Zurückgeworfen auf sich selbst, läutet Nicklas Rudolfsson mit dem 14. Langspielalbum seiner Entität RUNEMAGICK deren sechste Ära ein. Bei den Aufnahmen für "Cycle of the Dying Sun (Dawn of Ashen Realms)" wurde der Überzeugungstäter von einigen Gastmusikerinnen unterstützt, die dem finsteren Doom / Death Metal eigene Akzente verliehen, welche die massive Schwere der Musik noch nuancierter herausstellen.
Wer dieses Album "mal eben" nebenbei hören möchte, wird wahrscheinlich nicht allzu tief vordringen und deshalb an der Oberfläche sich scheinbar endlos wiederholender, einander ähnelnder Riffs verharren, die von der Rhythmussektion stoisch begleitet und von Nicklas‘ Grunts in dunkler Eintönigkeit untermalt werden (eine typische Neun-Punkte-Platte?). Wer sich jedoch auf die meditative Stimmung einlassen kann, der mag unter der Oberfläche Kompositionen finden, die mit ihrer Schwere wie im Opener "Wyrd Unwoven" zuweilen an Triptykon erinnern und mit allerhand Details und nahezu feierlichen Höhepunkten aufwarten.
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Der zweite Song "Old Bones" wurde als erste Single ausgekoppelt und erinnert vor allem dank der die Düsternis kontrastierenden Melodielinie an die Ära, die Enslaved einst mit "Below The Lights" einleiteten. Keine Spur von ungezügelter Aggression, dafür substanzielle Arrangements mit Nachdruck und ein schöner Ausklang dank Lussidotters Gesang.
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In der ansonsten typischen RUNEMAGICK-Nummer "The Hollow Chant Of The Seer" erhebt Dísa Draugurinn vom gleichnamigen Ambient-Projekt ihre Stimme, um dem schleppenden Doom / Death Metal eine – keineswegs kitschige – spirituelle Note zu verleihen. Eine ebenso ungewöhnliche wie gelungene Kombination. Anschließend entfaltet sich "The Runestone’s Lament" in aller Seelenruhe auf eine Spielzeit von über zehn Minuten und erhebt Monotonie zur Kunstform. Darf beim mit neun Minuten unwesentlich kürzeren "Womb Of The Veiled Sun" von "uptempo" gesprochen werden? Wohl allenfalls im direkten Vergleich, wobei auch der Brückenschlag in un-metallische Gefilde musikalisch wie atmosphärisch gelingt.
Der sechs Songs umfassende Kern des Albums wird mit der Nummer "Ashes" kurz und eindringlich beschlossen. Louvrianne Roux folgt den Gitarrenakkorden auf dem Hackbrett in hellere Gefilde, während Lussidotter ihre keinen Widerspruch duldende Stimme schließlich zum Himmel erhebt: "No dawn shall break, no torch shall rise, only silence in the skies.“
Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung kritisierten Fans, dass einzig die CD-Version des Albums neben den sechs Kernkompositionen vier weitere Tracks enthält. Drei davon sind allerdings (z.B. beim Kauf auf Bandcamp) auch digital erhältlich, und vor allem die beiden Teile von "Embers Of The Unwritten Dawn" erweisen sich mit ihrem Ambient Folk als absolut hörenswerte Erweiterung des musikalischen Kosmos von RUNEMAGICK.
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Rudolfsson zeichnet auch für die Gestaltung des Albums verantwortlich, die mit ihrer Farbgebung – Schwarz und tiefes Blau im Kontrast mit Gold – wie mit ihrer nordisch inspirierten Ästhetik einen gediegenen Eindruck von der Ruhe vermittelt, welche die Musik vermittelt. Ein durchdachtes und ansprechendes Zusammenspiel.
FAZIT: Seit ehedem Experte für massiven Doom / Death Metal, macht es RUNEMAGICK der Hörerschaft mit "Cycle of the Dying Sun (Dawn of Ashen Realms)" nicht gerade leicht. Doch wer sich auf den meditativen Charakter der sechs (bis zehn) Songs einlassen kann, mag selbigen früher oder später mit all seiner musikalischen Substanz schätzen lernen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.10.2025
Nicklas Rudolfsson
Nicklas Rudolfsson
Nicklas Rudolfsson
Nicklas Rudolfsson
Lussidotter (voc), Louvrianne Roux (dulcimer), Lin, Dísa Draugurinn (voc)
Hammerheart Records
44:36 (LP) 67:25 (CD)
31.10.2025