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Interview mit KADAVERFICKER (05.02.2022)

KADAVERFICKER

Mit dem "Feel Dead Hit Of The Summer" haben die sonst für "Nekrokore" zuständigen Gemetzel-Spezialisten KADAVERFICKER eine astreine Gothic-Nummer abgeliefert, die wahrlich Hit-Qualitäten aufweist. Deren Sänger, in Stadt und Land unter dem Namen "Goreminister" bekannt, ist nicht nur auf YouTube äußerst umtriebig, sondern seit Jahrzehnten im Underground aktiv und ein Paradebeispiel für metallische DIY-Bodenständigkeit. Wie die Dortmunder Krachschläger auf die Idee kamen, mal etwas ganz Anderes aufzunehmen, erklärt der Minister gerne.

Moin Goreminister, es freut mich, dass Du Dir Zeit nimmst, um über eine Single Rede und Antwort zu stehen, der mit Fug und Recht das Wörtchen "Hit-" vorangestellt werden darf, denn mit dem "Feel Dead Hit Of The Summer" ist Euch ja in der Tat ein absolut eingängiger und starker Song geglückt - allerdings mit einem Sound, den wohl nicht viele von KADAVERFICKER erwartet hätten. Nun weiß ich um Dein Faible für atmosphärische Klänge und erinnere einige Aufnahmen jenseits von Death und Grind, kann mir also vorstellen, dass Dir die Idee zu einem solchen Song bereits lange vorschwebte - oder ist er doch Resultat einer spontanen Idee?

Goreminister: Vielen Dank erst einmal dafür, dass ich deine Fragen beantworten darf und... Nun ja, was soll ich sagen? Das war echt eine spontane Idee. Ich habe den "Most Mysterious Song On The Internet" gehört und mir direkt gedacht: DAS müssen wir covern. Gesagt, getan. Ich hab‘ den Song an den Major geschickt und der hat binnen einer Stunde alle Riffs heraus gehört und per Whatsapp eine erste arrangierte Aufnahme geschickt. Danach haben wir weiter überlegt was wir damit machen. Digital release? Tape? Als Bonus auf ein kommendes Album? Und die Antwort war uns dreien dann klar: Es muss auf eine 7" Single, doch was packt man auf die B-Seite? Auch da hat der Major nicht lange gefackelt und direkt einen Song geschrieben. Eben jenen "Feel Dead Hit Of The Summer". Der Titel ist übrigens ein Wortwitz und entspringt dem "Feel Good Hit Of The Summer" von den Queens of the Stone Age. Diese Idee stammt wiederum vom Corporal, und ich fand das so gut, dass ich darauf dann textlich und gesanglich eingestiegen bin. Als wir den Song dann beim Dous aufgenommen haben, fanden wir das Arrangement immer besser, haben das Grundgerüst des Songs hier und da noch feiner geschliffen und - zack! - kamen wir zu der Erkenntnis, dass der Song die eigentliche A-Seite sein sollte. Seltsam, aber so steht es geschrieben...

Euer Video nehme ich als Liebeserklärung an Euren Pott und eine Stadt wahr, die entdeckt werden möchte. Mir selbst wurde jedenfalls warm ums Herz, als ich die Übelgönne und das Dortmunder U erblickte, denn da hängen so einige Erinnerungen dran. Ist der "Feel Dead Hit..." vielleicht auch ein spätes Echo auf lange Nächte im Spirit, in der Waschküche oder im (alten) FZW?

Auch das ist Zufall. Eigentlich wollten wir das Video in einer verlassenen Zechensiedlung drehen, die gar nicht in Dortmund gelegen ist, doch diese war bereits abgerissen und demnach nicht zu nutzen. Dann kam uns aber der Gedanke, dass wir so viele "schöne" Ecken hier in Dortmund haben, so dass man das Video auch hier drehen kann. Also haben wir uns einen Nachmittag Zeit genommen, sind durch Dortmund gelaufen, waren viel in einem Industriegebiet unterwegs und haben einfach unser Ding gemacht. Natürlich musste ein denkwürdiges Wahrzeichen wie das Dortmunder U im Video auftauchen und natürlich ist es auch eine Art Liebeserklärung an die Stadt und die Zeit in den 90ern als man seine Sturm- und Drang-Phase hatte. Im Endeffekt hatten wir einen schönen Nachmittag und das Video wurde am gleichen Abend noch geschnitten und fertiggestellt. Manchmal ist der Zufall einer der besten Künstler.

Mit der Single fühlt Ihr Euch auf Idiots Records gut aufgehoben, nehme ich an. Inwiefern steckt darin eigentlich auch ein bisschen was vom Phantoms-of-Future-Sound, mit dem Du sicher auch aufgewachsen bist?

Absolut! Hannes macht da einen hervorragenden Job und unterstützt uns, wo es nur geht. Selbstverständlich war Herr Smith auch eine Inspirationsquelle für mich, schon alleine wegen der Bühnen-Show, die er abzieht. Das ist einfach unfassbar kraftvoll und hat wahnsinnig viel Energie. Gerade bei den Phantoms mochte ich das immer sehr. Der Song hingegen orientiert sich aber eher an den alten "Gruftihelden" wie z.B. The Cure, Sisters Of Mercy oder aber auch Joy Division - alles Bands, die wir als KADAVERFICKER schätzen und lieben.

Das Video lässt zudem vermuten, dass der Drehtag lustig, aber auch nicht ganz ungefährlich war, und nach meiner Erfahrung geht sowas nie ohne erinnerungswerte Anekdoten ab...?

Wie oben beschrieben, war es ehrlich gesagt alles furchtbar spontan. Ich war schon total gefrustet, weil ich Bilder im Kopf hatte, die ich umzusetzen versuchte, aber dann klappte dies nicht oder das nicht. Irgendwann haben wir gesagt: "Scheiß drauf, wir machen das jetzt hier!“ Dabei haben wir einen Graffiti-Maler getroffen, der uns noch einen "geheimen" Gang zu dem Gelände verraten hatte, nachdem der Major ihn gefragt hatte, wie er auf das Gelände zum Sprühen kommt. Er entgegnete darauf nur: "Ist das so offensichtlich?" Also gab es eine Kanne Kronen als Dank und wir zogen unserer Wege, aber eine wirklich witzige Geschichte gab es dabei nicht.

Mit dem Song auf der B-Seite habt Ihr nicht nur ein mysteriöses Lied aufgegriffen, sondern auch eine Erfahrung, die wohl viele Kassettenkinder machen: Da fällt dir nach Jahren ein Tape in die Hände, du legst es ein, und dann haut dich ein Song sowas von den Socken - doch du kommst in drei Teufels Namen nicht mehr darauf, von wem die Nummer ist... Kommt Dir das bekannt vor und was hat Euch bewogen, dieses Lied aufzunehmen?

Auch das war wieder Zufall. Einer meiner YouTube-Zuschauer hat einen Link zu dem Song unter eines meiner Videos gepostet. In dem Kommentar stand so etwas wie "ein Song aus einer Paralleldimension". Da wurde ich natürlich hellhörig. Ich habe ihn zehn Sekunden gehört, und dann hat mich der Sound nicht mehr losgelassen. Da ich anschließend direkt die LP erwerben wollte, bin ich auf die Suche gegangen und stieß dabei auf die Geschichte, die diesen Song umrankt. Sehr eigenartig. Aber ja, ich kenne das mit den Songs, die man auf Tapes etcetera entdeckt, aber nicht weiß, was es ist. Zum Glück greift bei 90 Prozent Shazam, haha. Nur bei dem eben nicht. Und weil ich ihn persönlich gern auf Vinyl gehabt hätte, haben wir ihn halt selber aufgenommen.

Du bist ja selbst Gefühlsmensch und Fan genug von anderen Bands, um von einem Song so richtig gepackt und mit Begeisterung durchflutet zu werden, ergo nimmst Du es hoffentlich anderen und mir nicht zu krumm, wenn aus der Begeisterung heraus der Wunsch laut wird, dass Ihr doch bitte noch ein paar Lieder in diesem Stil zum Besten gebt - dass Euch dieser Sound extrem gut steht, das könnt Ihr nicht mehr ernsthaft leugnen?! Und Du bist doch sicher happy mit Deinem Gesang auf diesen Aufnahmen?

Im Gegenteil! Ich nehme es niemandem krumm, wenn er Begeisterung für unseren Song entwickelt, sondern begrüße es. Ich meine, dafür macht man das ja alles, richtig? Man möchte Menschen unterhalten, sie auf schönere Gedanken bringen oder ihnen einfach nur eine gute Zeit bescheren. Dass da der Wunsch der Zuhörer nach mehr laut wird, ist verständlich und wurde auch schon äußerst oft in diversen Kommentaren geäußert. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nur eins sagen: Wir schreiben gerade an neuen Songs und es wird... sagen wir mal ... weitere Überraschungen in dieser Hinsicht geben.

Ohne den "Feel Dead Hit..." hätte ich vorerst wohl kaum vom Kanal von Odin Grimbart für "Heavy-Metal-Entschleunigung" erfahren, dessen Betreiber ja auch laut darüber nachdenkt, ob Du nicht mal ein Synth-Wave-Projekt aus der Taufe hebst. Was meinst Du dazu?

Ich sage immer: Warum nicht? Ich für meinen Teil hätte schon Lust dazu, aber Zeit und Energie wollen wohlweislich eingeteilt sein. Generell kann ich mir das aber sehr gut vorstellen. Aktuell verfolge ich noch andere spannende Projekte, also wird 2022 noch das eine oder andere kommen, über das ich allerdings noch nicht sprechen kann, weil es noch in der Aufbauphase ist.

So, ich will Dich auch nicht nerven, weil ich nur auf der Single rumreite und mich sonst als Ignorant gegenüber Deiner Band outen muss. Du kennst mich ja ein kleines bisschen: Gibt es noch KADAVERFICKER-Songs, die Du einem Hippie wie mir ans Herz legen magst?

Der "Feel Dead Hit Of The Summer" ist schon eine aktuelle Ausnahmeerscheinung bei uns, also gibt es in der Richtung nicht wirklich viel, aber wenn du mal hören möchtest, wie unsere Death-Metal-Huldigung an die Band Ghost klingt, dann empfehle ich das Lied "Deus Ex Sathanas" von unserer letzten Scheibe "Kaos Nekros Kosmos". Und auch der Titeltrack von eben jener Scheibe ist sicherlich einer der atmosphärischsten Songs, die wir jemals mit KADAVERFICKER geschrieben haben.

Danke, Goreminister, für Deine Zeit, Du hast ja wirklich genug um die Ohren, und alles Gute für all Deine Projekte!

Ich habe zu danken, dass du mich hast zu Wort kommen lassen, und natürlich gebe ich alle besten Wünsche für 2022 zurück. Auf das wir einfach alle glücklich werden mit dem, was wir tun.

Thor Joakimsson (Info)
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