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While Heaven Wept: Fear Of Infinity - Massen-Review
Zwischen den amerikanischen Epic Progressive Metallern von WHILE HEAVEN WEPT und den deutschen Stahlschmieden von ATLANTEAN KODEX gibt es gewisse Gemeinsamkeiten. Beide Bands haben es zuletzt geschafft, aus dem Untergrund in den Mainstream aufzusteigen, wobei das nicht musikalisch gilt, sondern auf die Aufmerksamkeit, die sie bekommen, bezogen ist. Beide Bands lösen gleichermaßen begeisterte Euphorie wie verständnisloses Schulterzucken aus. Und beide Bands wurden aus eben diesen Gründen dem Mehrheitscheck bei musikreviews.de unterzogen. Heute im Programm: "Fear Of Infinity", das vierte Album von WHILE HEAVEN WEPT, das beim Branchenriesen Nuclear Blast erschienen ist.
Review von: Andreas Schulz (Profil)
Nein, so richtig kann ich mir auch nicht erklären, warum WHILE HEAVEN WEPT bei mir nicht funktionieren. Ich mag es progressiv, melodisch, emotional, düster – alles Attribute, die auf die amerikanischen Durchstarter durchaus zutreffen. Doch das hochgelobte und von vielen verehrte „Vast Oceans Lachrymose“ hat bei mir einfach nicht gezündet und mich weitestgehend kalt gelassen – mal sehen, was bei „Fear Of Infinity“ passiert.
Dass ich mit der Band nicht so wirklich viel anfangen kann, könnte auch daran liegen, dass mein Grundverständnis von Düsternis ein gänzlich anderes ist, als das von Bandleader Tom Phillips. Wenn er davon spricht, dass das neue Album eben sehr düster ausgefallen ist, kann ich das nicht wirklich nachvollziehen, denn für mich gehen Düsternis, Melancholie und Aggression Hand in Hand. Ein düsteres Album kann für mich grundsätzlich keine positiven Melodien beinhalten, die Melodien von WHILE HEAVEN WEPT sind aber tendenziell eher positiv. Über diesen Weg finde ich folglich keinen Zugang zu „Fear Of Infinity“. Dann schon eher über die Tatsache, dass das eröffende „Hour Of Reprisal“ unerwartet hart und treibend erklingt und mit Blastbeats überrascht, darüberhinaus gefallen auch Rain Irvings Gesangslinien in dem Song gut. Schon fast schade, dass die Nummer keine vier Minuten lang ist. Noch kürzer fällt „Destroyer Of Solace“ aus, was aber nicht weiter tragisch ist, da die reine Epic-Metal-Nummer meinen Geschmack nicht trifft, auch wenn sie recht eingängig ist. Das wiederum ist beim gemächlichen „Obsessions Now Effigies“ nicht der Fall, zunächst von Keyboards und Leadgitarren getragen, plätschert der Song erstmal dahin, ohne groß aufzufallen – weder positiv, noch negativ. Die flotteren letzten 90 Sekunden ändern daran auch nichts mehr. Andere werden bei diesem Song genauso von der Emotionalität schwärmen, wie beim balladesken „Unplenitude“, das aber mehr Zwischenspiel-Charakter hat, als dass man es als vollwertigen Song wahr nimmt. „To Grieve Forever“ ist ein verheißungsvoller Titel, doch hält der Song nicht, was die Benennung verspricht. Denn die Nummer ist schlicht und ergreifend langweilig und zieht sich dahin, ohne sich aus ihrer Lethargie zu befreien. Das doomige Einstiegsriff von „Saturn And Sacrifice“ vertreibt die eingesetzte Schläfrigkeit und geht mit seinem starken Gesang als zweitbeste Nummer nach dem Opener durch, nicht nur, aber auch, weil das Tempo mal wieder angezogen wird.
„Finality“ ist natürlich der Titel des letzten Songs und der startet mal wieder im gedrosselten Tempo mit melodischen Leads und dominanten Keyboard-Teppichen. Die Grundmelodie ist leicht melancholisch, ohne aber wirklich herzergreifend zu sein. Mit einsetzendem Gesang übernimmt die Akustikgitarre, bis es in einen schwerst kitschigen Refrain mit „Liebe bis in den Tod“-Lyrics geht. Der Song selber ist im Grunde genommen wie der Rest des Albums: ganz nett, handwerklich gut gemacht (wobei man da im Bezug auf die Keyboards drüber streiten kann), aber vom Hocker reißt mich hier nichts.
FAZIT: Sie waren bisher nicht „my cup of tea“ und ich bin mir sicher, dass sie es auch in Zukunft nicht mehr werden. WHILE HEAVEN WEPT sind sicherlich eine gute Band – mit Begeisterung dem neuen Album lauschen sollen aber andere.
8 von 15 Punkten
Review von: Chris P. (Profil)
Innerhalb der letzten beiden Dekaden hat sich die amerikanische Epic-Kapelle rund um Bandkopf Tom Phillips den Ruf einer Kultband erspielt. Release für Release werden euphorische Stimmen laut, und das war Grund genug, der Sache mal nachzugehen: Warum? Gänzlich ohne Bandkenntnisse, absolut „unvorbelastet“ an das aktuelle Werk herangehend, dem Genre alles andere als abgeneigt, muss der Tastenknecht feststellen: Gute Frage.
Mit waggonweise Zuckerguss wird der Anfang des Albums eingeläutet, und es lassen sich sogar dezente Black-Metal-Andeutungen ausmachen, doch letztendlich wird in diesem Stück in jeder Disziplin auf Standards zugegriffen, die zwar – wie fast alles im Verlauf der nächsten rund 37 Minuten – kompetent verbastelt werden, aber nirgendwo neue Impulse zu geben in der Lage sind. Pathos plus heroischer Gesang plus die rechte Hand den Schritt greifend, die linke Hand zur Faust geballt gen Himmel gereckt. Eine perfekte Momentaufnahme für die „RTL Aktuell“-Berichterstattung über Metalfestivals, hurra! Aber es kommt noch schlimmer: „Destroyer Of Solace“. Ringelreihe im Galopp, in den freien Händen das Trinkhorn, und gegen Ende bewirft man sich zu unfassbar komplexem (= recht vorhersehbarem, selbstzweckhaftem) Riffing gegenseitig mit vom Bier feucht gewordenen Erdklümpchen. Gut, dass die mit Permanentmarker auf die Kutte mit Kragen gemalten Bandlogos das abkönnen. Schwein gehabt.
Ein wenig erträglicher wird es dann mit dem doomig startenden „Obsessions Now Effigies“, das mit einer hübschen Melodieführung glänzt, doch die latente RONDO VENEZIANO-Kitschigkeit und die sich bereits jetzt wiederholenden Akkord- und Melodiemuster lassen die sich aufbauende, musikinduzierte Erektion wieder hoffnungslos in sich zusammenfallen. Ja, hatten wir denn schon Akustikgitarren? Mensch, die hätten wir ja fast vergessen! Na hallo, dann wird es aber mal Zeit, wir sind nämlich schon an der Albummitte angelangt. Sagen wir es mal so: Es ist ein großer Pluspunkt, dass Rain Irving im Gegensatz zu Hansi Kürsch der englischen Sprache auch in phonetischer Hinsicht mächtig ist, doch es machen sich dank des belang- und identitätslosen, mit irrsinnig seifenopernhaftem Klavierspiel aufgebrezelten Akustikgitarren in „Unplentitude“ narkoleptische Zustände beim Hörer bemerkbar.
Ein kleiner Schock dann beim folgenden „To Grieve Forever“. Nicht im musikalischen Sinne, denn da bleibt es nach wie vor vorhersehbar, aber: Diese semiakustischen Gitarren in den Strophen, Teufel noch mal, die sind verstimmt! Ver-stü-hümmt! Dass ein Sänger mal neben der Spur liegt (was auch der gute Rain ganz gut drauf hat), ist ja manchmal noch etwas, bei dem man Nachsicht gewähren lassen kann – gerade wenn der Stimme einiges abverlangt wird. Aber so ein Stimmgerät sollte vor Albumaufnahmen durchaus regelmäßig eingesetzt werden. Mit „Saturn And Sacrifice“ soll dann wohl die Doom-Keule noch mal ordentlich geschwungen werden, doch hier werden urplötzlich – zumindest am Anfang – Assoziationen zu den schlüpferstürmerhaften vier Metal Ballads-Samplern aus den Jahren 1988 bis 1991 wach. So langsam brauch ich meine Tabletten.
„Finality“, der Abschlusssong. Der Epik Krönung? Mitnichten, denn die gerade in den balladesken Momenten der Band immer wieder auftauchenden ewig gleichen Abfolgen werden noch einmal quälend breit sieben Minuten lang ausgewalzt, ähnlich wie der Teig einer Rekordpizza bei Jumbo Schreiner in „Galileo“. Darauf natürlich ein Pilsken, denn ab Minute numero sieben des insgesamt elfminütigen Stückest ist wieder Ringelreihe angesagt. Heldenhaft.
FAZIT: Mir kommen die Tränen. Und der Himmel greint. Elendig.
6 von 15 Punkten
Review von: Daniel Fischer (Profil)
Um es gleich mit entsprechend blumigen Worten, passend zur Musik von WHILE HEAVEN WEPT, vorweg zu nehmen: Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust. Einerseits bietet das für die Verhältnisse dieser Band unglaublich schnell nachgeschobene Folge- und Komplementärwerk zu "Vast Oceans Lachrymose" (2009) wieder genau diese verträumten Melodien, diese in Musik gegossene Sehnsucht und Melancholie, diesen romantischen Epic Metal. Andererseits wirken große Teile des Materials irgendwie behäbiger, fast träge, vor allem die Gesangsmelodien werden oft arg langgezogen. Die beiden ersten, härteren und schnelleren Tracks täuschen zunächst darüber hinweg, denn "Fear Of Infinity" klingt insgesamt ruhiger und getragener als der Vorgänger. Zudem scheint sich der deutlich straffere Zeitplan doch ausgewirkt zu haben: Die Songs beider Alben entstanden zusammen, jedoch nahm man sich für die Ausarbeitung des letzten Meisterwerks mehrere Jahre Zeit und erstellte immer wieder verfeinerte Demo-Versionen. Dagegen wirken die diesmal erst im Studio endgültig vollendeten Songs manchmal etwas weniger sorgfältig durchdacht und nicht so detailreich. So beginnt das Album beispielsweise in “Hour Of Reprisal” mit sich immer wieder steigernden Akkordfolgen, die auf ein grandioses Finale hindeuten, welches aber nicht kommt. Stattdessen geht die Band fast nahtlos in “Destroyer Of Solace” über, eigentlich ein richtiger US-Metal-Hit, wenn da nicht die zweite Songhälfte fehlen würde. Diese wird dann quasi mit “Obsessions Now Effigies” nachgeliefert.
Man merkt schon: Im Albumkontext funktioniert das alles wunderbar, ein Track fließt in den anderen, aber einzeln herausgegriffen wirken die Kompositionen unvollständig. Die Ballade “Unplenitude” scheint fast nur ein Intro zu sein und geht folgerichtig in “To Grieve Forever” über, welches aber auch eher ruhig gehalten ist. Bei diesen beiden Tracks fällt dann die Trägheit in der Melodieführung besonders negativ auf. Das geht so weit, dass man sich beim Refrain von “To Grieve Forever” fast wünscht, Sänger Rain Irving wäre still und würde nur die Musik sprechen lassen. An seiner Stimme liegt es jedoch nicht, er klingt auch auf diesem Album ausgezeichnet, das Problem ist vielmehr das Songwriting. Die Gesangsmelodien werden einfach zu oft sehr lang gezogen und folgen meist nur den Akkordwechseln der Keyboards, ohne sich von ihnen abzuheben. Dadurch wirkt das Material stellenweise recht behäbig, fast unnatürlich verlangsamt und der Dynamik beraubt.
“Fear Of Infinity” stellt trotz der genannten Kritikpunkte wohl das abwechslungsreichste Werk von WHILE HEAVEN WEPT dar. Nach dem heftigeren Beginn und dem getragenen Mittelteil folgt mit “Saturn And Sacrifice” eine Doom-Metal-Hymne, die auch einer Kollaboration zwischen Gitarrist Tom Phillips und CANDLEMASS-Mastermind Leif Edling entsprungen sein könnte. Und mit “Finality” enthält das Album schließlich auch die obligatorische, überlange Epic-Nummer, bei der es erneut viele getragene, fast sphärische Passagen, die typisch verträumten Gitarren-Leads, aber auch packende, bombastische Parts zu hören gibt. Spätestens beim herzzerreißenden Refrain vergisst man alles vorangegangene Genörgel und ist wieder völlig ergriffen, denn nur diese Band beherrscht diese Stilistik in dieser Form. Allerdings hat man auch beim Abschluss des Albums das Gefühl, dass hier noch nicht das letzte Quentchen Erhabenheit herausgekitzelt wurde, klingen doch die letzten Minuten von “Finality” nicht ganz so bombastisch wie erwartet. Erneut werden langgezogene Gesangsmelodien zu oft wiederholt, während man eigentlich auf eine Steigerung oder Variation wartet. Man kann schon erahnen, welch furioses Finale Tom Phillips vorschwebte, in der jetzigen Version wirkt das Ganze jedoch ein wenig halbherzig, als fehle noch das endgültige Arrangement.
FAZIT: Vieles funktioniert auf “Fear Of Infinity” nur im Albumkontext, einzeln herausgegriffen wirken die meisten Tracks unvollständig. Man gewinnt den Eindruck, dass mit ein wenig Zeit und Aufwand noch mehr aus dem Material geworden wäre, nämlich ein wirklich rundum vollendetes Album mit detailliert ausgearbeiteten Kompositionen. Dieser kleine Kritikpunkt wäre jedoch locker zu verschmerzen, handelt es sich hierbei schließlich nicht um eine Ansammlung von Singles. Etwas schwerer wiegt da schon diese gewisse Trägheit in der Melodieführung, die sich vor allem in den ruhigen Nummern eingeschlichen hat und welche die eigentlich sehr dynamisch agierende Band ein wenig hemmt und ausbremst. Trotzdem bietet auch “Fear Of Infinity” wieder großartige Musik, ergreifende Melodien und diese einzigartige Melancholie und Sehnsucht, wie sie nur WHILE HEAVEN WEPT vertonen. Für Liebhaber der Band und vor allem des letzten Albums “Vast Oceans Lachrymose” deshalb ein Pflichtkauf, auch wenn es nicht an dieses Meisterwerk heranreicht.
12 von 15 Punkten
Review von: Dr. O. (Profil)
Irgendwer muss ja bei den Massenreviews die Arschkrampe sein, hier bin wahrscheinlich ich es. Anyway, 20 Jahre haben WHILE HEAVEN WEPT auf dem Buckel. Das merkt man. Leider ist der Band all das verlorengegangen, was Metal ausmacht: Kraft, Wut, Intensität beispielsweise. „Fear Of Infinity“ plätschert am Rande der Belanglosigkeit vor sich hin, der Gesang ist wunderschön, aber berührt mich in keiner Weise, gibt es in einer Melodie die Wahl zwischen gut oder böse wirkenden Tönen, wurde immer die nette, schmerzlose Variante gewählt. Das im Zusammenhang mit WHILE HEAVEN WEPT immer wieder erwähnte Genre „Doom“ ist komplett abgeschrieben, das hier ist harmlose standardisierte Kost von der Stange für den Massenkonsumenten.
FAZIT: Die perfekte Band für den 20:00 Slot am Samstag Abend in Wacken. Nette Musik, die niemanden wehtut, für gute Laune sorgen kann, mein Lebensgefühl aber zu keiner Sekunde trifft.
7 von 15 Punkten
Review von: Lothar Hausfeld (Profil)
„Erinnert mich an eine Mischung aus Gamma Ray und Stratovarius.“ Es sind Momente wie diese, die mich a) an der Zurechnungsfähigkeit der Menschheit zweifeln lassen und b) am liebsten den Hauptstecker aus dem Internet ziehen lassen möchten.
Gelesen wurde der Satz in einem öffentlichen Forum, das vorgibt, sich vor allen Dingen aus Heavy-Metal-Hörern zusammen zu setzen. Gemeint war dabei nicht etwa Symfonia, die neue Band von Timo Tolkki (denn da hätte es gestimmt), sondern „Fear Of Infinity“, das neue Meisterwerk von WHILE HEAVEN WEPT. Unfassbar, welchen Blödsinn das Netz produzieren kann.
Nach „Vast Oceans Lachrymose“, das der Underground-Legende erstmals größere Aufmerksamkeit zuteil werden ließ, war klar, dass es der Nachfolger relativ schwer haben wird. Die Band geht dabei keinesfalls den Weg des geringsten Widerstands, erweitert ihren Sound auf „Fear Of Infinity“ um einige schnelle und harte Passagen, insbesondere im Eröffnungsdoppel „Hour Of Reprisal“ und „Destroyer Of Solace“, agieren darüber hinaus etwas sperriger. Man braucht definitiv mehrere Durchläufe, ehe sich die gesamte Pracht dem Hörer eröffnet – doch dann bietet „Fear Of Infinity“ in jedem Durchlauf neue Nuancen, die es zu entdecken gilt.
Auch wenn die Band jetzt bei Nuclear Blast unter Vertrag steht: Sie werden keine Megaseller werden. Wie auch? Auch 2011 wird die Mehrheit der Hörer überfordert sein mit dem Mix aus Epic, Prog und Doom Metal, der ganz ungeniert mit kitschigen Elementen kokettiert. Auch 2011 gibt es erhabene Slow-Motion-Songs voller Dramatik und Verzweiflung, epische Melodien, vertrackte Passagen, wunderschöne Melodien. Breitwand-Kinomusik, nicht zum Nebenbeihören
Hatte „Vast Oceans Lachrymose“ mit „Vessel“ und „The Furthest Shore“ zwei Über-Songs für die Ewigkeit, dafür aber auch instrumentale Füllstücke, so sind alle sieben Songs auf „Fear Of Infinity“ von schlichtweg brillantem Glanz. Egal, ob das getragene „To Grieve Forever“, das heftige „Destroyer Of Solace“, das metallische „Saturn And Sacrifice“ oder das monumentale Abschluss-Drama „Finality“ mit integrierter Tränendrüsen-Freischaltung ist.
FAZIT: Ein Klassiker. Nicht mehr – nicht weniger.
14 von 15 Punkten
Review von: Lutz Koroleski (Oger) (Profil)
Wenn man die Zeitspannen betrachtet, die zwischen den ersten drei Studio-Alben von WHILE HEAVEN WEPT („Sorrow Of The Angels“ – 1998, „Of Empires Forlorn“ – 2003, „Vast Oceeans Lachrymose“ – 2009) und dem aktuellen Werk liegen, könnte man fast schon von einem Schnellschuss sprechen. Nach den Informationen im Booklet sind aber auch die neuen Songs über viele Jahre hinweg entstanden und verfeinert worden. Demnach ist „Fear Of Infinity“ zumindest nicht übereilt auf Druck des neuen Labels entstanden, sondern der Wechsel zu Nuclear Blast hat durch die entsprechende organisatorische und finanzielle Rückendeckung eine zügigere Arbeitsweise ermöglicht, als das in der Vergangenheit der Fall war, in der Mastermind Tom Phillips seine Musik unter weit schwierigeren Umständen am Leben erhalten musste.
Und von einem Qualitätsabfall ist beim Opener „Hour Of Reprisal“ wahrlich noch nichts zu merken. In Hinblick auf Sound und Melodieführung knüpft der Song nahtlos am grandiosen Vorgänger „Vast Oceans Lachrymose“ an, die Geschwindigkeit ist dabei recht hoch, bei einigen Gitarren-Parts klingen gar leichte Black-Metal-Einflüsse an. Das nachfolgende „Destroyer Of Solace“ fällt stilistisch in die Kategorie „Verbeugung vor den frühen FATES WARNING“. Einen Song dieser Art gab es mit „To Wander The Void“ schon auf dem Vorgänger-Album zu hören. Der gefiel mir allerdings wesentlich besser, denn gesangstechnisch stößt Rain Irving bei den hohen Passagen doch an seine Grenzen. Mit dem anschließenden „Obesessions Now Effiegies“ werde ich auch nach etlichen Durchgängen nicht so recht warm. Beileibe kein schlechter Song, aber – bis auf den großartigen Bombast-Schlusspart – fehlen hier einfach die packenden Melodiebögen, die diese Band sonst so auszeichnen. Die Klavierballade „Unplentitude“ baut dagegen zunächst diese Band-typische Spannung auf, enttäuscht dann aber im Refrain. Das bloße mehrfache Wiederholen des Songtitels ist ein neues Stilelement, auf das ich auch hätte verzichten können. „To Grieve forever“ beginnt mit einem tollen Doom-Riff, geht über in eine sehr schöne Melodie auf der Akkustischen, doch dann wartet man sechs Minuten vergeblich auf einen echten Höhepunkt. Beim vorletzten Beitrag dieses erneut recht knapp ausgefallenen Albums gleicht der sehr eingängige Refrain die arg vorhersehbare Strophenmelodie einigermaßen aus, obwohl „Saturn And Sacrifice“ für mich den bisher am wenigsten berührenden WHILE HAVEN WEPT-Song überhaupt darstellt. Würde „Fall Of Infinity“ nicht durch den großartigen Longtrack „Finality“ abgeschlossen, müsste man fast von einer kleinen Enttäuschung sprechen. Aber hier wird noch einmal alles aufgeboten, was die Klasse dieser Band ausmacht: Gänsehaut-Melodien, Epik und Dramatik. Ganz große Kunst.
FAZIT: Wider Erwarten ist das vierte Studio-Alben von WHILE HEAVEN WEPT eine etwas zwiespältige Angelegenheit geworden. Neben gewohnt großartigen, packenden Epik-Hymnen, die nahtlos an die bisherigen Großtaten der Band anknüpfen, macht sich in der Mitte des Albums so etwas wie Routine breit. Bei einigen Songs fehlen einfach die mitreißenden Ideen und Spannungsbögen, die auf den Vorgängern eigentlich durchgängig vorhanden waren. Zudem sucht man diesmal auch einen Übersong wie „Vessel“ vergeblich. Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich den drei bisher erschienen Alben eindeutig den Vorzug gegenüber dem vorliegenden Werk geben. Bleibt zu hoffen, dass das Album im Langzeittest noch weiter wächst.
10 von 15 Punkten
Review von: Sascha Ganser (Profil)
Angst vor der Unendlichkeit. Verständlich, die kann man nach über 20 Jahren Bandgeschichte schon mal bekommen. Inbegriffen ist da wohl auch die Furcht vor dem Stillstand, die gerade episch angelegte Musik mit sich trägt. Dabei wirken WHILE HEAVEN WEPT anno 2011 extrem lebendig. Mit Sicherheit fast zu lebendig für so manchen Geschmack…
"Vast Oceans Lachrymose" hatte vor zwei Jahren ganz neue Hörerschichten generiert. Darunter auch meinereiner, der nicht nur als Band- sondern auch Genrefremder plötzlich die Jubelarien nachzuvollziehen hatte, die die Szene mit Nachdruck signalisierte. Und jetzt der unverhoffte Wechsel zu Nuclear Blast. Doom-Puristen und langjährige Anhänger sind fast schon gezwungen, mit Empörung zu reagieren. Eine Band wie WHILE HEAVEN WEPT hat eben nicht auf diese Weise fortzuschreiten, sie hat sich nicht dem Mainstream anzunähern, sie soll gefälligst keine Hörerschaften anlocken, die sich in der Szene nicht auskennen, und schon mal gar keine Rezensenten, die keine Ahnung von der Materie haben.
Alles haltlose Spekulation, letztendlich: Nicht nur, dass das Material bereits vor dem Nuclear-Blast-Wechsel geschrieben wurde und der Ausverkaufsvorwurf somit schon im Vorfeld getilgt wird, auch besticht das Material mit zeitloser Reife, die mit Trends nicht das Geringste zu tun hat. "Fear Of Infinity" ist Reinheit. Unvermitteltheit. Allgemeingültigkeit.
Im Vergleich zu "Vast Oceans Lachrymose", das – John Martins Gemälde gleich – einen physischen Sturm und Drang aus Licht und Schatten entfesselte, gibt sich das Nuclear-Blast-Debüt noch universeller und zugleich vereinfachter, wenngleich ähnlich abwechslungsreich. Jeder Song anders, jeder Song eine Hymne, das kennt und liebt man wohl so an WHILE HEAVEN WEPT; diesmal jedoch wurden die Grundzüge noch weiter entschlackt und direkter inszeniert.
Tempo und Höhenlage verschieben sich während der ersten drei Songs fließend: Wo "Hour Of Reprisal" schnell und hoch beginnt, der Gesang sich gar in immer höhere Sphären aufzuwiegeln versucht, da behält "Destroyer Of Solace" die Schnelligkeit bei (oder erhöht sie gar), strebt allerdings nach einer Tiefe, die für "Obsessions Now Effigies" beibehalten wird – nur, dass der Sternenkreuzer hier seinen Schnellflug temporär drosselt. Er sucht und findet die grazile Anmut von "Unplentitude", einer Pianoballade, die mit ihrer permanent im Wechsel befindlichen Form und ihrem ebenso einfachen wie fesselnden Grundmotiv einen Moment des Innehaltens simuliert, der die Atmung kurz verlangsamt – wenngleich sich gerade hier, in den Minuten der größten Verletzlichkeit des gesamten Albums, die offensichtlichsten Angriffspunkte bieten. "To Grief Forever" wird mit WHW-typischen Twin Guitars eingeleitet, die irgendwann einspurig werden und rastlos bleiben in dem Anliegen, einen Platz zu finden, um sich niederzulegen. "Saturn And Sacrifice" variiert den Rhythmus gen Doom und Hard Rock – vielleicht eines der letzten Relikte auf dem Album, das an spezifische Genremechanismen erinnert, die jenseits reinen "Epic Metals" liegen. "Finality" ist erwartungsgemäß als Endgültigkeit verkörpernder, letztplatzierter und majestätisch langer Monolith das Highlight, ein sich schleichend aufrichtendes Definitivum, das zuletzt den gesamten Horizont bedeckt.
FAZIT: Ich weiß nicht, ob WHILE HEAVEN WEPT jemals zeitloser geklungen haben, noch authentischer, noch mehr nach einem zu schmeckenden und zu spürenden Erlebnis. "Fear Of Infinity" demonstriert konsequent, weshalb man dieser Band verfallen kann: Weil ihre Melodien universell genug sind, um Jahrzehnte zu überdauern. Auslegen kann man die präziser gehaltenen, schlicht-schönen Stücke diesmal allerdings auch als kompositorische Ratlosigkeit, als Zelebrierung des Status Quo. Lügen würde ich, wäre mir dieser Gedanke nicht hier und da in den Sinn gekommen. Wer diesen Standpunkt vertritt, übersieht allerdings vielleicht das doppelbödige Spiel mit der Unendlichkeit, das hier getrieben wird.
11 von 15 Punkten
Durchschnittspunktzahl: 9,71 von 15 Punkten.