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Interview mit Ära Krâ (15.05.2011)
Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich... im Gegensatz zum Rumpelstilzchen lassen sich die Mitglieder der deutschen Band ÄRA KRÂ bisher nicht entlocken, welche Musiker sich dahinter verbergen. Auch im Interview, das angesichts des tollen Debütalbums "Ferne Tage" geführt wurde, ließ man sich nicht hinter die Karten gucken und setzt ausschließlich die Musik in den Fokus.
Hallo und herzlichen Glückwunsch zu einem Album, das mich schlichtweg umgehauen hat und die beste Eigenproduktion der letzten Jahre ist. Habt ihr auch sonst so überschwängliche Reviews bekommen oder ist meines eher eine Ausnahme?
Danke erstmal für die netten Worte! Über die bisher erhaltenen Reviews können wir uns nicht beschweren.
Wie seid ihr auf den seltsamen Bandnamen gekommen und was soll er bedeuten? Mit dem Wort "Ära" kann ich ja noch was anfangen, mit "Krâ" allerdings nicht und auch die allwissende Wikipedia hilft mir da nicht weiter.
"Ära" steht bekanntlich für Zeitalter, "Krâ" ist mittelhochdeutsch für Krähe. Mehr möchten wir auch gar nicht erläutern, da der Name metaphorisch zu verstehen ist und man ihn auf verschiedene Art und Weisen interpretieren kann.
Ihr habt bisher nicht preis gegeben, wer hinter der Band steckt, weil ihr als Einheit betrachtet werden wollt. Demnach müsst ihr ja mit Masken auf die Bühne gehen, um nicht erkannt zu werden, oder? Auch wenn bei euch wohl keine weltbekannten Gesichter in der Band vertreten sind (das rate ich mal so ins Blaue hinein), wird es doch sicher Leute geben, die den einen oder anderen von euch wiedererkennen würden. Oder werdet ihr nicht live spielen, womit sich das Problem ja gar nicht erst stellen würde?
Wir haben uns bisher noch keine Gedanken über unser Auftreten auf der Bühne gemacht, da wir momentan keine Live-Umsetzung planen. Mit Masken, die unsere Gesichter verdecken sollen, würden wir aber dennoch nicht auftreten.
Der Kollege von metal.de, der euer Album besprochen hat, ist sich fast sicher, dass der ehemalige Fuck Your Shadow From Behind-Sänger Adrian Schler bei euch ins Mikro brüllt – hat er Recht?
Das hat jeder für sich selbst herauszufinden. Wir sind der Meinung, dass es nicht wichtig ist, welche Personen hinter der Musik stecken.
Im Grunde genommen habt ihr ja Recht damit, dass Musik keine Namen und keine Gesichter braucht. Aber ist das wirklich ein Argument dafür, anonym zu bleiben? Welche Nachteile hätte es denn, wenn die Leute wüssten, wer hinter ÄRA KRÂ steckt? Und umgekehrt – welche Vorteile habt ihr dadurch außer, dass die Hörer unbefangener an eure Musik gehen, wenn sie nicht wissen, in welchen Bands ihr vorher aktiv wart oder noch seid?
Für uns war es definitiv ein Argument, um unser Anliegen, die Musik, an erste Stelle zu setzen, konsequent durchziehen zu können. Wie du schon richtig erkannt hast, ist ein Vorteil der, dass die Leute unbefangener an unsere Musik gehen. Im Endeffekt hätten sich die Vorteile wahrscheinlich mit den Nachteilen gegenseitig aufgehoben und da wir eine klare Trennlinie zwischen unseren anderen Projekten ziehen wollen, war dies ebenfalls ein Argument dafür, nicht preiszugeben, wer wir sind.
Ihr habt euch dafür entschieden, ohne Plattenfirma zu arbeiten, um künstlerisch unabhängig zu sein. Anderseits gibt es doch sicherlich auch genug Label, bei denen es den Machern nicht darum geht, ihren Künstlern reinzureden, sondern bei denen die künstlerische Freiheit üblich ist. Zudem macht ihr ja einen Sound, der durchaus zeitgemäß ist und der sich sicher gut verkauft, wenn er ordentlich promotet wird. Sind all das keine Argumente für die Zusammenarbeit mit einem Label?
Das sind alles gute Argumente und es gibt auch genügend Plattenfirmen, die ihren Künstlern genügend Freiheiten gewähren. Labels verfügen natürlich über ein größeres Netzwerk, mehr Erfahrung und ein höheres Budget. ÄRA KRÂ ist jedoch als eine Art Experiment zu verstehen, welches so ein Label nicht ohne Weiteres mitgemacht hätte. Man kann sagen, dass uns die Bindung an einen Vertrag einfach keinen Gewinn auf dem Weg zu unserem Vorhaben gebracht hätte, weshalb wir uns gegen eine Zusammenarbeit mit einem Label entschieden haben. Zudem haben im gesamten Prouktionsprozess zu unserem Album nur Freunde oder Personen, die wir gut kennen, mitgewirkt. Bisher können wir sagen, dass es auch so funktioniert – was man z.B. daran sieht, dass sich die CD trotz der Möglichkeit, sie kostenlos herunterladen zu können, verkauft und wir schon nach wenigen Wochen seit Veröffentlichung Bestellungen und durchweg positives Feedback aus der ganzen Welt erhalten haben.
Oder habt ihr bisher nur negative Erfahrungen mit Plattenfirmen gemacht und deshalb beschlossen, alles allein zu machen?
Nein, das können wir nicht behaupten.
Ihr bietet das Album zum Download an, den Preis kann der Interessent selbst bestimmen. Könnt ihr schon Aussagen darüber treffen, was durchschnittlich gezahlt wird? Ich könnte mir vorstellen, dass viele Leute bestenfalls einen symbolischen, sehr niedrigen Preis zahlen. Oder ist das eine Fehleinschätzung?
Bisher hatten wir von ein paar Cent bis knapp unter dem normalen Verkaufspreis der CD alles dabei und mittlerweile hat sich der durchschnittliche Betrag, den die Leute für den Download zahlen, erstaunlicherweise nur knapp unter dem der CD eingependelt.
Eure Texte sind komplett auf deutsch, was in gewisser Hinsicht gefährlich ist, weil ihr eine Bildsprache benutzt, die für viele sicherlich romantisiert und gotisch-kitschig wirkt. Bei englischen Texten fällt das einem deutschen Muttersprachler weniger auf. Warum habt ihr euch trotzdem dafür entschieden, alles auf deutsch zu machen?
Da Deutsch unsere Muttersprache ist, ist es die natürlichste und somit auch einfachste Art, sich ehrlich und präzise auszudrücken. Ich kann, wenn ich einen Geistesblitz habe, direkt mit dem Schreiben loslegen, egal ob ich nun zu Hause, auf der Arbeit oder unterwegs bin. Gerade die Texte, die man an einem bestimmten Ort geschrieben hat, haben für mich sehr viel mehr Seele und erinnern immer an diesen bestimmten Ort, an welchem wiederum eine bestimmte Lebensphase hängen kann. Das Erlebte und die selben Emotionen in einer Fremdsprache zu vermitteln, wäre auf diese Art und Weise nicht möglich.
Auf der anderen Seite gibt es Leute (wie mich), die auf eben solche Texte stehen, weil sie berühren und in ihrer Emotionalität authentisch wirken. Wie autobiografisch sind eure Lyrics im Hinblick auf die Gefühle, die sie transportieren? Und stammen sie nur von einem Bandmitglied oder arbeitet ihr die gemeinsam aus?
Die Texte auf "Ferne Tage" stammen aus der Feder von nur einer Person und sind sehr persönlich geprägt. Sie sind nicht nur sentimental sondern auch zeitlich autobiografisch zu verstehen. Es geht um Gedanken, Erlebnisse und Wünsche aus der eigenen Vergangenheit über das Gegenwärtige bis in die Zukunft. Jahreszeitlich bewegen sich die Texte dabei von Herbst bis Frühling.
Ich habe für mich selbst einen Begriff geprägt, der sich "urbanes Gefühl" nennt. Der ist allerdings unbestimmt dahingehend, dass viele verschiedene Faktoren dieses "urbane Gefühl" auslösen können. Das kann ein Geruch sein, etwas, das ich sehe oder einfach nur eine gewisse Stimmung oder Atmosphäre. Oft ist es aber auch so, dass Musik dieses Gefühl auslöst. Eure Musik gehört dazu. Könnt ihr das nachvollziehen oder ist das sogar etwas, dass ihr selber in dieser oder ähnlicher Form kennt?
Das kann ich sehr gut nachvollziehen und es ist sehr schön zu hören, dass dieses Gefühl auch beim Hörer ankommt. Schwermut, Hektik, Einsamkeit aber auch endlos scheinende Weiten und schöne Momente, die man in einem urbanen Umfeld wahrnimmt, können für mich dieses Gefühl auslösen. Dies kann man auch musikalisch vermitteln bzw. aufnehmen, wenn man es fühlen kann.
Mit welchen jeweils fünf Begriffen würdet ihr eure Musik im Hinblick auf
a) die Texte
b) die Musik an sich (Stil, Merkmale etc.)
beschreiben?
Wir wollen dem Hörer oder Leser nichts vorweg nehmen und daher unsere Musik oder Texte nicht mit Begriffen bestücken oder in Schubladen stecken. Das ist uns sehr wichtig da jedes Merkmal, jeder Stil von jedem ein Stück weit anders definiert und interpretiert wird. Wir können jedem nur empfehlen einfach selbst reinzuhören (das Album steht in kompletter Länge im Netz) und sich dann ein Bild zu machen.
Wer hat das Cover zu "Ferne Tage" gezeichnet, wessen Ideen stecken dahinter und wofür stehen die schlafende junge Frau und vor allem der Wolf vor ihr?
Das Cover und auch das restliche Artwork zu "Ferne Tage" stammt aus der kreativen Hand einer jungen Künstlerin aus Berlin (Kontakt: fluedewi@gmail.com). Die Grundidee stammt von mir als Texter. Neben dem zeitbezogenen Konzept zieht sich ein bestimmtes Thema wie ein roter Faden durch die gesamten Texte: Einsamkeit und die Suche nach einem Menschen, der ähnlich fühlt und denkt wie man selbst, der einen vervollständigt. Die wachliegende Frau auf dem Cover stellt sozusagen diese Person, bzw. mein weibliches Ebenbild dar. Der schlafende Wolf am Bett, als Beschützer in der grauen Welt, soll verdeutlichen, dass alles ruht – außer sie.
Wie seid ihr auf die Idee mit dem Akkordeon in "Neuschnee" gekommen?
Das war einfach ein kleines Gimmick, das wir gerne in die Musik einbauen wollten. Es brauchte auch keine große Übung diese kurze Passage einzuspielen, bringt aber trotzdem einen frischen neuen Charakter hinein.
Habt ihr schon Ideen für ein zweites Album oder generell Vorstellungen davon, wie es mit ÄRA KRÂ weiter geht?
Wir werden uns jetzt erst einmal auf die Promotion von "Ferne Tage" konzentrieren, wobei zum Teil auch schon neue Songs geschrieben wurden. Da wir uns allerdings aber noch in einem Selbstfindungsprozess befinden, können wir noch nicht konkret sagen, in welche Richtung es genau geht.
Das war’s von meiner Seite aus, alles Gute für Euch und viel Erfolg für die Zukunft. Die letzten Worte gehören euch.
Vielen Dank für deine Zeit und dein Interesse an unserer Musik! Danke auch an alle, die uns mit einem Kauf oder Download der CD unterstützen!