Mit einem monumentalen Brocken von siebzig Minuten Spielzeit jagen die Australier WE LOST THE SEA einer einzigen Blume hinterher. Einem Symbol von verletzlicher Schönheit inmitten einer tristen, zertrampelten Welt
„A Single Flower“ wirkt demnach wie ein Soundtrack zur inneren Revolte, die Vertonung einer Nicht-Akzeptanz des verkommenen Zustandes dieser Welt und klingt gerade dadurch auch ungemein hoffnungsvoll.
<br><center><iframe style="border: 0; width: 100%; height: 120px;" src="https://bandcamp.com/EmbeddedPlayer/album=3710382754/size=large/bgcol=ffffff/linkcol=0687f5/tracklist=false/artwork=small/track=2990465731/transparent=true/" seamless><a href="https://welostthesea.bandcamp.com/album/a-single-flower">A Single Flower von We Lost The Sea</a></iframe></center></br>
Dabei stellen die Musiker nicht nur die Frage, was denn wäre wenn Revolutionen aus reiner Herzensliebe geführt werden würden („If They Had Hearts“), sondern sie tanzen auch mit den Toten.
„A Dance with Dead“ gerät dabei atmosphärisch ungreifbar, schwelt wie ein stetes Feuer vor sich hin, ohne zunächst wirklich Raum für Flammen zu lassen. In über zehn Minuten Spielzeit baut sich das Stück aber zu einer Berg- und Talfahrt aus monolithischer Schwere und entrückter Verletzlichkeit auf. Das komplexe Schlagzeugspiel übernimmt bisweilen die Führung und leitet die sanften Melodien in der zweiten Songhälfte bis fast zu einer Art Erholungsmodus an. Allerdings schlägt die Energie am Schluss in trotziges Aufbäumen um, die Melodien und Rhythmen werden unsteter und es wirkt so, als wolle die Band das Todesmotiv um jeden Preis wegtanzen.
<br><center><iframe style="border: 0; width: 100%; height: 120px;" src="https://bandcamp.com/EmbeddedPlayer/album=3710382754/size=large/bgcol=ffffff/linkcol=0687f5/tracklist=false/artwork=small/track=852169832/transparent=true/" seamless><a href="https://welostthesea.bandcamp.com/album/a-single-flower">A Single Flower von We Lost The Sea</a></iframe></center></br>
„Bloom (Murmurations at First Light)“ setzt noch stärker auf Kontraste und präsentiert neben den filigransten Melodiemomenten des Albums auch eine bittere Note der Verzweiflung, die verstärkt im hibbeligen Schlussteil des Stücks zutage tritt. Das zarte Intermezzo „The Gloaming“ wirkt im Anschluss wie die Tritthilfe für das finale Monument „Blood Will Have Blood“, das mit über siebenundzwanzig Minuten Spielzeit nicht gerade leicht verdaulich daherkommt.
Zwar schleicht sich hier manche Länge in die Musik ein, aber unterm Strich ist dieses Finale ein aufrüttelndes, bisweilen zermürbendes Stück Post-Rock-Dramatik, das in bewussten Schritten mehr und mehr eskaliert. Das totale Crescendo bleibt dabei auch bis zuletzt in der Mottenkiste, aber die bloße Andeutung eines solchen wird mehrfach wiederholt, was den Spannungsbogen stets aufrecht erhält, ihn aber leider nicht ganz abschließt, wodurch der Hörer am Ende ein wenig in der Luft hängen bleibt.
<br><center><iframe style="border: 0; width: 350px; height: 350px;" src="https://bandcamp.com/EmbeddedPlayer/album=3710382754/size=large/bgcol=ffffff/linkcol=0687f5/minimal=true/track=3142101939/transparent=true/" seamless><a href="https://welostthesea.bandcamp.com/album/a-single-flower">A Single Flower von We Lost The Sea</a></iframe></center></br>
FAZIT: WE LOST THE SEAs „A Single Flower“ bietet schaurig-schönen Post Rock, der zwischen Epik und Tragik pendelt und dabei manch kleine Länge nicht komplett leugnen kann. Nichtsdestotrotz weiß diese musikalische Berg- und Talfahrt den Hörer mehrfach mitzureißen, ohne auch nur ansatzweise vorhersehbar zu wirken. Für Genre-Freunde eine klare Empfehlung.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.10.2025
Kieran Elliott
Matt Harvey, Carl Whitbread, Mark Owen
Matthew Kelly, Mark Owen
Alasdair Belling
Bird's Robe Records/dunk!records/Translation Loss Records/New Noise
70:44
22.08.2025