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Interview mit GRAVEHAMMER (03.03.2024)
Die Nächte in Kiel klingen hässlich, wenn GRAVEHAMMER das Kommando übernehmen. Mit der Debüt-LP "Bones To Harvest" lässt die Band eine Dreiviertelstunde Abysmal Death Metal auf die Hörerschaft niederkrachen, der mit allerhand garstigen Gemeinheiten gespickt ist. Schlagzeuger J.S., Gitarrist T.W., Schreihals & Bassist Arillus sowie der für die Texte und zusätzliche Vokills verantwortliche Gitarrist M.B. traten gemeinsam zum Interview an.
Heftigen Glückwunsch zur Veröffentlichung von "Bones To Harvest", einem Album, das sehr entschlossen klingt und im Underground gut anzukommen scheint! Seid Ihr zufrieden mit der Scheibe und den bisherigen Reaktionen darauf?
J.S.: Moin Thor, Danke für die positive Rückmeldung. Unterm Strich sind wir mit dem Ergebnis zufrieden. Auch als Beteiligter erkennt man erst am Ende, an was für einem Projekt man mitgearbeitet hat. Es ist immer ein großer Moment, wenn der fertige Tonträger mit Cover und Texten auf dem Tisch liegt.
Die Reaktionen sind bisher gut. Ich denke, wir erreichen nach und nach die Leute, die mit dieser Art von Death Metal etwas anfangen können. Wenn dann die eigenen Lieblingsbands zur stilistischen Eingrenzung genannt werden, bin zumindest ich immer etwas verlegen. Es ist schon ein kleiner Ritterschlag, wenn Sadistic Intent oder Kaamos als Referenzen genannt werden.
Hättet Ihr Euch bei der Bandgründung träumen lassen, dass Hässlich-wie-die-Nacht-Death-Metal seinen x-ten Frühling erleben wird? Und warum sind Nächte bei bzw. mit Euch hässlich?
T.W.: Das ist wohl unserem Krach geschuldet, den wir als ungeschönt, roh und primitiv empfinden. Unsere Musik wird nicht am Reißbrett entworfen, sondern entsteht impulsiv und in der Dynamik des gemeinsamen Probens. Sie wurzelt in Bands wie Hellhammer, Morbid, Sarcófago, Bathory und Mystifier - Musik, die Mikrokosmen entsprang, weniger oder zumindest anderen Einschränkungen unterlag und dadurch eine gewisse Leichtigkeit in sich trägt. Wir haben das Privileg, ohne jedwede Restriktionen und vertragliche Verpflichtungen arbeiten zu können und müssen keinen Marketing-Tags genügen - auch dank der Labels, die uns in der Sache unterstützen. Wenn wir Death Metal spielen, dann muss es nicht nach "Swedish-HM-2-Death-Metal" oder "Nineties-U.S.-Death-Metal" klingen. So kann unser Material in einem losgelösten Umfeld entstehen, das auch wegen so manch einer handwerklichen Unzulänglichkeit nicht schön, aber nahbar ist. Eine Imperfektion, die ehrlich hässlich ist. Ob diese Art des (Death) Metals gerade einen erneuten Frühling erlebt, kann ich nicht beurteilen. Es ist ja auch nicht alles oldschool, wo oldschool draufsteht. Aber zumindest haben wir wohl eine Nische gefunden, in der wir nicht völlig vereinsamen.
Eure Songs hätten prinzipiell auch vor rund 33 1/3 Jahren erscheinen können. Erlebt Ihr Euer Schaffen mit GRAVEHAMMER in einer musikalischen Tradition, oder ist das schon zu weit gedacht und gilt vor allem "Knüppel aus dem Sack"?
T.W.: Das spannt den Bogen zur letzten Antwort und es freut mich zu hören, dass das Anachronistische, Archaische auch von außen wahrgenommen wird. Es ist zwar durchaus ein Knüppel aus dem Sack, aber ein Knüppel mit Tradition. Und diese Tradition pflegen wir gerne. Selbstverständlich lassen wir uns von der Musik, die uns begeistert, inspirieren. Und dennoch denke ich, dass man auf den Pfaden der Proto-Bands wandern kann, ohne sich in verklärender Esoterik zu verlieren oder den eigenen Charakter aufzugeben. Ganz im Gegenteil; die unbeschwerte Herangehensweise fördert Individualität und auch Brachialität. Das ist selbstredend nicht der einzige Zugang zu Metal, aber derjenige, der zu uns in dieser Konstellation am besten passt.
Ein Song wie "Self-righteousness Breeds Torture" weckt bei mir Erinnerungen an die genial stumpfen Hetsheads, deren Demos ich einmal pro Jahr hören muss, um das seelische Wohlbefinden halbwegs zu wahren. Welche Musik wirkt auf Euch ähnlich beruhigend, und welche Bands haben auf Eure Musik entscheidend abgefärbt?
M.B.: Morbid Angels "Covenant" ist definitiv ein Album für entspannte Stunden - God of Emptiness ist einfach ein grandioser Song und würdiger Abschlusssong der Platte!
Arillus: Weniger stumpf und wohl auch wenig abfärbend, aber doch geeignet, den Kopf von innen zu waschen, finde ich die "Hidden History of the Human Race" von Blood Incantation. Pflichtprogramm, um runterzukommen. Wenn das doch mal zu viel ist, tut’s auch jeder gute auf-die-zwölf-Grind wie "Apology For Pathology" von Haemorrhage.
Der "Triumphator" wird von einer melancholischen Stimmung umweht, schont Knochen und Muskelgewebe mit seinem moderaten Tempo und ich kann mir vorstellen, dass Euch die Nummer live viel Freude bereiten dürfte…?
Arillus: Wir neigen live eher dazu, noch ’ne Schippe drauf zu legen und fokussieren das enthemmte Nackenbrecher-Material. Mit den doomigen Stücken gehen wir dagegen sehr portioniert um… Aber klar, so eine morbide-lähmende Pause sorgt für Stimmung. Definitiv ein Fall für die Konzerte, bei denen wir mehr Zeit haben, die Bühne zu verwüsten.
Das "Hymns of Eternal Decay" Festival hat für 2024 eine Verunstaltung mit Bands aus Norddeutschland angekündigt. Ich hoffe, Ihr bewegt Eure ranzigen Kadaver auch nach Wermelskirchen?!
J.S.: 2024 sind wir leider nicht auf der Bühne zu sehen. Anscheinend sind wir nicht tageslichttauglich genug für die Veranstaltung. Falls für 2025 noch eine Band für die Kategorie Proto Death Metal gesucht wird, heben wir schonmal die Hand.
Ihr habt es geschafft, die Songtexte im Tape-Inlay in Schrift"größe" 2.0 unterzubringen. Glückwunsch dazu – welche Gemeinheiten verpassen alte Säcke ohne Leselupe?!
T.W.: Herr Joakimsson, sind wir uns sicher, dass die eintretende Sehschwäche ein Symptom des altersbedingten körperlichen Verfalls und nicht etwa des Kölsch-Konsums ist? Ansonsten fallen uns bestimmt noch mehr Gemeinheiten ein, um dich zu triezen. Das Abdrucken einer Altersempfehlung für die verschiedenen Formate empfinde ich für den Moment nicht als notwendig, aber vielleicht häufen sich ja noch die Beschwerden. Diese dürften Lesende gerne per Brief-Eule nach Schleswig-Holstein schicken.
MB: Die Texte drehen sich um das Brutale, Grausame und Vernichtende, was sich Menschen selbst und gegenseitig antun. Dabei habe ich mich von vielen Elementen aus der antiken, teils auch der mittelalterlichen Geschichte inspirieren lassen. In der Antike findet sich reichlich Stoff für Death Metal und seine Lyrics: Kreuzigungen, Menschenopfer, das Ausradieren von Personen aus der geschriebenen Geschichte, das Zurschaustellen und Demütigen von besiegten Gegnern und dergleichen mehr. Aber es finden sich auch zeitlose Texte auf dem Album, welche von Verdorbenheit und vertanen Chancen der Menschheit handeln.
Stimmt Ihr zu, dass der deutsche Death-Metal-Underground derweil ziemlich stark aufgestellt ist, und welche Bands verdienen in Eurer Einschätzung besondere Aufmerksamkeit?
T.W.: In jedem Fall gibt es mittlerweile einige Bands, die einen gewissen idealistischen und musikalischen Konsens zu pflegen scheinen; nicht ohne Grund teilte man sich mit vielen die Bühne und so manch einen langen Abend. Grüße gehen raus an Carnal Tomb, Cryptic Brood, Eyemaster, Feaces Christ, Graveyard Ghoul, Hallucinate, Khaos und Memmingen Asozial, Kriegszittern, Maurda, Minenfeld, Morbitory, Prehistoric War Cult, Repulsive Feast, (The true) Sadoghoul und Wrahha.
J.S.: Es sind in der Tat viele Bands unterwegs, die die Sache mit viel Engagement und Professionalität angehen. Gerade an den Drums empfinde ich das musikalische Leistungsniveau bei den Trommelkollegen als recht hoch.
Zur oberen Aufzählung füge ich noch Nekropulse hinzu. Wer nach "Bones to harvest" und dem Heatsheds-Demo noch Bier im Kühlschrank hat, kann die "Chasm Vision" EP gleich hinterher ballern.
Danke für Eure Zeit und Antworten!