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Interview mit Kobra And The Lotus (24.09.2012)

Kobra And The Lotus

Mit einem Förderer wie KISS-Schlabberzunge Gene Simmons im Rücken kann es für KOBRA AND THE LOTUS nur einen Weg geben: nach oben. Theoretisch jedenfalls. Das zweite Album der Band ist selbstbetitelt und stellt den offiziellen Startschuss für die kanadische Band um Frontfrau Kobra Paige dar. Kraftvollen US-Metal gibt es darauf zu hören, der vor allem von Kobras Stimme lebt, aber noch nicht für Begeisterungsstürme sorgt. Auf dem Weg nach oben gibt es noch einiges zu tun. Dessen ist sich auch die quirlige, sympathische Sängerin bewusst, die wir beim Wacken Open Air zum Interview trafen und die mitnichten nur zufällig Metalsängerin geworden ist, sondern das metallische Herz am rechten Fleck trägt.

Wie geht es dir und wie gefällt es dir hier in Wacken?

Mir geht es wunderbar. Ich bin so glücklich, hier zu sein, ich wollte schon immer nach Wacken kommen. Ich hätte nie gedacht, dass ich das erste Mal als Künstlerin hier sein würde, es ist wirklich großartig.

Ihr habt ja schon ein paar andere große Festivals in Europa gespielt. Wie war es und wie haben die Leute auf euch reagiert?

Es war einmalig. Egal auf welchem Festival in welchem Land man spielt, die Kultur ist die gleiche. Die Leute waren wirklich toll. Wir hatten viele Slots am Vormittag und ich wusste nicht, ob die Leute dann überhaupt schon aufgestanden sind, aber es war immer voll und die Fans waren immer am Headbangen und sind durchgedreht. Ich war sehr beeindruckt und es war eine einmalige Erfahrung.

Habt ihr denn bei diesen Shows auch etwas lernen können?

Ja, wir haben so viel gelernt. Wir haben insbesondere gelernt, was es braucht, um die Leute zu erreichen, wenn man so viel Platz hat. Das war eine große, neue Sache für uns, weil wir vorher nie auf solchen Bühnen gestanden haben. Wir haben auch gelernt, was man tun muss, wenn technische Schwierigkeiten auftreten und man keine Crew hat, sondern selber verantwortlich dafür ist, man muss dann herausfinden, wie man dafür sorgt, dass so etwas nicht mehr passiert. Wir haben wirklich viel gelernt.

Aber es hat Spaß gemacht?

Oh ja, es hat so viel Spaß gemacht.

Welches war denn bislang das beste Festival?

Oh Gott, ich kann da nicht wirklich ein bestes Festival herauspicken, weil sie alle auf ihre Art und Weise einmalig waren. Eines meiner liebsten, das sicher hervorsticht, war das erste, das Sonisphere in Spanien, einfach weil es unser erstes war. Das war das erste Mal, dass wir so viele Leute gesehen haben. Es war so heiß dort und wir konnten gar nicht glauben, dass die Leute da den ganzen Tag in der Sonne gestanden haben und immer noch da waren.

Ihr seid noch nicht so bekannt in Deutschland, spielt aber auf den größten Festivals wie Rock am Ring oder hier in Wacken. Es scheint ja ein großes Glück für euch zu sein, dass ihr Gene Simmons im Rücken habt.

Er ist so etwas wie ein Brunnen der Weisheit für uns, wir können so viel von ihm lernen. Er ist seit Jahrzehnten in der Industrie und die Beratung, die er uns bieten kann, ist so groß. Er hat uns unseren Agenten vorgestellt und das war ein wichtiger Faktor, um uns auf diese Festivals zu bringen. Es ist wirklich unglaublich, jemanden, der so ikonisch ist, im Team zu haben.

Wie habt ihr denn reagiert, als ihr gehört habt, dass sich Gene Simmons für eure Band interessiert?

Ich dachte erst, dass das ein kompletter Witz sein muss und dass sich da irgendein Arschloch einen Scherz mit uns erlaubt. Aber er hat uns dann tatsächlich angerufen und war selber am Telefon, als wir gerade in Großbritannien auf Tour waren. Wir waren völlig perplex und dachten nur "Heilige Scheiße, ist das wirklich real?"

Kobra And The LotusHabt ihr ihn denn auch persönlich getroffen?

Ja, das haben wir, sobald wir wieder zuhause waren. Es war auf dem Heavy Metal Montreal Festival auf dem KISS als Headliner gespielt haben. Das war das erste Mal, dass ich ihn getroffen habe. Er war da auch in voller Montur. Er kam nur auf mich zu und hat mich so am Hals gepackt (sie zeigt den Griff) und hat kein Wort gesagt, sondern einfach nur zugepackt und ich dachte nur "Holy fuck, yeah". Am nächsten Tag hatten wir dann ein Treffen mit ihm, da war er ganz normal im Businesslook angezogen, und haben uns seinen Vorschlag angehört.

Und, wie war es, mit einem so berühmten Musiker zu sprechen?

Ach, es war eigentlich ganz normal. Ich hatte ihn vorher schon in "Gene Simmons Family Jewels" gesehen und habe mich gefragt, ob er wohl in echt auch so ist. Und ja, er ist genauso wie in der Serie.

Warum hast du dich überhaupt 2008 dazu entschieden, eine Metalband ins Leben zu rufen?

Ich habe mich auch schon vor 2008 mit Metal beschäftigt und habe vorher auch schon probiert, Projekte zu starten, daraus ist aber nie wirklich etwas geworden, weil die entsprechenden Leute nicht engagiert genug waren. In 2008 habe ich dann letztendlich ein Line-up gefunden, das wirklich hinter der Sache stand und habe es dann KOBRA AND THE LOTUS genannt. Wir waren aber auch vorher schon hier und da in Projekte involviert.

Wo hast du die Jungs aus der Band denn gefunden?

Es hat eine Weile gedauert, bis ich die Leute, die jetzt in der Band sind, zusammen hatte. Unser Schlagzeuger Griffin Kissack ist ebenfalls ein Gründungsmitglied, er und ich sind also schon von Anfang an dabei, es ist unser Baby. Die anderen Jungs waren in anderen Bands und ich habe sie abgeworben. Als es mit der Band richtig losging, zeigte sich, dass ich ein paar Schwächlinge in der Band hatte und daran musste ich etwas ändern. Ich fand dann die anderen beiden Jungs Tim und Jasio, die in anderen Bands in Edmonton spielten, das ist zwei Stunden von Calgary entfernt. Peter stammt aus Nova Scotia und wir haben mal mit seiner ehemaligen Band zusammen gespielt. Er hat die Band verlassen und ich habe ihn sofort ins Boot geholt.

Die Band heißt KOBRA AND THE LOTUS. Warum sind die Jungs denn der Lotus?

(lacht) Nein, sie werden nicht wirklich der Lotus genannt. Wir albern damit nur herum, weil mein Name eben Kobra ist und sich jeder fragt, wer denn dann der Lotus ist. Das bin nicht ich, also sage ich, dass es die Jungs sind.

Also gibt es da spezielle Bedeutung hinter dem Bandnamen?

Der Name KOBRA AND THE LOTUS steht für wilde, leidenschaftliche Schönheit. Die Kobra ist zudem ein Zeichen für Schutz und Bewahrung, etwas Starkes, Wildes, das in vielen verschiedenen Kulturen anzutreffen ist. Der Lotus ist eine schöne Blume, die aus dem Matsch wächst. Und so sehe ich den Metal auch. Metal kann so hart sein, aber gleichzeitig auch so schön, mit den Gitarren und allem. Ich denke also, dass unser Bandname auch eine Metapher für den Metal ist.

Wann und wie bist du zum ersten Mal mit Metal in Berührung gekommen?

Das war als ich 15 war. Da war ich auf einem JUDAS PRIEST-Konzert in Calgary und das war einfach unglaublich.

Kobra And The LotusWie alt bist du jetzt, wenn ich fragen darf?

Ich bin 23.

Wie viel hat du denn in den letzten drei Jahren über das Singen und deine Stimme gelernt?

Oh, das war so viel. Als wir unser erstes Album aufnahmen, wusste ich noch nicht viel, weil wir auch noch nicht unterwegs waren. Ich denke, dass man auf Tour gewesen sein muss, um wirklich zu lernen, dort hab ich am meisten über mich selbst gelernt und dass ich mir selbst gegenüber ehrlich und authentisch sein muss. Am Anfang war ich das nicht. Am Ende der ersten der ersten Tour war kein Prozent mehr übrig. Ich musste einsehen, dass ich so singen muss, wie ich nun mal zum Singen geboren bin und nicht auf die Art und Weise, wie ich es versucht habe, weil mir das wehgetan hat. Außerdem ist es in gewisser Weise auch eine Blockade für die Band, wenn man nicht echt ist. Und als wir dann echt waren, kam die Sache auch ins Rollen. Das war also wirklich eine Lehre für uns. Das neue Album, das jetzt in Deutschland heraus gekommen ist, ist das erste echte Beispiel dafür, wie meine Stimme wirklich klingt.

Ist es denn mit all dem Zigarettenqualm und dem Alkohol auf Tour schwierig für dich, deine Stimme funktionierend zu halten?

Ja, das ist es, man muss da schon sehr vorsichtig sein. Es gibt Vorkehrungen, die man selber treffen kann, besonders wenn man singt und nicht schreit, wobei man bei allen Gesangsarten vorsichtig sein muss. Ich rede zum Beispiel nicht allzu viel, wenn wir auf Tour sind und wir versuchen zumindest immer, einen Tag Pause nach einem Auftritt einzulegen. Maximal spielen wir drei Auftritte hintereinander, danach muss ich eine Pause machen. Ansonsten sinkt die Qualität und das ist es nicht wert. Außerdem schwöre ich auf In-Ear-Monitor, weil ich dann nicht gegen die anderen Instrumente ansingen muss. Bevor ich In-Ears hatte, hatte ich am Ende einer Show keine Stimme mehr.

Hast du denn auch schon gesungen, bevor es mit KOBRA AND THE LOTUS anfing?

Ja, habe ich, ich hatte klassischen Gesangsunterricht für acht Jahre. Klassische Musik war also mein erster Einfluss.

Hast du Idole und Vorbilder, was den Gesang angeht, egal ob männlich oder weiblich?

Ja, ich mag einige Sänger großer Bands. Ich weiß nicht, ob Idol das richtige Wort dafür wäre, aber ich respektiere ihre Arbeit sehr. Ich bin ein großer Fan von Matt Barlow, Ronnie James Dio und Robert Plant. Ich schreibe ja auch selber viele Songs und bewundere Künstler wie Jeff Loomis, Marty Friedman und viele andere Gitarristen.

Eure Musik erinnert mich ein bisschen an ICED EARTH…

Oh, danke sehr.

… die ich auf einem ihrer letzten Gigs mit Matt Barlow in Deutschland gesehen habe, was sehr bewegend war. Er ist ein großartiger Sänger.

Ja, ich liebe seine Stimme.

Kobra And The LotusHast Du ein Lieblingsalbum oder Lieblingssongs von ICED EARTH?

Ja, mein Lieblingsalbum ist "Horror Show" und "Damien" ist mein Lieblingssong darauf.

Das ist wirklich der beste Song darauf. In Deutschland kam das Album übrigens gar nicht so gut an, die Leute hier bevorzugen "The Dark Saga" und "Something Wicked This Way Comes".

Ich liebe all diese Alben, aber "Horror Show" war das erste, was ich von ICED EARTH gehört habe und damit hat es bei mir angefangen.

Wo ziehst Du Deine musikalische Inspiration her?

Oh Mann… auf jeden Fall sind ICED EARTH ein Vorbild, aber wir wollen keine andere Band nachahmen, sondern unseren eigenen Sound machen. Wir haben ansonsten sehr viele Einflüsse, unser Drummer ist zum Beispiel stark von Daniel Erlandsson von ARCH ENEMY beeinflusst. Die Amott-Brüder sind aber auch großartig. Er hat einen Death-Metal-Hintergrund und mag auch so etwas wie DECAPITATED. Ich bin übrigens auch stark von Wagner beeinflusst. Außerdem liebe ich die Werke von DEVIN TOWNSEND. Die Musik, die ich selber viel höre, wechselt wöchentlich, zuletzt habe ich viel KATATONIA gehört, aber in die Richtung wird unsere Musik natürlich nicht gehen.

Kannst Du mir einen Überblick über die Inhalte eurer Texte geben?

Die Texte, die ich schreibe, handeln davon, die eigenen Dämonen zu bekämpfen und auch die Dämonen, die durch andere Menschen dazu kommen. Es gibt so viele Dinge in unseren Leben, so viele Entscheidungen, die wir treffen. Es geht darum, unschuldig in diesen Haufen Scheiße geboren zu werden und keine Wahl zu haben, wo man hineingeboren wird. Es gibt Songs über Sucht und den Versuch, aufzuwachen und Songs über den Kreislauf des Lebens…

Inwieweit unterscheidet sich eine Metalband mit einer Sängerin und Songschreiberin von einer Metalband mit einem Sänger und Songschreiber?

Das ist eine interessante Frage, auf die ich keine objektive Sicht haben kann. Ich denke, es kann Unterschiede geben. Ich vergleiche manchmal die Texte von anderen Bands mit meinen. So sind zum Beispiel Dave Mustaines Texte sehr politisch, meine dagegen gar nicht. Aber unabhängig vom Thema schaue ich auch, was Texte aggressiv macht, weil ich auch gerne so schreiben möchte, aber ich finde es nicht in mir, so zu schreiben, auch wenn ich es gerne möchte.

Was erhoffst Du Dir für die Zukunft Deiner Band oder was erwartest du?

Wacken headlinen! (lacht) Ich hoffe, dass es uns gelingt, die Fanbase auszubauen und auf ein solches Level zu kommen, dass ich für den Rest meines Lebens Musik machen kann. Ich würde gerne irgendwann von der Musik leben können, was jetzt noch nicht geht, im Moment ist es wirklich noch hart. Aber wir stehen ja erst am Anfang.

Letzte Frage: warum sollten mehr Frauen Heavy Metal machen?

Weil sie es lieben werden, weil sie merken werden, dass es ein Gefühl von Ermächtigung und Sexiness verleiht, was für Frauen, wie für Männer gilt. Es ist einfach ein unglaubliches Genre und ich glaube, dass ein bisschen Metal in jeder Frau steckt.

Andreas Schulz (Info)
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