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Luigi Cinque & Hypertext O'rchestra: Kromosma Maris

Stil: Weltmusik, Jazz

Cover: Luigi Cinque & Hypertext O'rchestra: Kromosma Maris

Harter weltmusikalischer, mitunter frei jazzender Tobak, der einen auf „Kromosma Maris“ von LUIGI CINQUE und dem HYPERTEXT O'RCHESTRA erwartet.

Der Italiener LUIGI CINQUE gilt als weltmusikalisches Musik-Urgestein, der als Jazz-Multiinstrumentalist, der übrigens auf der ersten Seite des 20-seitigen Booklets in einem Box-Trainingszentrum steht und dort mit Boxhandschuhen an den Händen sein Holzblasinstrument, wohl eine Bassklarinette, zu bedienen versucht, die beiden Musik-Stile zu einem großen World-Jazz-Style zu vereinen versucht.
Wie im das gelingt?
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Eine Frage, nach deren Antwort niemand zu suchen braucht, der mit beiden Stilen nichts anfangen kann. Auch diejenigen, die mehr auf 'klassische Weltmusikklänge' stehen, werden wohl mit „Kromosma Maris“ ihre Probleme bekommen, denn der Jazz in all seinen Phrasierungen – von Free bis Melodiös – nimmt den größten Raum auf diesem Album ein. Dazu kommt italienischer Sprechgesang (oder genauer melodisches Sprechen auf die Rhythmen) und weiblicher, mitunter choraler Frauen-Weltmusikgesang.

Ganz offensichtlich befasst sich das Album zudem mit dem Untergang der Menschheit und dass am Ende nur das bleibt, woraus wir alle hervorgingen: das Meer. Denn wenn man das zweiflügelige Digipak öffnet, begrüßt uns dort ein graues Bild eines Meeres, dessen Wellen an den leeren Strand rollen und die drei Sätze: „There is only one Sea. It's now us and the Great Sea. We are already living in PostHuman.“
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Nicht gerade eine optimistische Stimmung, die da auf „Kromosma Maris“ verbreitet wird. Eher doch eine finstere wie bedrohliche. Und dieses Stimmungsbild verbreitet auch die abwechslungsreiche, manchmal aggressive, aber auch melancholische oder mitunter schwer zu ertragende Musik auf diesem Tonträger. Und das am Ende sogar über 66 Minuten lang, in denen sehr viel geschieht, wenn man all seine Gehörgänge und seinen Grips zusammengenommen hat, um sich auf diese Musikreise durch Zeit und Raum rund um die Welt einzulassen.

Cinque verfolg hierbei eine klare wie konzeptionelle Absicht: „Kromosoma Maris” soll die Suche nach dem 'Chromosom des Meeres' zum musikalischen Leben erwecken, ein universelles Gefühl und eine galaktische Schwingung versinnbildlichen, die unterschiedliche Kulturen und Traditionen vereint und dabei mit einer Vielzahl auch traditioneller Instrumente zum Klingen gebracht wird. Das Meer fungiert als Vater und Mutter gleichermaßen, in dem es Regionalismus ablehnt, um sich als Symbol der globalen Verbindung zu präsentieren.

Eine hehre Absicht, die sich hinter dem Album verbirgt, das sich mitunter wie ein Soundtrack und dann wieder wie eine wilde frei Improvisation anhört. Oder wie es im Booklet zum Ausdruck gebracht wird: „Es ist ein Tagebuch der Gegenwart, durchdrungen von Erinnerungen und unveröffentlichten Stücken aus seinem Repertoire, das aktuelle Studioaufnahmen mit Aufnahmen aus Musikreisen und Tourneen verbindet. Es ist voller außergewöhnlicher Charaktere und Stimmen, die von einer betörenden Vergangenheit zeugen.
Ähnlich wie in großen Filmen drängen Musikstücke aus fernen Konzerten als Rückblenden in unser Bewusstsein und dienen als Zeitmarken unterschiedlicher Einflüsse – von Gnawa-Ritualen bis den Klängen Buenos Aires.“

Selbst ein PETER GABRIEL versteckt sich kurz auf diesem Album (auf „Kromaris / C'e solo un mare“). Ein Album, das bestens zu den weltmusikalischen Musik-Visionen des besagten ehemaligen GENESIS-Sängers passt, als der seine Leidenschaft für die Weltmusik entdeckte und dafür sogar ein eigenes Label samt Studio, Real World Records, gründete. Besonders auch das letzte Stück des Albums, „El Quinto“, mit einem Motiv von JOHN COLTRANE trägt jede Menge GABRIELsche Züge in sich, sodass dieses Instrumental zum ganz großen Finale von „Kromosma Maris“ wird.

Garantiert wird der musikalische Frei- wie Welt-Geist PETER GABRIEL einen riesigen Gefallen an „Kromosma Maris“ von LUIGI CINQUE, ebenfalls ein Frei- und Weltgeist, und dem HYPERTEXT O'RCHESTRA voller Weltmusiker finden.
So viel dürfte sicher sein.
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FAZIT: Weltmusik trifft auf Jazz, um das „Chromosom des Meeres” zu klangvollem Leben zu erwecken. Gemeinsam mit dem HYPERTEXT O'RCHESTRA, einem Zusammenschluss vielfältiger Welt-Musiker, lässt LUIGI CINQUE den Reichtum modaler, ethnischer Traditionen erklingen, indem er in seiner Musik Einflüsse aus dem Nahen Osten, Afrika, Brasilien, Indien und dem Mittelmeerraum vereint und diese mal als melodiöse Weltmusik samt (Sprech-)Gesang und Chören, aber auch in freien Jazz-Improvisationen erklingen lässt. „Kromosma Maris“ ist ein wahrer Leckerbissen für alle, denen die weltmusikalischen Ausflüge eines PETER GABRIEL und die Veröffentlichungen unter seinem Real-World-Records-Label am Herzen liegen, gefallen.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.11.2025

Tracklist

  1. Ritual 1 Gnawa
  2. Kromaris / C'e solo un mare
  3. Luna Reverse Revisited
  4. Poetry Masaba
  5. Ritual 2 Bnet Hourayat & Sax
  6. Blù Siciliano (processione)
  7. Soona (Homburg)
  8. Ritual 3 Gnawa
  9. Baire Afrikan Impression
  10. Phrygian Train Berlin
  11. Saturnia Silent Song Revisited
  12. El quinto

Besetzung

  • Gesang

    Luigi Cinque, Urna Chahar Tugchi, Nicole Ewang

  • Gitarre

    Luigi Cinque, Fausto Mesolella

  • Keys

    Luigi Cinque, Laia Genc, Sal Bonafede, Urna Chahar Tugchi

  • Schlagzeug

    Gianpaolo Ascolese, Giovanni Lo Cascio

  • Sonstiges

    Luigi Cinque (Sopransaxophon, Bassklarinette, Elektronik), Giovanna Famulari (Violincello), Jivan Gasparyan (Douduk), Sanyay (Tabla), Walter Rios (Bandoneon), Riccardo Tesi (Organetto), Alex Balanesco (Violino), Gnawa Marrakech (Sopransaxophon)

Sonstiges

  • Label

    Galileo Music

  • Spieldauer

    66:38

  • Erscheinungsdatum

    17.10.2025

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