner Songwriterin ELLA SMOKER darum, zunächst eine eigene Identität für sich und ihre Musik zu finden, als sie im Alter von 18 Jahren begann, erste Songs – wie z.B. ihre Debüt-Single „Why Don't I Care“ - im Web hochzuladen. Dabei suchte sie nach einem geeigneten musikalischen Setting, aber auch einen Projektnamen, der das Mindset, mit dem ELLA SMOKER damals zu Werke ging, irgendwie widerspiegeln sollte. Da in dem besagten Song „Why Don't I Care“ gleich zweimal der Begriff „glum“ - also „betrübt“ - auftauchte, kam sie auf die Idee, dieses dann zum Leitmotiv für ihr ganzen Wirkens herzunehmen. Das zweite „g“ im Projektnamen GGLUM (der eigentlich klein geschrieben wird) fügte sie dann hinzu, um die Sache optisch interessanter zu machen – und damit man sie dann besser googlen könne. Zugegebenermaßen dachte sie damals nicht daran, dass dieser Name auch noch existieren würde, wenn sich ihr Teenage-Angst-Gemütszustand einmal ändern würde. Heutzutage – ganze vier Jahre später - ist ELLA SMOKER somit zwar ausgeglichener und glücklicher als damals, blieb aber weiterhin an dem betrübten GGLUM-Moniker hängen.
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Musikalisch ist die Sache sehr viel einfacher – und überraschend. Denn während ihre Zeitgenossinnen nichts besseres zu tun haben, als den Sound einer PHOEBE BRIDGERS möglichst tongenau zu emulieren, orientiert sich ELLA SMOKER an ganz anderen musikalischen Kalibern. Zu ihren Inspirationsquellen gehören einerseits Künstler wie THE MICROPHONES, ALEX-G, ADRIANNE LENKER oder ELLIOT SMITH – alles Musiker, die vor allen Dingen einen eigenständigen Weg jenseits musikalischer Konventionen, Regeln und Formate einschlugen – und auf der anderen Seite Acts wie THE CLASH, GILLIAN WELCH oder ELVIS PRESLEY, die sie über ihre Eltern kennen und schätzen gelernt hatte. Hinzu kommen Freunde aus der lebendigen Londoner Indie-Szene, wie z.B. der junge Songwriter KAMAL. (mit Punkt!), der ELLA SMOKER bei der Folk-Pop-Ballade „So You See Me Different“ als Duett-Partner unter die Arme greift.
Eine weitere Quelle der Inspiration sind Smokers (Alb)Träume, womit wir bei dem Titel ihres vorliegenden Debüt-Albums „The Garden Dream“ wären, wozu sie meint, dass sie sich selbst nicht erklären könne, wie die teilweise recht drastischen Bilder in ihren Träumen zustande kommen, vermutet aber, dass ihr Unterbewusstsein dabei eine große Rolle spiele und ihr über ihre Träume deutlich machen wolle, dass sie sich besser um bestimmte Dinge in ihrem Leben kümmern solle. Letztlich nutzt sie das kreativ, um sich in ihren Lyrics mit den Dämonen ihrer Jugendzeit auseinanderzusetzen.
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Welche Bedeutung geht davon für die Musik von GGLUM aus?
Zunächst scheinen ihre quirlig/skurrilen Indie-Pop-Songs keinerlei Grenzen und Normen zu kennen. Je nach dem Bedürfnis des jeweiligen Tracks sind der Musikerin alle Mittel recht. Der Opener „With You“ ist ein mit abrasiven Grunge-Riffs verzierter Indie-Pop-Song, „SPLAT!“ bietet neben akustischen Gitarren harmoniebedürftigen Power-Pop-Charme. „Late“ ist ein lautmalerischer Low-Fi-Song. Der Doppelschlag „Pruning 1“ und „Pruning 2“ wartet mit Ambient-Sounds, verzerrten Dispatch-Vocals einerseits und klassischem Folk-Flair andererseits auf. „Easy Fun“ bietet rollende Darkwave Bassläufe, flirrende Synthie-Sounds und verzerrte Overdrive-Vocals. „Glue“ ist ein pumpender Dreampop-Song geworden, in dem die einschneidenden Lyrics ausnahmsweise mal glasklar im Zentrum stehen. „Second Best“ kommt als erneut mit Grunge Drive befeuerter Folkpowerpop daher. „He Laid His 97's Neatly By The Door“ erscheint als verträumte, psychedelische Ballade. „Honeybee“ ist nicht viel mehr als eine authentisch als Demo eingefangene Songskizze.
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„Eating Rust“ - der vielleicht beste Song des Albums - galt als Blaupause für das ganze Projekt und wurde als erster geschrieben. Hier macht sich ELLA SMOKER in einem besonders unangenehmen Traumbild über eine 'rostige' Beziehung Gedanken, die wahrscheinlich nicht mehr zu retten ist und zeigt sich dabei musikalisch im Indiepop-Hitsong-Modus. Im abschließenden Titeltrack bemüht GGLUM erneut Ambience und Psychedelia.
Was sich auf dem Papier vielleicht als Ansammlung unsortierter musikalischer Ideen liest, verdichtet ELLA SMOKER allerdings mit Übersicht und erheblichem songwriterischen Geschick (das sie bei aller Faszination für Low-Fi-Attitüde und Indie-Credibility stets an den klassischen Tugenden der Altvorderen ausrichtet) zu einer letztlich schlüssigen Melange, die mehr durch ihre Unkonventionalität und Eigenständigkeit als einen bestimmten Trademark-Sound überzeugt. Dabei betont sie – die bereits als Kind begann, sich musikalisch an Klavier, Geige und am Chorgesang zu üben - dass sie bei aller Liebe zur Low-Fi-Ästhetik und zum Indie-Sound als Songwriterin keine Abstriche zu machen gedenkt und sich dabei auch an klassischen Vorbildern orientiert; nur mit einer ganz eigenen Sichtweise.
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FAZIT: Der Gartentraum, den ELLA SMOKER im Titeltrack ihres Debüt-Albums thematisiert, bestand daraus, dass sie davon geträumt hatte, für sechs Monate in einem Garten eingepflanzt gewesen zu sein, während nur ihr Kopf aus der Erde hervorragte. Während sie die Songs des Albums schrieb, versetzte sie sich als GGLUM zurück in die Welt dieses Traumes, um zu ergründen, was ihr das Unterbewusstsein sagen wolle. Ob sie das letztlich herausfand, verrät sie nicht – aber immerhin fühlt sie sich heutzutage nicht mehr so 'betrübt' wie am Anfang ihrer Karriere. Das Songwriting – so meint die smarte Londonerin - habe da stimmungsmäßig noch nicht mithalten können, was die grundsätzlich melancholische Natur auch ihrer lebhafteren Songs erkläre. Nun ja: Sie ist eben noch jung und mit dieser Einstellung ist sicherlich noch viel zu erwarten.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.03.2024
Ella Smoker
Ella Smoker
Secretly Canadian
35:30
29.03.2024