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Interview mit Mangrove (26.11.2016)
Eine der letzten Rezensionen für die Abschiedsausgabe der Hammerheart Magazins schrieb ich über das dritte Album des schwedischen Power Rock Trios MANGROVE namens "Days Of The Wicked", das auf dem feinen Transubstans Label veröffentlicht wurde. Während sich die Kritik nahezu von alleine schrieb, weil die Leidenschaft nur so aus den Lautsprechern dröhnte, versuchte ich in der Folge eine kritischere Haltung einzunehmen – doch vergebens: Offenbar hatte ich mich in die unwiderstehlich eingängigen Songs der Marke "so sollte Rock-Musik klingen" verhört. Da ich naiv genug bin, um an die therapeutische Kraft solcher Klänge zu glauben, nahm ich mir vor, die Band mit dem seltsamen Namen zum Interview zu bitten, um mehr über sie zu erfahren. Schlagzeuger Fredrik Broqvist erbarmte sich meiner – also, auf geht‘s!
Hallihallo! Euer Album "Days Of The Wicked" wurde im Frühjahr veröffentlicht. Mittlerweile hat der Herbst Einzug gehalten und ich freue mich immer noch wie Bolle über die Musik. Wie ist es Euch in der Zwischenzeit ergangen und wie wurde das Album aufgenommen?
Wir hatten eine phantastische Release Party, nach der wir noch ein paar weitere Konzerte gespielt haben. Derweil tüfteln wir an neuem Material herum. Bis jetzt konnte "Days Of The Wicked" sowohl in Print-Magazinen als auch in Online-Fanzines allerhand tolle Rezis einheimsen.
In Eurer Band-Biographie heißt es, dass Euer Label Transubstans Euch gefunden hätte und Ihr aus "den Tiefen der skandinavischen Sümpfe entstiegen" wäret. Wo zur Hölle haben sie Euch also aufgegabelt und wie seid Ihr auf diesen Namen gekommen?
Wir stammen alle aus Stockholm bzw. der umliegenden Gegend. Vielleicht habe ich damals am dichtesten an den Sümpfen gelebt, denn ich wohnte draußen auf dem Land tief im Wald. Der Name hat sich irgendwie einfach so ergeben und wir dachten, dass er gut zu unserer Musik passt. Ursprünglich war Magnus darauf gestoßen. Für uns steht der Name MANGROVE für die das Leben an sich auf dieser Erde: Die Mangrove versorgt alle Lebewesen in ihrer Umgebung mit Sauerstoff und auf unsere Weise machen wir das auch.
Ich habe Eure Band erst dieses Jahr mit dem dritten Album entdeckt, denn Eure ersten beiden Platten sind wohl an mir vorbeigegangen, und seit dem zweiten Album sind einige Jahre vergangen. Ward Ihr einfach nur faul, habt Ihr progressiven Winterschlaf gehalten oder ließen eifersüchtige Freundinnen oder Frauen nicht mehr zu?
Wir können uns wohl auf die progressive Form des Winterschlafs in den Sümpfen einigen, doch ganz im Ernst hatten wir mit einigen anderen Projekten zu tun, und uns daher mit MANGROVE eine Auszeit gegönnt. Alldieweil haben wir das Material für unser drittes Album komponiert und immer mal wieder geprobt, bevor wir es aufnahmen. Es hat dieses Mal nur alles ein wenig länger gedauert als bei den ersten beiden Alben.
Während meine Rezension noch den spontanen Enthusiasmus zum Ausdruck brachte, kann ich heuer hinzufügen, dass mir das Album auch über einen längeren Zeitraum hinweg sehr gefällt, da es mit einer Menge Groove, arschtretenden wie entspannten Songs aufwartet und mit zeitloser Qualität begeistert. In den Liedern leuchtet wirklich Eure Liebe zur Musik auf. Wolltet Ihr eine solche Vielfalt und diesen emotionalen "Grip" von Anfang verwirklichen, oder hat sich das einfach so ergeben?
Das hat sich ganz natürlich so ergeben, denn wir gehen immer so vor, dass Magnus (Jernström – Gitarre) mit einer Idee für ein Riff oder ein Arrangement um die Ecke kommt, und wir von da aus zusammen weiter basteln. Jani (Kataja – Gesang & Bass) schreibt dann die Texte, ich bringe auch noch ein paar Arrangements mit, und so fließen alle Ideen zusammen und befeuern sich gegenseitig. Beim Proben jammen wir natürlich auch viel, und wenn wir dabei auf etwas stoßen, dass sich für einen Song passend anhört, dann probieren wir es aus. Dieses Mal erhielten einige der Songs erst im Studio ihren letzten Schliff.
Mir erscheint der Klang wirklich warm, so als ob die Musik auf dem Album leben und atmen würde. Zahlreiche Details kommen dadurch schön zur Geltung, vor allem die Gitarren-Arrangements. War es Euch wichtig, nach "alter Schule" zu klingen?
Ich nehme an, dass wir einfach so klingen, denn wir nehmen das nun mal so auf. Ohne Zweifel mögen wir es old school, denn wir spielen gerne auf unseren alten Instrumenten und über unser altes Zubehör, somit liegt der Klang in der Natur der Sache. Wir haben uns jedoch nie bemüht, wie ein bestimmte Band aus dieser oder jener Gegend oder Ära zu klingen.
Janis Stimme erinnert mich stark an Ozzy und Dan Fondelius, während die Melodielinie zu Beginn Eures Titelsongs wie ein Tribut an Ronnie James Dio wirkt. Auch schimmern Einflüsse von Deep Purple über Graveyard (r.i.p.) bis hin zu Lonely Kamel durch. Dennoch klingt Ihr nicht, als ob es Euch nur um Bewahrung ginge, sondern als wolltet Ihr im Schlamm der Rock-Geschichte einen eigenen Abdruck hinterlassen… könnt Ihr mir folgen?
Jani zielt nicht darauf ab, wie jemand anderes zu klingen, doch natürlich gibt es viele Einflüsse ganz unterschiedlicher Musiker. Für uns liegt der Schlüssel zum Ausdruck seiner Stimme in der Atmosphäre des jeweiligen Songs.
Worum handelt es sich bei den "Tagen der Verrückten" – geht es um unsere Zeit mit den zahlreichen Formen der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, dem wachsenden Extremismus und ähnlichem Scheiß, oder einfach nur um ein neues Ragnarök? Und sind die Vögel am Ende des Albums quasi Boten der Hoffnung?
"Days Of The Wicked" ist ein Spiegelbild unserer heutigen Zeit, aber auch ein hoffnungsvoller Hinweis auf die Zukunft. Die von dir erwähnten Vögel symbolisieren tatsächlich Hoffnung und einen möglichen Neuanfang. Auf dem Album finden sich Traurigkeit, Ärger, Frustration und Freude.
Ihr habt ein Photo vom Sandvik Festival veröffentlicht, und das sieht nicht nur wunderschön, sondern wie das natürliche Zuhause einer Band namens MANGROVE aus! Wie hat Euch die Nähe zum See auf der Bühne inspiriert? Welche Pläne hegt Ihr für weitere Konzerte und Touren? Und habt Ihr vom Freak Valley Festival gehört?
Der Konzertort in Sandvik war im Grunde wunderbar, doch auf der Bühne hatten wir uns Wespen und Moskitos zu erwehren, daher lief es nicht ganz so harmonisch ab, wie du dir ausmalen kannst. Ja, wir haben vom Freak Valley Festival gehört und würden dort gerne mal spielen.
Als Gründer eines winzigen Labels habe ich vielleicht das Recht, einerseits meinen Respekt für Transubstans zum Ausdruck zu bringen, denn das Label veröffentlicht wirklich keinen billigen Mist, aber andererseits erscheinen so viele Alben mit einem beinahe identischen Hintergrund, dass ich nicht hinterherkomme und gar nicht weiß, welche Alben nun wirklich herausragend sind. Wie nehmt Ihr das wahr und welche Wege liegen im Monkey Business noch vor Euch?
Wir sind zufrieden und dankbar, dass wir unsere Alben via Transubstans veröffentlichen können, die bereits zahlreichen Bands geholfen haben. Es wäre schön, wenn wir mit einer größeren Band auf Tour gehen könnten, um unsere Musik auch anderen Menschen nahezubringen. Im Moment suchen wir nach einem Manager oder einer Booking-Agentur, die uns auf Konzertreise schicken.
Dieser Tage höre ich mal wieder die "Best Of" von Hansson & Karlsson und fühle mich zu spät geboren, und dann das neue "Black Stabat Mater" Album vom Hedvig Mollestad Trio, um mich wieder okay zu fühlen. Welche nordische Rock-Musik könnt Ihr uns empfehlen?
Sowohl Hansson & Karlsson als auch das Hedvig Mollestad Trio sind enorm gute Beispiele für Musik von hoher Qualität. Es gibt einige richtig empfehlenswerte Kandidaten wie z.B. Jan Johansson, Life, Nature, November, Kebnekajse, Elonkorju, Culpeper’s Orchard, Leprous, Qoph, Atomic Swing, Abramis Brama, Blues Pills, Opeth, Anekdoten, My Brother The Wind, Spiritual Beggars, Hellsingland Underground, Asteroid, Amason, Witchcraft, Fläsket Brinner, Graveyard, Pugh Rogefeldt, Ola Magnell, Bob Hund, Weeping Willows, Soundtrack Of Our Lives, Hellacopters und Cornelis Vreeswijk, um nur einige zu nennen…
Uff… na, da habe ich noch viel zu entdecken! Danke, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, viel Glück mit MANGROVE und ich hoffe, wir sehen uns eines Tages – skål!
Ja, wir hoffen auch, dass wir uns mal sehen – alles Gute & skål!