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Johannssohn: Minoan Encounters (Review)

Artist:

Johannssohn

Johannssohn: Minoan Encounters
Album:

Minoan Encounters

Medium: CD
Stil:

Instrumentaler Progressive Rock, Elektronische Musik

Label: Eigenproduktion
Spieldauer: 74:24
Erschienen: 29.09.2023
Website: [Link]

„'Minoan Encounters' ist das erste Electronic-Album dieser Art, das die bronzezeitliche minoische Kultur in ihrer Mythen-umrankten und beeindruckenden Weise musikalisch widerspiegelt.“ (JOHANNSSOHN unter seiner Homepage)

Gibt es eigentlich unter progressiven Rockmusik-Fans auch Experten rund um die Geschichte – speziell der Bronzezeit und deren außergewöhnlichen Architektur sowie minoischen Kultur (bronzezeitliche Kultur Kretas), in der um 1900 bis 1450 vor Christi prunkvolle Paläste errichtet worden?
Bei wem die Antwort 'Nein!' lautet, der darf sich ganz besonders auf „Minoan Encounters“ von JOHANNSSOHN freuen, denn er bekommt neben einer fast 75 Minuten andauernden instrumentalen, progressiv rockigen und gleichermaßen elektronischen Musikreise in die Vergangenheit auch jede Menge historische Hintergründe zu einer Kulturepoche vermittelt, die vielen sicher bis dato überhaupt nichts sagte. Schließlich liegt diese weit über 3.000 Jahre zurück und auf den griechischen Inseln Kreta und Santorin.

Die minonische Kultur galt zudem – man höre und staune in diesen kriegerischen Zeiten der Gegenwart – als eine ganz besonders friedliche und sogar die während dieser Zeit errichteten Paläste, von denen wir vier dank JOHANNSSOHN und seiner Musik sowie des umfangreichen, sehr informativen Booklets, welches man in dem dreiflügeligen Digipak entdeckt, genauer in Ton, Text und Bild kennenlernen. Und alle, denen Instrumental-Prog am Herzen liegt, werden bei dieser musikalischen Palastbegehung sicher begeistert sein – vorausgesetzt ihnen gefällt solche Musik wie „The Fall Of The House Of Usher“ von dem Meisterwerk und zugleich Debüt des ALAN PARSONS PROJECT „Tales Of Mystery And Imagination – Edgar Allen Poe“ oder die Solowerke eines EDGAR FROESE und die außergewöhnlichen britischen Prog-Bands wie THE ENID und SKY, aber auch RICK WAKEMAN und BO HANSSON.

Das Album widmete der deutsch Musiker und ehemalige Keyboarder der Progrock-Band MORPHELIA seinen Eltern – der 2015 verstorbenen Hedwig und dem 1988 verstorbenen Johann – womit natürlich auch das Geheimnis hinter dem nordisch klingenden Künstlernamen von Günter Grünebast geklärt ist, denn schließlich ist Dieter Grünebast Johanns Sohn und damit der Sohn seines 1988 verstorbenen Vaters. Sein Kunst aber, instrumentale Musik zwischen Progressivem, Weltmusikalischem und Elektronischem zu schaffen, lässt durchaus die nordischen Bezüge zu seinem Musikernamen zu.

Minoan Encounters“ entwickelt sich über die fast 75 Minuten hin zu einem der wohl ungewöhnlichsten musikalischen Trips durch die Bronzezeit – genauer durch die minoische Kultur, welche als die älteste Hochkultur Europas gilt.

Warum das so ist, erleben wir über unsere Ohren in Form extrem abwechslungsreicher Instrumentalmusik, welche uns durch vier prunkvolle Paläste dieser Zeit führt. Leider gibt es im Netz keine Hörbeispiele (außer extrem kurze Ausschnitte unter der Grünbast-Homepage) zu entdecken, sodass der geneigte Leser sich tatsächlich mit den Kritikerworten zufriedengeben muss, um einen Eindruck von der Musik zu gewinnen.

Gemeinsam mit JOHANNSSOHN durchwandern wir vier unterschiedliche Paläste mit ihm als musikalischen Reiseführer – und es sind wunderschöne, spannende und sehr andersartige Paläste, die man vorab gar nicht zu kennen braucht, denn auf diese progressive Instrumental-Musik trifft genau die gleiche Beschreibung zu, wie auf die vier Paläste zuvor.
Jeder Palast wird uns von Günter Grünebast aka JOHANNSSOHN mit einer langen epischen Suite vertont, wobei er eine Vielzahl überraschender musikalischer Einfälle verarbeitet, die dazu beitragen, dass trotz der vier Longtracks niemals auch nur ein Moment von Langeweile aufkommt.

Eröffnendes Wellenrauschen stimmt uns anfangs auf die Insel-Atmosphäre des Albums ein, dann sakrale, finstere (elektronische) Klänge, die sich Richtung der Berliner Schule – irgendwo zwischen ASHRA TEMPEL, KLAUS SCHULZE und TANGERINE DREAM – bewegen, um dann in deutlich rockigere Gefilde abzudriften. Ein mehr als gelungener Start mit einem fetten Stück instrumental-progressiver Musik. Und wer nun die Erwartung hat, dass sich dieser instrumentale Koloss, welcher sich mitunter zu einem riesigen Wall Of Sounds steigert, fortsetzt, der wird nicht enttäuscht werden – und zwar das gesamte „Minoan Encounters“ lang, das sich gerne auch an eingängigeren, schönen, beinah ohrwurmartigen Melodien und Harmonien – diesmal zwischen einem VANGELIS und JEAN-MICHEL JARRE – abarbeitet, ohne dabei auch nur einmal ins Banale oder durchschaubar Plakative abzudriften oder eine Stimmung unnötig auszuwälzen, sondern diese permanent ändert und andersartig instrumentiert. Es ist verdammt viel los auf dieser musikalischen Inselbegehung mit JOHANNSSOHN.

Selbst fette Kirchen-Orgeln verstehen immer wieder zu begeistern, am intensivsten in „The Palace Of Knossos“, dem mit gut 20 Minuten längsten Epos der vierteiligen Palast-Reise, von der das kürzeste der knapp 17-minutige „The Palalce Of Zakros“ ist. Hier beweist sich zugleich, dass es absolut von Vorteil ist, wenn man im Laufe seiner Kindheit eine klassische Musikausbildung an der Kirchenorgel und später sogar eine Ausbildung zum D-Kirchenmusiker im Fach Orgel abschließen konnte – so wie eben Günter Grünebast, der in seiner musikalischen Zeitreise mitten hinein in die minoische Kultur immer wieder Orgeltöne anschlägt und mit einem urplötzlich auftauchendem fetten Orgel-Spiel („The Palace Of Knossos“), das im besten YES-'Going For The One'-Style einsetzt, alles, was es sonst so an orgeliger Progressivität auf dem Rockmusik-Markt zu entdecken ist, in den Schatten stellt. Unfassbar! Das absolute Highlight (Zumindest für alle YES-Fans)!

Dann wiederum dürfen wir wegen den immer wieder auftauchenden Electronics samt Soundeffekten und Stimmverfremdungen bei „The Palace Of Knossos“ an Jarres „Zoologic“ denken oder „The Palace Of Zakros“ in Berliner-Schul-Electronics der frühen KLAUS SCHULZE-„Timewind“-Art begrüßen, die dann deutlich rhythmischer und nach und nach auch (kraut-)rockiger wird.

Ein Hochgenuss diese Palast-Begehung samt Zeitreise in die Bronzezeit!
Chapeau, Herr Grünebast - JOHANNSSOHN!

FAZIT: Unter seiner Homepage beschreibt Günter Grünebast aka JOHANNSSOHN seine Musik, welche sich auf vier Paläste, die während der Bronzezeit (um 1900 bis 1400 vor Christie) entstanden, bezieht, sehr treffend als „sphärische elektronische Klänge treffen auf komplexe Rhythmen und Elemente des Progressive Rock vereinigen sich mit klassischer Musik“. In diesem Sinne wird JOHANNSSOHNs Album ein instrumentaler Ausflug Richtung Griechenland durch Raum und Zeit und Geschichte und Ruinen und eine unglaubliche Architektur, die Grünebast in seiner sehr einfalls- und abwechslungsreichen Musik verwirklicht, die Freunden guten Progs von YES bis ELP sowie der elektronischen Musik der Berliner Schule bis hin zu JEAN-MICHEL JARRE oder VANGELIS viel Freude bereiten wird.

Noch dazu gibt’s im 16-seitigen Booklet die Hintergründe zu den vier gewählten Palästen (Malia, Phaistos, Knossos, Zakros) sowie deren musikalischen Verwirklichung (in detailgetreuen Stufen, so als würde man durch jeden einzelnen Palast wandern, wobei viele Details zu entdecken sind – zwischen 10 bis 14 je Palast – die allesamt ihren eigenen Klang erhalten) zu erfahren, wobei auch die Gestaltung von Digipak und Booklet begeistert.

Es steckt viel Liebe und Können des ehemaligen MORPHELIA-Keyboarders in „Minoan Encounters“, was man von der ersten bis zur letzten, 74. Minute hört, weswegen wir auch dieses FAZIT mit Grünebasts zutreffenden Worten beenden wollen: „'Minoan Encounters' ist eine Begegnung zweier ungleicher Welten, die unerwartet aufeinandertreffen. Vier große minoische Paläste. Vier außergewöhnliche sinfonische Dichtungen.“

PS zur VERLOSUNG: Zur Feier des Tages und des Sonntags verlosen wir genau von diesem Album drei von JOHANNSSOHN signierte CD's. Einfach auf unserer Startseite die bis zum 5. November 2023 andauernde Verlosung anschauen, die Frage, welche sich unmittelbar auf diese Review bezieht, richtig beantworten und mit ein wenig Glück eins der drei signierten Alben gewinnen.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2220x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • The Palace Of Malia
  • The Palace Of Phaistos
  • The Palace Of Knossos
  • The Palace Of Zakros

Besetzung:

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Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Rainer Schmidt
gepostet am: 13.11.2023

User-Wertung:
14 Punkte

Überraschung! Das Morphelia-Album „Waken The Nightmare“ war für mich ein echtes Highlight. Schade dass es die Band nicht mehr gibt. Nach 14 Jahren nun ein Lebenszeichen (und was für eins) vom Ex-Keyboarder. Ich meide den Vergleich mit den Alt-Vorderen. Trotzdem nenne ich hier mal Klaus Schulze, Tangerine Dream, J.-M. Jarre. „Minoan Encounters“ von Johannssohn stellt hinsichtlich Komposition, Konzeption und Virtuosität, mit Verlaub, jedoch so manches Werk letztgenannter in den Schatten, bin als Musiklehrer sehr beeindruckt. Sehr außergewöhnlich im Stück „The Palace of Phaistos“ die mathematisch pragmatische Umsetzung des legendären Diskos von Phaistos, dazu unbedingt das Booklet lesen. Wegen der Komplexität dieses Albums und der vielen Themen geht nicht die ganze Musik gleich auf einen über – mehrmals hören, sehr empfehlenswert!
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